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Welche Strafen für Schwarzfahrer sind gerecht? Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus und die Verkehrsbetriebe sind da unterschiedlicher Meinung.

© dpa

Diskussion zur Höhe von Strafen: Berlins Schwarzfahrer sollen nicht mehr in Haft

Ertappte Schwarzfahrer in Berliner Bahnen und Bussen sollen in Zukunft glimpflicher als bisher davonkommen. Die Opposition setzt sich für eine Änderung des Gesetzes ein. Die BVG will die Strafzahlungen lieber erhöhen.

Schwarzfahren soll nicht mehr als Straftat eingestuft werden, sondern lediglich als Ordnungswidrigkeit, wenn es nach dem Will der Grünen im Abgeordnetenhaus geht. Unterstützt wird der Antrag von der Linken und den Piraten. Notorische Schwarzfahrer müssten dann nicht mehr ins Gefängnis, wo sie jetzt noch zahlreich die Zellen füllen. Im ersten Anlauf scheiterten die Grünen aber am Mittwoch im Verkehrsausschuss. Die Koalition lehnte den Antrag ab.

Schwarzfahrer sollten wie Falschparker behandelt werden, begründen die Grünen ihren Vorstoß. Zu verwirklichen ist die Idee nur durch eine Änderung des Strafgesetzbuches, das für die „Beförderungserschleichung“ eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vorsieht.

Schwarzfahren gewissermaßen „attraktiver“ zu machen, ist für Lars Wagner, den Sprecher des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), der falsche Weg. Das Fahren ohne Ticket werde immer mehr als Kavaliersdelikt gesehen. Im Internet werde sogar zunehmend vor Kontrollen gewarnt. Deshalb sei es wichtig, deutlich zu zeigen, dass die „Beförderungserschleichung“ eine Straftat ist und bleibt. Sonst würden auch die Kontrollen erschwert. Wird das Schwarzfahrern als Ordnungswidrigkeit behandelt, dürfe ein Kontrolleur den Ertappten nicht mehr festhalten, um dessen Daten aufzunehmen. Ähnlich sieht es auch BVG-Chefin Sigrid Evelyn Nikutta. Schwarzfahren führe zu Einnahmeausfällen in Millionenhöhe, zulasten der ehrlichen Fahrgäste.

Die Grünen dagegen argumentieren, eine wegen Schwarzfahrens verhängte Haftzeit habe häufig „keinerlei verhaltensändernde Wirkung“, verursache aber erhebliche Kosten. Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) beziffert sie für Berlin mit durchschnittlich 134,75 Euro pro Hafttag.

Vom Unrechtsgehalt her ist das Schwarzfahren nach Ansicht der Grünen mit dem Falschparken vergleichbar. Zugeparkte Überwege oder Kreuzungen gefährdeten Fußgänger und Radfahrer zum Teil erheblich; trotzdem sei das widerrechtliche Abstellen des Fahrzeugs auch dann nur eine Ordnungswidrigkeit.

Bereits in der Vergangenheit hatten sich die Grünen dafür eingesetzt, Schwarzfahrer und Falschparker gleich zu behandeln – beim Geld. Wie das Fahren ohne Fahrschein sollte das Falschparken mindestens 40 Euro kosten, fordert der EU-Abgeordnete der Grünen, Michael Cramer. Wer derzeit kein Parkticket zieht, kommt mit fünf Euro davon, teurer wird es erst, wenn die Kontrolleure nach einer Stunde erneut kommen und weiter kein Parkticket im Auto liegt.

Die Schere kann hier sogar noch weiter auseinandergehen. Der VDV will, dass das „erhöhte Beförderungsentgelt“ für ertappte Schwarzfahrer auf 60 Euro erhöht wird; Wiederholungstäter sollen sogar 120 Euro berappen. Im europäischen Vergleich müssten ertappte Sünder in Deutschland mit am wenigsten bezahlen, sagte Wagner. In Brüssel seien dagegen bis zu 200 Euro fällig. Auch Barcelona verlangt 100 Euro, obwohl ein Ticket dort – das eine Stunde und 15 Minuten in der U-Bahn gilt – bereits für 95 Cent zu haben ist.

Während die BVG, die über eine steigende Zahl von Schwarzfahrern klagt, auch hier den VDV-Kurs unterstützt und die Strafzahlung erhöhen will, signalisierten bereits beim ersten VDV-Vorstoß Anfang des Jahres zumindest die SPD, die Grünen und die Piraten, dass sie dagegen sind. Inzwischen gebe es aber Gespräche unter den Bundesländern mit dem Ziel, den VDV-Vorschlag umzusetzen, sagte Wagner. Zum letzten Mal war das „erhöhte Beförderungsentgelt“ im Oktober 2002 von damals 30 Euro auf 40 Euro gestiegen.

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