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© Jasmin Rietdorf

Bildungsproteste: Schüler bereuen Randale

Nach den Ausschreitungen an der Uni bei der eine Ausstellung zur Nazi-Zeit zerstört wurde, ermittelt die Polizei wegen angeblich antisemitischer Parolen. Der Zentralrat der Juden warnt derweil vor einem übereilten Vorwurf.

Die Trümmer in der Humboldt-Universität (HU) sind beseitigt, nun versuchen Berlins Schüler ihr Bild in der Öffentlichkeit zu reparieren. Das Bündnis „Bildungsblockaden einreißen!“ entschuldigte sich am Freitag in einem offenen Brief an die HU für die Randale vom Mittwoch und die weitgehende Beschädigung einer Ausstellung über das Schicksal jüdischer Unternehmer im Nationalsozialismus. Versöhnliche Signale sendete auch der Zentralrat der Juden in Deutschland. „Mit dem antisemitischen Motiv sollte man sehr vorsichtig sein“, sagte Generalsekretär Stephan Kramer am Freitag. „Wir dürfen da nichts hineininterpretieren, was wir nicht sicher wissen.“

Am Donnerstag hatte Lala Süsskind, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, die Verwüstung der Schau als „Beleidigung“ für die Jüdische Gemeinde bezeichnet. Sie forderte harte Strafen, weil sie Hinweise auf antisemitische Äußerungen während der Randale bekommen hatte. Ihr Büro bestätigte, dass Süsskind diese Information direkt von der HU erhalten habe. Nach Aussage von HU-Präsident Christoph Markschies hatten HU-Mitarbeiter offenbar beobachtet, dass eine kleine Gruppe linker Aktivisten antiisraelische Parolen grölte und bewusst Schautafeln demolierte. „Da haben sich wie so oft einige Anarchisten in die Menge gemischt“, so Markschies. „Die wussten genau, was sie taten.“ Der HU-Präsident betonte, dass es sich bei dieser Gruppe nicht um Schüler handelte: „Die waren eindeutig älter.“

Tausende Jugendliche waren am Mittwoch für bessere Bildung auf die Straße gegangen. Rund tausend von ihnen stürmten in die HU und wüteten dort. Dabei ging auch die Ausstellung zu Bruch. Mittlerweile geht das Landeskriminalamt den Hinweisen auf antisemitische Motive nach. Man werte Zeugenaussagen und Videoaufzeichnungen aus und ermittle gegen mehrere Täter, sagte ein Polizeisprecher am Freitag. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sagte am Donnerstagabend, die Polizei habe die Vorkommnisse zunächst kaum beurteilen können. Als die Randale begonnen habe, seien noch keine Beamten in der Uni gewesen.

Am Donnerstagabend versuchten auch die Veranstalter der Demo herauszufinden, ob die Ausschreitungen einen antisemitischen Hintergrund hatten. „Wir waren ungefähr 50 Leute – keiner von uns hat antisemitische Äußerungen gehört oder auf anderem Wege mitbekommen“, sagte Lee Hielscher von der Landesschülervertretung (LSV). Das Bündnis habe sich auch klar von jeglicher Gewalt distanziert. Stellvertretend für die Berliner Schüler wolle er dennoch der Forderung der Jüdischen Gemeinde nach einer Entschuldigung nachkommen, sagte Hielscher dem Tagesspiegel. Er habe das bereits am Freitagmorgen telefonisch versucht, aber Süsskind nicht erreicht. Die Initiative halte Toleranz „für einen der wichtigsten Werte menschlichen Zusammenlebens“, heißt es im offenen Brief an die HU.

Die Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten verurteilte am Freitag die Ausschreitungen an der HU und bot Hilfe an. Das Schülerbündnis erklärte sich bereit, beim Wiederaufbau der Ausstellung zu helfen. Das ist wohl nicht mehr nötig. Die HU werde die Ausstellung am Montag um 20 Uhr gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde wiedereröffnen, sagte Markschies. Willkommen seien Spenden, um den Sachschaden von 35 000 Euro wiedergutzumachen.

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