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Die Artistikschüler der Staatlichen Eliteschule haben eine große eigene Halle zur Verfügung.

© Kai-Uwe Heinrich

Exklusiv

Bis zu 16.000 Euro Personalkosten pro Schüler: Wie viel das Land Berlin für seine Eliteausbildung ausgibt

Ein Platz an der Ballettschule verursacht fast dreimal so hohe Personalausgaben wie eine normale Schule. Sport-Eliteschulen sind etwa zwei Drittel teurer.

Berlin lässt sich seine Eliteschulen viel kosten: Ein Platz an der Staatlichen Ballettschule und Schule für Artistik (SBB/SfA) verursacht nahezu dreimal so hohe Personalausgaben wie eine normale allgemeinbildende Schule. Die Eliteschulen des Sports sind etwa zwei Drittel teurer – wobei die übrigen Ausgaben noch gar nicht berücksichtigt sind. Diese Angaben teilte die Senatsverwaltung für Bildung dem Tagesspiegel auf Anfrage mit.

Demnach liegen die Personalkosten für Lehrkräfte pro Schüler an der SBB/SfA bei rund 16.000 Euro, hingegen an einer allgemeinbildenden Schule im Schnitt bei 5500 Euro. Einen Gesamtwert für alle Eliteschulen des Sports lieferte die Bildungsverwaltung nicht. Aber es gibt eine Angabe zum Schul- und Sportleistungszentrum in Hohenschönhausen, für das die Personalkosten mit etwa 9200 Euro pro Schüler im Jahr angegeben werden.

Dass die Kosten für die Ballettschule erheblich über denen des Sportleistungszentrum liegen, hat mehrere Gründe. So sieht schon die gesetzliche Einrichtungsverfügung viel kleinere Klassen vor. Zudem gibt es wesentlich mehr Stellen – etwa für Repetitoren und Pianisten. In den Sport-Eliteschulen wird ein Teil des Trainings über Sportvereine finanziert.

Zu den Personalkosten kommen allerdings noch weitere Kosten, die kaum ermittelbar sind: Sie sind über zahlreiche Haushaltstitel verteilt – so zahlreich, dass auch kein einziger Haushaltspolitiker die Kosten parat haben dürfte. Darauf deutet zumindest die Tatsache hin, dass die vielen Dienstreisen, die die Ballettschule abrechnete, nicht hinterfragt wurden.

Ein weiteres Beispiel für die fehlende Transparenz: Die von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) beauftragten Wirtschaftsprüfer berichten, dass der Spanischkurs, den ein Mitglied der Schulleitung belegte, über den Haushaltstitel „Talentförderung“ abgerechnet wurde.

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Abgesehen von solchen zusätzlichen Kosten sind die Eliteschulen auch deshalb wesentlich teurer, weil sie größere und aufwendigere Gebäude benötigen. So verfügt die SBB/SfA nicht nur über zehn Ballettsäle, sondern auch über eine hochmoderne Sporthalle, die auf die speziellen Bedarfe weniger Artisten ausgerichtet ist.

Zum Vergleich: Es gibt im Land Berlin wegen des Sanierungsstaus Schulen mit 1000 Schülern, die 20 oder 30 Jahre auf eine eigene ausreichend große Sporthalle gewartet haben - oder noch warten.

Die CDU interessiert sich für "das Wirken der Schulaufsicht"

Die Eliteschulen dürften das Abgeordnetenhaus im vorerst letzten Jahr der rot-rot-grünen Koalition noch ausgiebig beschäftigen. Das beginnt schon beim Bildungsausschuss an diesem Donnerstag. Dort will etwa der CDU-Bildungsexperte Dirk Stettner von Scheeres wissen, wie sie die jüngsten Berichte zur Ballettschule „im Hinblick auf das Wirken der Schulaufsicht, die Fürsorgepflicht des Landes sowie das finanzielle Gebaren der Schulleitung sieht“.

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Wie berichtet muss etwa geklärt werden, wer dafür haftet, dass die Schulaufsicht jahrelang dienstliche Fernreisen bezahlte, die nicht vorschriftsmäßig beantragt worden sein sollen. Zudem fragen sich nicht nur die Abgeordneten aus Opposition und Koalition, wie es möglich war, dass jahrelang die gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkung der Gremien unterblieb, ohne dass es der Schulaufsicht auffiel – trotz vorsichtiger Hinweise der Schulinspektion.

Wer misst die Erfolge? Keiner

Hinzu kommt, dass der Output der Schule nicht evaluiert wurde: Obwohl die genannten hohen Summen in die Schule flossen, wurde nicht aktenkundig, inwieweit es gelang, eigene Schüler zur Spitze zu führen – und nicht vorrangig Tänzer, die kurzfristig aus dem Ausland an die Schule geholt und dann bald „weitergereicht“ wurden.

Auch hier hätte die Schulaufsicht alarmiert sein müssen, denn der Akkreditierungsbericht zum Bachelorstudiengang der Schule hatte die Empfehlung enthalten, den beruflichen Werdegang der Absolventen zu verfolgen. Da dies offenbar nicht berücksichtigt wurde, hat jetzt – vier Jahre später – die Ballettschul-Expertenkommission abermals eine Evaluation empfohlen (den Akkreditierungsbericht kann man hier herunterladen).

Elite von morgen? Der Fußball nimmt einen immer größeren Raum in den Eliteschulen ein.
Elite von morgen? Der Fußball nimmt einen immer größeren Raum in den Eliteschulen ein.

© Kitty Kleist-Heinrich

Angesichts des Skandals um die Zustände an der Ballettschule sieht FDP-Bildungsexperte Paul Fresdorf seine Forderung nach einem Rücktritt der Senatorin bestätigt. Die Ballettschule sei ein „weiterer Baustein, um Frau Scheeres die Regierungsfähigkeit abzusprechen“. Er hat sich nicht nur mit der Ballettschule beschäftigt, sondern auch mit den Sportschulen. Aus seiner jüngsten Anfrage zu dem Thema geht hervor, dass es nicht gelingt, die siebten Klassen in den drei Schulen zu füllen, was dazu führt, dass die Personalkosten noch höher sind als sie – bei vollen Klassen – sein müssten.

Ein "Hertha-Gymnasium" statt einer staatlich finanzierten Eliteschule?

Zudem nimmt der Profisport einen immer höheren Anteil ein: Während junge Fußballer fast 30 Prozent bei den Aufnahmen in Klasse 7 ausmachen, sind die anderen Sportarten insgesamt rückläufig: Der ehemalige Leiter der Eliteschule im Olympiapark, Rüdiger Barney, plädiert inzwischen sogar dafür, den Fußball aus den staatlichen Eliteschulen herauszunehmen. Die betreffenden Vereine hätten genug Geld , so Barney, um „eine eigene Privatschule zu finanzieren“ – zum Beispiel ein „Hertha-Gymnasium“.

Der sportpolitische Sprecher der SPD- Fraktion, Denis Buchner, sieht aktuell an den Sport-Eliteschulen „keinen Reformbedarf“. Wenn Berlin – in Sportarten wie Volleyball – ein „Leuchtturm“ sei, begrüße er das – auch wenn es sich um Profisportarten handele.

Der Vorsitzende des Jugendparlaments Charlottenburg-Wilmersdorf, Miguel Góngora, ist aber skeptisch, seitdem er – als Landesschülersprecher – den Zuständen an der Ballettschule auf den Grund ging. „Auch die Eliteschulen des Sports müssen untersucht werden“, fordert der SPD-Nachwuchspolitiker. Er geht davon aus, dass hinsichtlich des Kinderschutzes „ähnliche Fälle wie an der Ballettschule ans Licht kommen“.

Bildungssenatorin Scheeres hat bislang keinen Zweifel daran gelassen, dass sie am System der Eliteschulen festhalten will. Argument: Nur so könnten die Talente von Kindern aus armen Familien gefördert werden. In anderen Bundesländern geht das allerdings auch ohne staatliche Schulen - etwa über öffentliche Stipendien.

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