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Duell auf Augenhöhe. Am 1. März treffen im Spitzenspiel der Berlin-Liga die Westberliner Traditionsvereine Hertha 03 Zehlendorf und Tennis Borussia aufeinander. Dieses Bild stammt aus dem Jahr 1968

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Hertha 03 Zehlendorf gegen Tennis Borussia: Der Westberlin-Klassiker lebt!

Beides sind Berliner Traditionsklubs, die einen haben in der Bundesliga gespielt, die anderen sind bis heute für ihre Jugendarbeit landesweit bekannt. Am 1. März treffen in Zehlendorf Hertha 03 und Tennis Borussia im Spitzenspiel der Berlin-Liga aufeinander. Ein alter Klassiker.

Jörg Zimmermann ist ein alter Zehlendorfer, Abitur an der Droste-Hülshoff-Schule, und bis heute dem Stadtteil verbunden, in dem er auch wohnt. Aber sein Herz, und nun lacht der 58-Jährige am Telefon, schlage jetzt nun einmal lila-weiß. Das wiederum ist zwar nicht schön für den Zehlendorfer Traditionsklub Hertha 03, aber aus Zimmermanns Sicht auch gerade mal nicht zu ändern. So sei es nun einmal gekommen, denn der eigene Sohn landete irgendwann am Eichkamp und er im Vorstand, und deshalb wird Zimmermann, der mittlerweile zweiter Vorsitzender bei Tennis Borussia ist, an diesem Samstag (1. März) auch den lila "Veilchen" die Daumen drücken. Sein Heimatort Zehlendorf müsse leider verlieren.

Tatsächlich wird dieser Samstag für Fußball-Fans und Kenner der alten Westberliner Fußballszene ein ganz besonderer Tag. Sehr lange nämlich ist es her, dass ein Spiel zwischen den beiden Traditionsklubs eine einigermaßen sportlich relevante Bedeutung hatte. Um 14 Uhr treffen im Ernst-Reuter-Stadion am Siebenendenweg nämlich der Tabellenführer der Berlin-Liga und der Tabellenzweite aufeinander. Aber das allein macht das Duell nicht brisant, sondern die Tatsache, dass beide Klubs seit einigen Jahren versuchen, wieder in höhere Ligen aufzusteigen. Zudem sind beide Klubs südwestberliner Urgesteine der Fußball-Szene - und Nachbarn.

TeBe schreibt im lila Kanal

Sehr viele Jahre hatten sich die Wege beider Südwest-Teams getrennt, TeBe spielte in der Bundesliga oder in der zweiten Liga, Hertha 03 Zehlendorf hat diesen Sprung nie geschafft, trotzdem ist der Klub bundesweit durch seine Jugendausbildung bekannt geworden. Aber mittlerweile, nach dem schmerzhaften Absturz und dem wirtschaftlichen Desaster mit Insolvenz von TeBe und der Neufindung sind beide Klubs wieder auf Augenhöhe.

In den 60er Jahren spielten die beiden Klubs auch schon mal vor über 6000 Zuschauern, vor 20 Jahren wiederum, im September 1994, als Hertha 03 TeBe 3:2 besiegte, kamen auch noch rund 1500 Menschen in der damaligen Regionalliga Nordost. Aber das ist alles lange her. Heute, in der Berlin-Liga, sind die Zuschauerzahlen auf wenige Hundert gesunken, im Hinspiel, das 1:1 endete, kamen rund 450 Fans. Am Samstag wird das wohl endlich wieder anders sein, hoffen alle, weil auch die Fans von TeBe, wie sie selbst in ihrem "Lila Kanal" schreiben, einem Fan-Forum, ein "Auswärtsheimspiel" haben.

Dieses Bild stammt aus dem Jahr 1970
Dieses Bild stammt aus dem Jahr 1970 und zeigt Michael Krampitz von Hertha 03 und den TeBe-Torhüter Lange.

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In Zehlendorf sind sie bescheiden und träumen von 600 Zuschauern, das wäre schon mal was, das wäre aus 03-Sicht sogar richtig viel. Und der Teammanager der ersten Männermannschaft weist daraufhin, dass die meisten der noch sehr jungen Zehlendorfer Spieler noch nie vor einer großen Kulisse gespielt haben. Bijan Niroomand sagt: "Wir wollen vor allem konzentriert arbeiten, professionell und harmonisch, um auch am Ende an der Spitze zu stehen. Wir würden uns über viele Fans aus den eigenen Reihen sehr freuen, weil es doch etwas Besonderes für unsere Jungs wäre - vor allem eine schöne Geste und eine tolle Motivation."

Jeden Dienstag Skat mit Otto Höhne

Die Konkurrenz zwischen beiden Klubs ist zwar nach wie vor groß, vor allem im Jugendbereich, wo schon mal der eine oder andere Spieler den jeweiligen Klub wechselt und zum anderen geht, trotzdem betont Jörg Zimmermann das "freundschaftliche Verhältnis". Zimmermann spielt mit dem legendären Ehrenvorsitzenden der Zehlendorfer, Otto Höhne, noch jeden Dienstag Skat, und mit dem aktuellen Trainer der ersten Männer von TeBe, Markus Schatte, hat er nicht nur in Zehlendorf Abitur gemacht, sondern spielte mit ihm noch bis in die damalige Jungliga bei Hertha 03.

Auch auf Zehlendorfer Seite gibt es einige Mitglieder, die wiederum eine einschlägige "lila" Vergangenheit haben. Der Geschäftsführer von Hertha 03, Michael-Stüwe-Zimmer, genannt "Zippo", ebenfalls 58 Jahre alt, spielte sogar in der Bundesliga für TeBe. Auch er betont, dass man ein nachbarschaftliches, gutes Verhältnis stets anstrebe. Er lacht, und sagt, "aber wenn wir am Samstag gewinnen sollten, dann kann sich Jörg Zimmermann gerne überlegen, ob er nicht bei uns eine Funktion übernehmen will". Natürlich ein Scherz.

Frotzeln gehört zum Fußball-Geschäft, und es überdeckt ein wenig, dass dieses Spiel für beide Teams schon sehr wichtig ist. Mit einem Sieg könnte Zehlendorf den Vorsprung vor TeBe auf neun Punkte ausbauen, das wäre, obwohl die Saison noch sehr lang ist, zumindest eine kleine Vorentscheidung. Vielleicht...

Stüwe-Zimmer sagt: Wir freuen uns jedenfalls riesig auf dieses Spiel. Es ist seit ewigen Zeiten wieder ein echtes Spitzenspiel zwischen diesen beiden Teams. Und wir bitten die Berliner Fußball-Fans um Unterstützung, damit dieses Spiel einen würdigen Rahmen bekommt." Die TeBe-Fans wollen sich nicht lumpen lassen und haben ihr Kommen schon zahlreich angekündigt. Mr. Bungle, ein TeBe-Mitglied, schreibt im "lila Kanal" vorsorglich: "Am Freitag einfach nicht ganz so heftig feiern, sondern lieber in Zehlendorf dafür sorgen, dass es Samstag umso mehr Anlass dazu gibt!"

Hertha 03 wurde übrigens am 10. März 1903 von rund dreißig fußballbegeisterten Zehlendorfern zunächst als Tor- und Fußballclub Germania 03 Zehlendorf gegründet, Tennis Borussia wurde am 9. April 1902 zunächst als Berliner Tennis- und Ping-Pong-Verein gegründet, aber 1903 entdeckte man bereits den Fußball. Nach einem erfolgreichen Insolvenzverfahren ab 2010 wurde 2012 beschlossen, die Tradition fortzusetzen. Die Jugendabteilung ist zurzeit noch ausgegliedert. Es werden aber Gespräche geführt, den Verein wieder komplett zusammenzuführen.

Der Autor ist Redakteur für besondere Aufgaben im Tagesspiegel, er hat den Zehlendorf Blog konzipiert und ist ehrenamtlich bei Hertha 03 engagiert. Als Kind hat ihn der Vater zu Bundesligaspielen von TeBe ins Olympiastadion mitgenommen. Sein erster Fußball-Held war Benny Wendt.

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