
© Kevin P. Hoffmann
Katerstimmung lähmt die Wirtschaft: Berlin muss bei ICC, Tempelhof und Tegel endlich loslegen
Trump, Ampel-Aus und Haushaltsstreit belasten Berlins Gewerbetreibende und Industrie. Umso wichtiger wären Durchbrüche bei den größten Baustellen der Stadt.

Stand:
Drei Wochen sind vergangen seit der – aus deutscher Perspektive – irren Wahlentscheidung der US-Amerikaner: Der Ultra-Protektionist Donald Trump und seine America-First-Clique werden ab Januar regieren in den USA, dem wichtigsten ausländischen Absatzmarkt für Berlins Exportunternehmen.
Knapp drei Wochen sind vergangen seit dem Platzen der Ampel-Koalition im Bund. Egal, wie man politisch zu den beteiligten Parteien steht und wie sehr man sich einen Neustart herbeisehnt: Vorhaben und Gesetze, die auch den lokalen Berliner Unternehmen Planungssicherheit gegeben hätten, hängen nun in der Luft, kommen mutmaßlich nie.
Eine Woche ist vergangen, seit die Spitzen der Berliner CDU und SPD ihren Plan zur Einsparung von drei Milliarden Euro präsentiert haben – mehrere Monate später als möglich und nötig. Die dadurch ausgelöste Kündigungswelle zum Advent, nicht nur bei sozialen Trägern und Kulturschaffenden, trübt die Stimmung in ganz Berlin.
Die Ungewissheit vereitelt Investitionen
Diese Ungewissheit, ausgelöst durch Trump, Ampel-Chaos und noch unabsehbaren Folgen des Senatssparkurses, vereitelt bei Tausenden lokalen Unternehmen Investitionsentscheidungen. Nur ein Beispiel: Die Bettensteuer („City-Tax“) steigt? Entstehen so neue Jobs – im Tourismus oder irgendwo sonst?
Das noch im Frühjahr und Sommer von der landeseigenen Investitionsbank IBB vorhergesagte Ziel von glatt zwei Prozent Wirtschaftswachstum fürs Gesamtjahr 2024 wird nicht mehr zu erreichen sein. Berlin, fast ein Jahrzehnt lang Primus aller deutschen Länder, dürfe auch im Bundesvergleich abfallen.
Einfach abzuwarten wäre eine Bankrotterklärung, eine demokratiegefährdende Demonstration der Machtlosigkeit. Man muss Senatschef Kai Wegner, der zu Amtsantritt die Formulierung „ins Machen kommen“ prägte, beim Wort nehmen. Berlin kann es sich nicht leisten, dass er und seine Vorgängerin Franziska Giffey (SPD) nun mit ruhiger Hand walten. Im Verlauf der Sparzwang-Debatte wirkte es aber zunehmend so.
Die jüngste Reise von Wegner, Giffey und 60 Vertreter:innen der Wirtschaft in die USA war wichtig für die Kontaktpflege und mögliche neue Ansiedlungen in Berlin. Das Timing war gut, so kurz nach den US-Wahlen. Sie war ein Anfang, um Dynamik zu erzeugen. Ob sich die Tour in Euro und Dollar auszahlt, lässt sich seriös erst später beurteilen und ist am Ende nicht so entscheidend wie die Hausaufgaben, die zu Hause in Berlin warten.
Mit den Worten „Jetzt geht’s los!“ hatte Giffeys Verwaltung für Montag zum Rundgang durch das asbestverseuchte Kongresszentrum ICC geladen. Anlass: der Start eines „internationalen Konzeptverfahrens“. Was nach Aufbruch klingt, ist auch geschichtsvergessen: Schon Giffeys Vorgänger Stephan Schwarz (damals parteilos), Ramona Pop (Grüne) und Cornelia Yzer (CDU) hatten Ähnliches auf den Weg gebracht – und nichts davon ins Ziel.
Niemand hatte bisher den Mut, beim ICC Undenkbares zu denken. Man kann entweder viel Geld investieren oder nichts mehr und die einst getätigte Investition (in heutigen Preisen rund eine Milliarde Euro) abschreiben. Oder etwas dazwischen. Aber man darf nicht nichts tun.
16 Jahre Stillstand in Tempelhof
Auch für den einstigen Flughafen Tempelhof gibt es mehr als 16 Jahre nach Beendigung des Flugbetriebes Ideen Dritter, aber weiter eine Landespolitik, die abwiegelt, auf Zeit spielt. Selbstredend lassen sich Argumente finden gegen den Vorschlag der Macher vom Euref-Campus, die Messe Berlin nach Tempelhof umzusiedeln. Dann braucht man aber einen besseren Plan für diesen 1941 errichteten, aber nie ganz fertiggestellten Riesenbau.
Große Ideen müssen nicht teurer sein als kleine.
Kevin P. Hoffmann über den Stillstand an Berlins einstigen Flughäfen
Auch am Flughafen Tegel versteckt die Politik sich hinterm Denkmalschutz. Zwar blieb der geplante Umzug der Berliner Hochschule für Technik (BHT) in das Terminal 1 vom Haushaltssparplan verschont, aber ist dieser bald 15 Jahre alte Plan („Urban Tech Republic“) auch heute die beste Vision? Braucht es vielleicht einen anderen Ankermieter, der größere Ansiedelungen nach Tegel lockt?
Wir brauchen jetzt Durchbrüche für Tempelhof, Tegel und das ICC: Wenn es dem Senat endlich gelänge, die Verkrustungen bei diesen größten Baustellen zu lösen, ließe sich der Kater nach US-Wahl und Streichliste überwinden. Es gäbe wichtige Impulse, nicht nur für direkt am Bau beteiligte Firmen. Und: große Ideen müssen nicht teurer sein als kleine. Gar nicht zu denken, ist am teuersten.
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