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Die Brandenburgische Regierung, hier Innenminister Karl-Heinz Schröter und der Ministerpräsident Dietmar Woidke, erhielt Zuspruch für den Erlass im vergangenen Dezember.

© dpa/ Ralf Hirschberger

Abgelehnte Asylbewerber: Brandenburg erhält Lob für Vorschlag zum Bleiberecht

Brandenburg Land erntet viel Lob für den Erlass, Opfer rassistischer Gewalt nicht abzuschieben. Ein Problem sieht der Verein Opferinitiative jedoch: Oft dauert es Jahre bis die Fälle vor Gericht kommen.

Brandenburg hat für seinen deutschlandweit einmaligen Vorstoß, abgelehnten Asylbewerbern, die Opfer rechter Gewalt wurden, längeres Bleiberecht zu gewähren, Lob bekommen. Ayse Demir, Vorstandssprecherin beim Türkischen Bund Berlin-Brandenburg, sprach von einem starken Zeichen „gegen die stetig steigende rassistische Gewalt gegen geflüchtete Menschen“, und das ausgerechnet in einer Zeit, in der die Debatte um schnellere Abschiebungen Fahrt aufgenommen hat.

Kurz vor Weihnachten hatte das Innenministerium verfügt, dass abgelehnte Asylbewerber, die Opfer rechtsextremer Gewaltstraftaten wurden, mindestens für die Dauer der Ermittlungs- und Strafverfahren gegen die Täter nicht mehr abgeschoben werden dürfen. Das Ministerium hatte dafür auch den Verein Opferperspektive zurate gezogen. Geschäftsführerin Judith Porath erklärte, Brandenburg sei damit Vorreiter und komme einer alten Forderung nach. Für „Opfer rassistischer Gewalt“, aber auch Täter werde damit die ursprünglich beabsichtige Wirkung eines Angriffs umgedreht.

Stellungsnahmen der Opferperspektive sollen berücksichtigt werden

Künftig sollen die Ausländerbehörden auch Stellungnahmen der Opferperspektive berücksichtigen. Denn je nach Schwere der Tat, der gesundheitlichen oder psychischen Folgen soll den Opfern auch nach Abschluss von Gerichtsverfahren ein Bleiberecht erteilt werden.

Die Opferperspektive hat mehrere Fälle im Blick, bei denen Opfern nun geholfen werden kann. Etwa eine alleinerziehende Mutter, Anfang 40, aus Nigeria. Vor mehr als sechs Jahren war sie nach Deutschland geflüchtet und lebt mit ihrem elfjährigen Sohn in Fürstenwalde. Ihr Nachbar hatte sie über Monate drangsaliert, zwang sie zum Putzen des Hausflurs, belegte sie mit rassistischen Sprüchen. Anfang April 2016 attackierte er die Frau. Als sie ihn zur Rede stellte, weil er die Schuhe des Sohnes in den Müll warf, schlug er mit der Faust auf sie ein. Sie erlitt einen Jochbeinbruch, die Halswirbelsäule und ein Auge wurden geschädigt.

An manchen Gerichten dauert es Jahre, bis es zum Prozess kommt

Vor dem Angriff war die Familie in Deutschland geduldet, der Asylantrag war abgelehnt worden. Die Frau verhandelte gerade über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Dafür hätte sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen müssen. Nach der Attacke musste sie die Jobsuche aufgeben. Die Frau ist weiter in Behandlung. Auch der Sohn, der als bestens integriert gilt, braucht Hilfe. Er musste mitansehen, wie seine Mutter verprügelt wurde. Die Polizei hat den Angriff als rassistisch und politisch motivierte Kriminalität eingestuft.

Ein Problem sieht die Opferperspektive aber: An manchen Gerichten dauert es mehr als zwei Jahre, bis es zum Prozess kommt. Die Folge: mildere Strafen für die Täter bis zur Einstellung des Verfahrens.

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