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Im traditionsreichen ZF-Getriebewerk in Brandenburg wurden in der DDR Lkw-Getriebe produziert.

© dpa/Nestor Bachmann

Den Wandel schaffen: Netzwerkongress in Berlin berät über Transformation

Bei der Konferenz des Transformationsnetzwerks Berlin-Brandenburg in Tempelhof wird deutlich: Die Fahrzeugindustrie profitiert von der Digitalisierung.

Ein paar Jahre noch werden die Kupplungsgetriebe aus Brandenburg in Autos eingebaut, mit dem Ende des Verbrennungsmotors ist Schluss. Und dann? 1600 Mitarbeitende hat das Getriebewerk, wo zu DDR-Zeiten Lkw-Antriebe hergestellt wurden und das 1991 vom Ludwigshafener ZF-Konzern übernommen wurde. Derzeit läuft es rund, das Werk ist gut ausgelastet.

„Von 2026 an geht es abwärts“, sagt Robert Pastor, der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende. Deshalb hat man sich bei der ZF Getriebe Brandenburg GmbH vor gut einem Jahr auf den Weg in die Zukunft gemacht. Unter dem Motto „Viele Köpfe, viel Ideen“ entstand ein Prozess mit der Belegschaft, dem Arbeitgeber und externen Beratern, den Pastor am Mittwoch im Ullsteinhaus in Tempelhof erläuterte.

Das regionale Transformationsnetzwerk Berlin-Brandenburg (Retranetz) hatte die ehemalige Druckerei für eine Konferenz ausgewählt. Mit acht Millionen Euro fördert das Bundeswirtschaftsministerium die Kooperation von acht Institutionen, darunter Sozialpartner, Wissenschaftseinrichtungen und Wirtschaftsförderer aus Berlin und Brandenburg, um den Wandel in der Fahrzeug- und Zulieferindustrie zu flankieren. Bundesweit gibt es 27 Netzwerke.

Im Vergleich zu Süddeutschland oder Sachsen war Berlin-Brandenburg bis vor einigen Jahren ein Nischenstandort. Mit Tesla und der Digitalisierung verändert sich das. Derzeit gibt es 29.000 Arbeitsplätze in der Region bei Fahrzeugherstellern und weitere 21.000 bei Lieferanten und Dienstleistern. Und die großen Trends sprechen für Berlin-Brandenburg.

Chancen für die Region

Auf den „Chancenfeldern“ sei die Region gut positioniert, meinte jedenfalls Oliver Danninger bei der Vorstellung einer Studie der Beratungsfirma Accilium. Softwarebasierte Geschäftsmodelle, die Automatisierung und Vernetzung von Fahrzeugen sowie neue Fahrzeugarten seien die Wachstumstreiber. Und da Software im Auto ebenso wichtig werde wie die Hardware, habe die Region mit ihren Unis, Start-ups und Innovationslaboren gute Karten.

Die Branche ist im Umbruch. Der Wandel vom Verbrenner zum Elektroauto läuft, die Digitalisierung verändert Produktentwicklung, Produktion und Vertrieb, und die Firmen müssen sich mit Mobilitätskonzepten auseinandersetzen, die neue Kompetenzen erfordern. In den vergangenen 20 Jahren sind allein in Berlin 30 neue Mobilitätsanbieter auf den Markt gekommen, darunter Car-Sharing und Anbieter von Lastenrädern, wie der Zukunftsforscher und früherer Daimler-Mitarbeiter Stefan Carsten erläuterte.

Doppelt so viele Pakete

In diesem Jahr würden rund 4,5 Milliarden Pakete hierzulande zugestellt, 2030 seien es vermutlich doppelt so viele. „Dann werden in Europa rund zwei Millionen Lastenräder/Jahr verkauft, alle elektrisch, alle vernetzt“, glaubt Carsten, der großes Potenzial in der „NeoCity Berlin-Brandenburg“ sieht, die sich von Mitte über den Flughafen BER bis nach Grünheide erstreckt.

Die Transformation ist so mächtig, das schafft keiner allein.

Holger Perlewitz, ZF Getriebe Brandenburg

Das riesige ZF Werk – das Grundstück in Brandenburg umfasst 285.000 Quadratmeter – sucht einen eigenen Weg in die Zukunft. „Wir ziehen zur gleichen Zeit am gleichen Strang und haben ein gemeinsames Ziel“, beschrieb Arbeitgebervertreter Holger Perlewitz das Bemühen, den Standort mit neuen Produktideen zu retten. „Die Transformation ist so mächtig, das schafft keiner allein“, sagte Perlewitz.

Bis Ende des Jahres und nach vielen Workshops, in denen zwischenzeitlich 107 Zukunftsideen entworfen und diskutiert wurden, sollen drei Optionen übrigbleiben. Derzeit gibt es noch elf Vorschläge. Am Ende wird die Konzernführung in Ludwigshafen am Bodensee entscheiden, ob es einen Business Case gibt für die Fortführung des Werks.

Der Mutterkonzern hat die Ressourcen zur Verfügung gestellt für externe Berater und überhaupt den Prozess unterstützt. „Wir haben eine gemeinsame Verantwortung“, sagte Arbeitgebervertreter Perlewitz auf dem Netzwerkkongress im Ullsteinhaus.

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