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Obdachlose Menschen liegen unter einer Brücke am Bahnhof Zoo.

© Paul Zinken / dpa

Obdachlosigkeit an Berliner Bahnhöfen: „Räumt man ein Camp, bildet sich morgen ein neues“

Die Verkehrsverwaltung sieht „Brennpunkte“ der Obdachlosigkeit in Pankow. Die Behörden tun sich schwer, die CDU fordert mehr Sicherheit für Fahrgäste.

Von Christian Hönicke

Obdachlose Menschen an Bahnhöfen – ein traurigerweise inzwischen alltägliches Bild in Berlin. Auch im einwohnerstärksten Bezirk Pankow. Regelmäßige Camps sind speziell an den U-Bahnhöfen Eberswalder Straße und Schönhauser Allee unter der Hochbahn sowie am S- und U-Bahnhof Pankow zu beobachten.

Der CDU-Abgeordnete Stephan Lenz wollte nun wissen, wie sich Land und Bezirk dazu verhalten. Er fragte die zuständige Senatsverkehrsverwaltung, wie sie "die Anzahl von wohnungslosen Menschen beziehungsweise Menschen aus der Trinkerszene an den Pankower Bahnhöfen" beurteilt.

"An den Pankower Bahnhöfen nehmen die Probleme im Zusammenhang mit Menschen ohne festen Wohnsitz zu", erklärt Lenz dem Tagesspiegel. "Aktuell insbesondere dem S- und U-Bahnhof Pankow, an der Bornholmer Straße und immer wieder am U-Bahnhof Eberswalder Straße."

Es gebe verstärkt Verschmutzungen und Sachbeschädigungen. "Auch haben viele Pendler zu Recht ein ungutes Gefühl beim Umsteigen, wenn sie auf ihrem Weg an Schlafstätten und zur Toilette umfunktionierten Radstellplätzen vorbei müssen."

[Dieser Text stammt aus dem Pankow-Newsletter vom Tagesspiegel. Den kompletten Pankow-Newsletter gibt es kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]

Es gebe in der Tat „Brennpunkte rund um die S- und U-Bahnhöfe (Pankow, Schönhauser Allee, Greifswalder Straße, Eberswalder Straße, Landsberger Allee, Buch usw.)“, räumte die Verkehrsverwaltung in ihrer Antwort ein. Diese würden regelmäßig“ durch einen vom Bezirksamt beauftragten Träger im Rahmen der „sogenannte aufsuchenden Straßensozialarbeit" in Augenschein genommen.

Verkehrsverwaltung beklagt steigende "Vermüllung"

In Pankow ist dafür die „Horizonte-für Familien-gGmbH“ zuständig. Nach deren Einschätzung „konnten in den letzten zwei Jahren keine signifikanten Anstiege von Obdachlosenfällen an den Pankower Bahnhöfen verzeichnet werden“, so die Verkehrsverwaltung. „Generell ist an besagten Bahnhöfen jedoch eine anhaltende Vermüllung festzustellen.“

Eine besondere Herausforderung bestehe dabei darin, „dass viele der obdachlosen Menschen aus europäischen Nachbarländern kommen“ und keinen Anspruch auf Sozialleistungen in Deutschland hätten. „Hier werden individuelle und alternative Programme - zum Beispiel auch eine Rückkehr ins Heimatland - erörtert.“

Ziemlich unzufrieden mit dieser Antwort zeigt sich Lenz. Zwar betone Rot-Rot-Grün sowohl im Bezirk als auch auf Landesebene immer wieder, wie wichtig das Thema Obdachlosigkeit sei. "Erreicht wird auf diesem Feld aber offenbar nur wenig", kritisiert Lenz. Man müsse dem Problem entgegentreten.

CDU-Politiker Lenz will mehr Polizei einsetzen

Der CDU-Politiker fordert ein zweigleisiges Vorgehen: Einerseits sei die "aufsuchende Sozialarbeit" notwendig, mit dem Ziel, den Obdachlosen zurück in feste Strukturen zu helfen. "Andererseits braucht es eine vernetzte Zusammenarbeit von DB Sicherheit, BVG Sicherheit, dem Ordnungsamt und wo nötig der Berliner Polizei, um die Sicherheit der Nutzer der Pankower Bahnhöfe und der dortigen Vorplätze zu gewährleisten", sagt Lenz. Dies müsse "nicht nur während der Hauptverkehrszeit, sondern auch in Randzeiten gelten".

Im Pankower Ordnungsamt kennt man die Problematik. Zwar habe man auf die Flächen von Bahn und BVG prinzipiell keinen Zugriff, sagt Ordnungsstadtrat Daniel Krüger (AfD). "Das Ordnungsamt kann nicht auf Privatflächen eingreifen, aber wir stimmen uns ab." In Bahnhofsbereichen, insbesondere am Bahnhof Pankow, koordiniere man Maßnahmen mit Bahn und BVG, "wenn sich größere Lager bilden".

So räume man etwa die Matratzenlager unter der Hochbahn an der Schönhauser Allee "regelmäßig", sagt Krüger. Allerdings mit wenig nachhaltigem Erfolg: "Räumt man ein Camp, bildet sich morgen ein neues." Dennoch sollten gerade in den Eingangsbereichen der Bahnhöfe "keine größeren Behinderungen für Fahrgäste aufkommen", so Krüger. "Wir sind schon versucht, das frühzeitig abzubrechen, sonst wird das immer mehr."

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