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Spuren des Feudalismus. Die Kurfürstenstraße in Schöneberg erinnert an undemokratische Zeiten. Ist das noch zeitgemäß?

© Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Debatte um Berliner Straßennamen: Auch die Kurfürstenstraße sollte dran glauben

Die Kreuzberger Grünen wollen preußische Generäle von Straßenschildern tilgen. Echte Revolutionäre sind da noch deutlich radikaler. Eine Glosse.

Die preußischen Generäle Gneisenau und Blücher, ebenso wie die Orte der Schlachten der Befreiungskriege gegen Napoleon wie Eylau oder Hagelberg sollen nicht länger Straßen ihren Namen geben, so wollen es die Grünen in Kreuzberg. Über ihren Antrag zur "Entmilitarisierung des öffentlichen Raums" soll jetzt die Gedenktafel-Kommission beraten und Vorschläge zum weiteren Verfahren vorlegen, so hat es der Kulturausschuss der BVV beschlossen.

Dass die alten Haudegen endlich aus dem Stadtbild verschwinden, das hat sich Rechtsanwalt Kurt Rosenfeld schon lange gewünscht. Seine Forderungen sind jedoch deutlich radikaler als die der Kreuzberger Grünen. Wenn schon, denn schon.

Nicht nur Kurfürstenstraße, Markgrafenstraße und Prinzenstraße müssten "dran glauben", findet er. Auch "die dynastischen oder dynastischer Umtriebe verdächtigen August-, Dorotheen, Luisen-, Charlottenstraße und andere wären auf ihre Abstammung zu prüfen", so lässt sich Rosenfeld vernehmen. Die Abschaffung des Militarismus würde außer Feldherren wie Blücher oder Gneisenau auch die Dragoner-, die Jäger-, die Schützenstraße, die Hofjägerallee und die Admiralstraße "unmöglich machen". "Höchstens die Invalidenstraße und die Veteranenstraße könnten bleiben", da ließe Rosenfeld mit sich reden.

Dagegen sei es "geistfremd", weiterhin an der Kronen- oder der Hohenzollernstraße festzuhalten, und allenfalls "sehr hoffnungsfreudige Naturen dürften für die Erhaltung des Lustgartens eintreten".

Der USPD-Politiker Kurt Rosenfeld (1877-1943), von November 1918 bis zum Januar 1919 preußischer Justizminister, wollte die Spuren von Militarismus und Feudalismus von Berliner Straßenschildern tilgen.

© Wikipedia

Sicher, man müsse sich im Klaren darüber sein, "dass die Revolutionierung des Adressbuchs keine kleine Aufgabe ist", aber aus und vorbei, die Zeit sei reif, dieses "Stückchen Gegenrevolution" im Straßenbild zu tilgen, erklärt Rosenfeld vor den gemeindlichen Arbeiterräten der USPD. Wir lesen diesen hochaktuellen Beitrag in der „Vossischen Zeitung“ vom 25. März 1919, gefunden und bei Twitter veröffentlicht von Reinhard Hillebrand, einem Berliner Rechtsanwalt wie einst Kurt Rosenfeld, der in der Revolutionszeit vor 100 Jahren kurzzeitig als preußischer Justizminister diente.

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Nach Rosenfeld, der 1931 wegen Bruchs der Fraktionsdisziplin aus der SPD-Fraktion im Reichstag ausgeschlossen wurde und nach dem Reichstagsbrand nach Paris und später New York emigrierte, ist in Berlin keine Straße benannt. Er hat den Franzosen halt nie den Marsch geblasen.

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