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Hässlich, aber zentral: Der Alexanderplatz steht durchaus noch vor architektonischen Herausforderungen.

© Fatina Keilani

Alexanderplatz: Das Hindernis unterm Park Inn

Architekt Hans Kollhoff nannte ihn in unserem Interview zu dessen Alexanderplatz-Plänen den „Klumpen“: Hier nun ein Besuch in dem Gebäuderiegel, der an einem zentralen Ort in Berlin den Weg versperrt.

Von Fatina Keilani

Alexanderplatz. Aus dem S-Bahnhof hinaus, links der Kaufhof, rechts C & A, auf dem Platz liegt der Weihnachtsmarkt in den letzten Zuckungen. Hinten wird schon gekärchert, vorne sind an wenigen Buden noch Bratwurst und Glühwein zu haben. Und geradeaus? Der „Klumpen“. Gemeint ist der quer verlaufende Flachbau am Fuße des Park Inn Hotels. Er strahlt Düsternis aus, unten drin sind zwar Burger King und ein „Bistro und Kaffeehaus“, aber darüber steht alles leer.

Saturn ist schon seit Jahren weg, nach nebenan gezogen in ein eigenes Gebäude, weg ist auch das Sportgeschäft, das es dort einmal gab. „Das Bauwerk sitzt wie ein großer Klumpen da“, hatte Architekt Hans Kollhoff dem Tagesspiegel am Sonnabend gesagt, und dass der Klumpen den Weg versperre.

Und was ist, wenn man sich den Gebäuderiegel einfach wegdenkt? Dann wäre der Blick frei auf die schäbig aussehenden Zehngeschosser an der Nordseite, die jetzt womöglich unter Denkmalschutz kommen. Ende der Sechziger hatte die DDR die Umgestaltung des Platzes im Sinne sozialistischen Bauens beendet, Ergebnis: Der Platz war mit 80 000 Quadratmetern mehr als viermal so groß wie vor dem Zweiten Weltkrieg. Als Adresse weltberühmt, nicht zuletzt durch Alfred Döblins Roman, ist der Alexanderplatz als Fläche in der Stadt – eine Herausforderung?

Eine Passantin formuliert es so: „Man merkt, dass in dieser Stadt niemand etwas mit diesem Riesenplatz anzufangen weiß“, sagt die 51-Jährige, die mit ihrem Mann zum Einkaufen gekommen ist und auch in der Nähe wohnt. Man halte sich hier einfach nicht länger auf.

Auch andere vermissen das, was Stadtplaner Aufenthaltsqualität nennen. Ein 40-jähriger Niederländer sagt: „Der Platz ist eher hässlich und überhaupt nicht gemütlich. Wenn man hier schöne Cafés hätte und auf dem Platz sitzen könnte, wäre das ganz anders.“ Er selbst sei aus Mitte weggezogen und wohne jetzt in Tegel. Und der Klumpen? Sollte weg, meint auch er.

Zwischen Burger King und Bistro führt eine Drehtür ins Park Inn - der einzige Weg auf die andere Seite, wenn man nicht das Gebäude umrunden will. Auf der Rückseite gibt es die Zufahrt zum Parkhaus, ein Restaurant – und ein Bauschild. Die irische Billigkleiderkette Primark errichtet hier 8000 Quadratmeter neue Verkaufsfläche. An sich sollte im Dezember 2013 Eröffnung sein, jetzt wird mit 2014 gerechnet. Ist der Laden erstmal da, dürfte es schwieriger werden, den Klumpen aufzubrechen, wie sich Kollhoff das vorstellt.

Die Planungen für eine Umgestaltung des Alex laufen schon ewig. Kollhoff gewann im September 1993 den Architektenwettbewerb. Er sah eine hufeisenförmige sieben- bis achtgeschossige Bebauung und zehn Hochhäuser mit bis zu 150 Metern Höhe in zwei Reihen vor. Das Alexanderhaus und das Berolinahaus – beide aus den Dreißigern und denkmalgeschützt – bilden dabei die südwestliche Begrenzung. Eine Hufeisenform hatte auch der Architekt Martin Wagner bei seinem Entwurf Ende der Zwanziger im Sinn. Der Senat jedenfalls beschloss 1994, Kollhoff zu bauen und erließ einen Bebauungsplan. Der erste Turmbau soll bald starten; noch im Januar wird wohl der Siegerentwurf gekürt. Allerdings wollte Kollhoff sich an den Türmen nicht mit einem Entwurf beteiligen; er kritisierte die Pläne als Billigarchitektur.

An diesem Shopping-Samstag hasten die Menschen jedenfalls über den Platz, es verweilt niemand, wo auch? Eine 57-jährige Berlinerin will eigentlich in das Sportgeschäft, das sie immer noch im Sockelbau des Park Inn vermutete und ist ganz erstaunt, dass es nicht mehr da ist und welche Tristesse der Riegel ausstrahlt. Sie kennt den Platz noch aus ihrer Kindheit, als das Hotelhochhaus noch gar nicht stand. „Damals war es herrlich hier“, schwärmt sie. Man traf sich am Brunnen, auch mit ihrem Mann ging hier die Romanze los. Heute sei der Platz unattraktiv und vermüllt, außerdem habe man abends Angst vor Gewalt. Anders als der Platz ist der Mann unverändert. Er nickt.

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