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Verwaltungsdirektor Guido Hermann und Wirtschaftssenatorin Giffey auf dem Dach des Friedrichstadtpalastes zwischen Trägern für die neue Solaranlage.

© dpa/Sebastian Gollnow

Wirtschaftssenatorin Giffey auf Sommertour: Hier arbeiten Berliner Firmen an der Energiewende

Franziska Giffey will Erkenntnisse über den Stand der klimaneutralen Transformation sammeln – auch mit Blick aufs milliardenschwere Sondervermögen. Die Senatorin tourte im E-Bus.

Die Sonne haben Sie mitgebracht, den Rest haben wir“, begrüßt der gut gelaunte Firmeninhaber Christian Wolff Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD). Das ist wörtlich zu nehmen: Mehr als 200 Kilowattstunden Strom haben die beiden werkseigenen Fotovoltaikanlagen seines Unternehmens, die Geyer Umformtechnik GmbH, an diesem Mittwochmorgen um halb zehn bereits produziert. Rund 420.000 Kilowattstunden sind es im Jahresdurchschnitt.

Geyer Umformtechnik in Marienfelde ist der größte Blechbearbeiter der Region. Produziert werden hier so viele Einzelteile – vom kleinen Ikea-Schrank-Scharnier bis zu großen Hüllen für Geldautomaten oder OP-Geräten –, dass nicht mal Wolff bei jedem Einzelteil weiß, was genau daraus am Ende wird.

Der Blechbearbeiter Geyer produziert seit 2017 klimaneutral

Automatische Anlagen schneiden, fräsen und lasern auf der 10.000 Quadratmeter großen Produktionsfläche Metall in verschiedene Formen. Nur an wenigen Stationen wird dafür noch die Muskelkraft der rund 100 Beschäftigten benötigt.

In Marienfelde traf Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey Unternehmenschef Christian Wolff. Rund 420.000 Kilowattstunden Strom produzieren die Fotovoltaikanlagen seiner Firma im Jahresdurchschnitt.

© picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow

Die Marktführerschaft Geyers ist nur ein Grund, warum das Unternehmen der erste Stopp auf der diesjährigen „Sommertour“ der Wirtschaftssenatorin ist. Giffey will Erkenntnisse über den Stand der klimaneutralen Transformation sammeln – vor allem auch mit Blick auf das mit reichlich Förderprogrammen zu füllende Klima-Sondervermögen, das 2024 starten und zunächst fünf Milliarden Euro umfassen soll.

Gleichzeitig will die Wirtschaftssenatorin offenbar zeigen, wie weit Berlin doch schon sei auf dem Weg der Transformation. Ein bisschen „mehr Optimismus“ wolle sie verbreiten, sagt Giffey.

Seit 2017 produziert Geyer klimaneutral. Den CO₂-Ausstoß konnte man in den vergangenen Jahren von jährlich 750 Tonnen CO₂ auf 200 reduzieren. Diese werden mit CO₂-Zertifikaten ausgeglichen. Bis 2030 soll die Firma aus eigener Kraft klimaneutral sein. Helfen soll dabei auch eine dritte PV-Anlage.

Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) fuhr auf ihrer Sommertour drei ausgewählte Unternehmen im E-Bus ab.

© picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow

Es ist der einzige Moment an diesem Vormittag, bei dem Wolff ein wenig missmutig wird. „Grausam“ sei die Antragstellung bei dem Solar-Förderprogramm. Sechs Versuche habe er gebraucht für das Online-Formular, weil dieses immer wieder unerklärliche Fehlermeldungen ausgespuckt habe. Eine Kritik, mit der Giffey gut leben konnte. „Das schauen wir uns an“, versprach sie.

Besuch bei Berlins größtem Maschinenbauer

Die CO₂-Einsparung im Produktionsprozess konnten sich auch beim zweiten Stopp der Wirtschaftssenatorin sehen lassen. 60 Prozent hat der größte Maschinenbauer Berlins, Jonas & Redmann, seit 2018 eingespart.

Entscheidend für die Energiewende ist aber das, was das Unternehmen produziert: hoch spezialisierte Anlagen für die Medizintechnik, die Mobilitätsindustrie und vor allem für die Energiespeicher- und Fotovoltaikproduktion. Letztere machten 80 Prozent des Geschäfts aus, erklärte Gründer und Geschäftsführer Lutz Redmann.

Die wechselvolle Geschichte des Unternehmens zeigt: Die energetische Transformation ist auch in Berlin stark abhängig von der Weltwirtschaft. Jonas & Redmann hat früh von dem ersten Solarboom Anfang der 2000er-Jahre profitiert, genauso wie es an dem großen Einbruch der europäischen PV-Produktion ab 2012 fast zugrunde ging.

Aktuell beschäftigen das Unternehmen vor allem die immensen Klima-Subventionen in den USA. „Wir folgen unseren Kunden“, sagt Redmann – und die wanderten derzeit reihenweise in die USA ab. Was das für die Verfügbarkeit von Solaranlagen in Europa mittelfristig bedeutet, kann auch der Unternehmer nicht seriös vorhersagen. Ganz ausschließen, dass es zu Problemen in Europa kommt, kann er jedoch nicht.

Eine Wärmepumpe für den Friedrichstadt-Palast

Für eine Berliner Wirtschaftssenatorin eine Entwicklung, der sie mit ihren Mitteln nur wenig entgegenzusetzen hat. Giffey versprach, was sie versprechen konnte: die regionale Nachfrage weiter anzukurbeln. „Das Thema wird auch im Klima-Sondervermögen eine Rolle spielen“, sagte Giffey.

Der dritte und letzte Stopp führte Giffey schließlich an einen auf den ersten Blick überraschenden Ort für die Energiewende: den Friedrichstadt-Palast. Hier hat das Unternehmen Kieback&Peter in den vergangenen Jahren die Gebäudetechnik modernisiert und digitalisiert.

Auf dem Dach des Gebäudes zeigte Friedrichstadt-Palast-Verwaltungsdirektor Guido Herrmann zudem, wo in den kommenden Monaten die Wärmepumpe und wo die Solaranlagen installiert werden sollen. „Der Gebäudebestand ist in Europa für 35 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich“, erklärte Kieback&Peter-Chef Christoph Ritzkat. Wenn eine Stadt klimaneutral werden will, müsse sie dort ran.

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