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Mieter sollen in den Wohnungsunternehmen mehr Einfluss bekommen.

© G.Schleser

Mitbestimmung bei landeseigenen Vermietern: Mietergremien werden besser ausgestattet

Eine Mustersatzung soll die Arbeit der Mieterbeiräte vereinheitlichen und verbessern. Doch bei einer ersten öffentlichen Diskussion dazu offenbarten sich einige Verfahrens-Pannen.

Der Veranstaltungstitel hatte geradezu etwas Tragisches: „Aktive Mieter*innenvertretung in Berlin – Chancen der Mitgestaltung“. Es ging um die Mitbestimmung bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen, und um diese ist es anscheinend nicht besonders gut bestellt. Das zumindest legte der Großteil der Wortbeiträge der anwesenden Mieterbeiräte und Mieterräte nah, die die Dachorganisation der Landeseigenen, die Wohnraumversorgung Berlin, am Mittwochabend zu einer Jahreskonferenz eingeladen hatte.

Die Mieterräte werden von der gesamten Mieterschaft der sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen (Gewobag, Gesobau, Degewo, WBM, Stadt und Land und Howoge) gewählt. Sie entsenden Vertreter in deren Aufsichtsräte.

Die Mieterbeiräte vertreten die Interessen der Mieter einzelner Siedlungen eines landeseigenen Unternehmens und sind Ansprecherpartner für die Mieter vor Ort. In einer Novelle des Wohnraumversorgungsgesetzes wurde die Tätigkeit dieser Mieterbeiräte im Januar gesetzlich verankert, da sich ihre Arbeitsmöglichkeiten in den Unternehmen bislang erheblich unterschieden hatten.

Auch die rechtliche Ungleichbehandlung von Mieterräten und Mieterbeiräten sei aufgehoben worden, berichtete Bausenator Christian Gaebler (SPD) in seinem Grußwort zu Beginn der Konferenz. Jetzt gelte es, dieses Gesetz mit Leben zu füllen. Für dieses Ziel brauche es vor allem noch mehr Menschen, die sich als Mieterbeiräte und Mieterräte engagieren: „Dafür müssen wir dann auch die Chancen eines solchen Engagements hervorheben und den Eindruck vermitteln, dass es tatsächlich auch Einwirkungsmöglichkeiten gibt“, sagte Gaebler.

Ich möchte endlich den Entwurf der Mustersatzung sehen, dann kann man auch etwas dazu sagen.

Mieterrat der Degewo

In den Monaten seit der Novelle ist an einer Mustersatzung als Grundlage für die künftige Arbeit der Mieterbeiräte gearbeitet worden. Diese Arbeit fand über mehrere Monate in den Unternehmen statt, anschließend auch in einem Workshop im Oktober, an dem per Losverfahren ausgewählte Vertreter der Mieterbeiräte und Mieterräte teilnehmen konnten.

Dieses Verfahren wurde bei einer Diskussion im Rahmen der Konferenz heftig kritisiert: Das Losverfahren sei undemokratisch, sagte etwa ein Mieterrat der Howoge. Man habe in der Vergangenheit schon gute Erfahrungen damit gemacht, Personen aus den Beiräten und Räten zu delegieren, darauf würde man auch für eine künftige Überarbeitung der Satzung gerne wieder zurückkommen.

Ein Mieterrat der Degewo kritisierte, dass die Unternehmen mit ihrem hauptamtlichen Fachpersonal acht Monate Zeit gehabt hätten, an der Mustersatzung zu arbeiten, während die ehrenamtlichen Mietervertreter bei dem Workshop lediglich zwei Tage gehabt hätten, sich mit dem Entwurf zu beschäftigen. Die Mietervertreter hätten in dieser kurzen Zeit keine Möglichkeit gehabt, sich mit den eigenen Mietergremien rückzukoppeln. Das sei ein deutliches Ungleichgewicht.

Inhalt der Mustersatzung unbekannt

Jasmin Rudolph, die die Mietergremien bei der WBM koordiniert, räumte ein: „Ich kann Verständnis dafür aufbringen, dass Sie das Verfahren kritisieren, wie die Mustersatzung erarbeitet wurde.“ Aber die Inhalte der Satzung seien gut.

Da lag allerdings schon das nächste Problem: Den genauen Inhalt der Mustersatzung kannten auf der Konferenz nur die wenigsten. Denn sie war weder im Vorfeld herumgeschickt worden, noch lag sie als Handout den Tagungsunterlagen bei, was zu deutlichem Unmut und etlichen Zwischenrufen führte.

Am Tagungsort hing die Satzung zwar an einer Pinnwand im Eingangsbereich des Erdgeschosses aus. Darauf war aber niemand bei der Ankunft hingewiesen worden. Die Moderatorin wies erst darauf hin, als während der Diskussion die fehlende Information beklagt wurde.

„Wenn man keine Tischvorlage hat, dann redet man nicht darüber“, meinte ein Mieterrat der Degewo. „Ich möchte endlich mal den Entwurf der Mustersatzung sehen, dann kann man auch etwas dazu sagen.“ Senator Gaebler beendete die Beschwerden um die mangelnde Diskussionsgrundlage schließlich aus dem Publikum heraus: „Ich verstehe auch nicht, warum der Entwurf nicht im Vorfeld herumgeschickt wurde, und finde das unglücklich.“ Er schlage vor, dass der Entwurf nun doch, als Entwurf gekennzeichnet, im Anschluss an die Veranstaltung an die Mieterbeiräte und Mieterräte verschickt werde.

1000 Euro und Räumlichkeiten

Was im Verlauf der Diskussion immerhin deutlich wurde: Die Mustersatzung sieht vor, dass künftig jeder Mieterbeirat ein Jahresbudget von „bis zu“ 1000 Euro bekommt, das die Wohnungsunternehmen zur Verfügung stellen. Ebenfalls sollen die Unternehmen den Mieterbeiräten Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, allerdings auch nur „im Rahmen ihrer Möglichkeiten.“

Christian Teichert, der als Mieterbeirat der Degewo per Losverfahren in den Workshop zur Arbeit an der Mustersatzung entsandt worden war, betonte, wie wichtig Räumlichkeiten für die Mieterbeiräte seien: „Wir müssen unsere Unterlagen irgendwo sicher lagern können und einen Ort haben, an dem wir unsere Mietersprechstunden anbieten können.“

Weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten haben die Mieterbeiräte in ihren Kiezen aber auch durch die neue Mustersatzung nicht. Etwa 90 Prozent ihrer Tätigkeit bestehe darin, Beschwerden über Havarien entgegenzunehmen, wenn die betroffenen Mieter nach mehreren Tagen immer noch keine Hilfe über die Servicehotlines bekommen hätten, berichteten Mieterräte unterschiedlicher Wohnungsunternehmen.

Dabei hätten auch die Mieterbeiräte selbst häufig keine direkten Telefonnummern zu Ansprechpartnern in den Unternehmen. Auch Informationen über anstehende Bauarbeiten oder Reparaturarbeiten lägen ihnen oft nicht vor, um den Mietern darüber Auskunft geben zu können.

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