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Schauspieler Matthias Matschke zeichnet Schauspielerin Laura Tonke bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises, der Lola, mit der Auszeichnung in der Kategorie "Beste weibliche Hauptrolle" aus.

© dpa

Deutscher Filmpreis: Lola 2016: Show mit Sülze

Beim Deutschen Filmpreis geraten die Preisträger fast zur Nebensache. Der Favorit "Der Staat gegen Fritz Bauer" räumt sechs Lolas ab.

Amerika, du hast es besser? Schnauze, Göhte! Hattest ohnehin noch gar keine Ahnung vom Kino, nicht von dem in Hollywood, nicht von dem in Deutschland. Den Frauen nämlich, den geht es im deutschen Film verdammt gut, verglichen mit Amerika. Dort müssen sie immer tipptopp aussehen, hier dagegen können sie aussehen wie „Sülze in Gummistiefeln“, Hauptsache, sie spielen gut.

Man achte auf die Gänsefüßchen, das war ein Zitat. Von Christoph Maria Herbst, am Freitagabend Laudator bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises im Palais am Funkturm, Kategorie „Beste weibliche Nebenrolle“. War natürlich nicht ernst gemeint, nur als Parodie, hat auch keiner im Saal anders verstanden. War ja ohnehin ein großer Jux, der Abend, und die Nummer mit der Sülze einer der mittelgroßen Lacher.

Gab noch eine ganze Reihe von dieser Sorte, zum Beispiel als Milan Peschel, Laudator „Bestes Kostümbild“, in Nazi-Uniform hereinmarschiert kam, die man ihm für die Rolle angeblich aufgenötigt hatte, die er dann aber Stück für Stück doch ablegte und darüber sinnierte, ob er sie nun lieber verkaufen oder damit vielleicht in einer der vielen schönen Gegenden Deutschlands wandern gehen sollte, in der Sächsischen Schweiz vielleicht, im Erzgebirge – es gibt da viele Möglichkeiten.

Und so eine Nazi-Uniform hat leider viele Teile, das dauert, bis man sich ihrer entledigt hat, kein Wunder, dass die Show – denn das war es doch eher als eine klassische Preisverleihung – dann über drei Stunden dauerte, so lange wie einst „Dr. Schiwago“ oder „Lawrence von Arabien“ und die hatten mittendrin wenigstens eine Pinkelpause. Während hier Gäste gegen Ende der Sitzung schon Bonbons gegen das Magenknurren unter sich verteilten.

Heiteres Abspulen der deutschen Filmproduktion

Ist halt nicht leicht, die perfekte Balance zu finden zwischen Laudatio, Tralala und mahnend-lobenden Worten über die Pflichten und Möglichkeiten der Künstler und speziell der Filmkünstler, um Ausländer- und Islamfeindlichkeit und all den anderen aktuellen Dummheiten etwas entgegenzusetzen mit ihrer integrativen Kraft.

Goldene Lola für "Der Staat gegen Fritz Bauer".
Goldene Lola für "Der Staat gegen Fritz Bauer".

© dpa

Iris Berben, Präsidentin der Deutschen Filmakademie, und Kulturstaatsministerin Monika Grütters hatten diese mögliche Rolle des Film in ihren Begrüßungsreden beschworen, und auch später klang jener politische Grundton immer wieder an, und sei es im Zusammenhang solch eines Filmklamauks wie „Fack ju Göhte 2“, ausgezeichnet als publikumsstärkster Film des Jahres. Bei den nächsten Wahlen, so mahnte Hauptdarsteller Elyas M’Barek, sollten die Zuschauer doch bedenken, dass dieser Film ohne Menschen mit ausländischen Wurzeln nicht zustande gekommen wäre.

Ach ja, die Lolas und die Preisträger: Sie drohten mitunter fast zur Nebensache zu geraten angesichts der überschäumenden Erfindungsfreude der Showgestalter, die schon gleich zuBeginn ein die eigene Furiosität ein wenig überstrapazierendes Ergebnis fand: Jan-Josef Liefers, der in einem eingespielten Film die Idee zu einer musicalhaften Preisverleihung verfolgt, sich beim Abklappern der Kollegen – zugleich ein heiteres Abspulen der deutschen Filmproduktion des vergangenen Jahres – nur Absagen holt und sie dann auf der Bühne als All-Star-Nummer doch durchsetzt.

Die Preise also: Für „Der Staat gegen Fritz Bauer“ gab es nicht alle möglichen, von denen aber doch die meisten, sechs insgesamt, darunter den für den besten Spielfilm. Laura Tonke, die sich, wie sie in ihrer Dankesrede für die „Beste weibliche Nebenrolle“ bekannte, anfangs stets für eine Fehlbesetzung in „Mängelexemplar“ gehalten hatte, dürfte von diesem Irrglauben doppelt kuriert sein, wurde sie doch für „Hedi Schneider steckt fest“ auch als Hauptdarstellerin prämiert. Und Regina Ziegler wurde fürs Lebenswerk nicht nur die Lola in die Hand gedrückt, sondern als Bonus gab’s Standing Ovations – zweimal!

Die Liste der Lolas:

BESTER SPIELFILM

„Der Staat gegen Fritz Bauer“ (Produzent Thomas Kufus)

SPIELFILM (SILBER)

„Herbert“ (Regie Thomas Stuber)

SPIELFILM (BRONZE)
„Vier Könige“ (Regie Theresa von Eltz)

BESTE REGIE

Lars Kraume („Fritz Bauer“)

BESTER HAUPTDARSTELLER

Peter Kurth („Herbert“)

BESTE HAUPTDARSTELLERIN

Laura Tonke („Hedi Schneider“)

BESTER NEBENDARSTELLER

Ronald Zehrfeld („Fritz Bauer“)

BESTE NEBENDARSTELLERIN

Laura Tonke („Mängelexemplar“)

BESTER DOKUMENTARFILM

"Above And Below"

BESTER KINDERFILM

"Heidi"

BESTES DREHBUCH

Lars Kraume, Olivier Guez ("Fritz Bauer")

BESTE KAMERA

Markus Nestroy ("Above And Below")

BESTER SCHNITT

Alexander Berner ("Ein Hologramm für den König")

BESTES SZENENBILD

Cora Pratz ("Fritz Bauer")

BESTES KOSTÜMBILD

Esther Walz ("Fritz Bauer")

BESTES MASKENBILD

Lena Lazzarotto, Henny Zimmer ("Ich und Kaminski")

BESTE FILMMUSIK

Alexandre Desplat ("Everything Will Be Fine")

BESTE TONGESTALTUNG

Frank Kruse, Matthias Lempert, Roland Winke

("Ein Hologramm für den König")

BESTBESUCHTER FILM

„Fack ju Göthe 2“ (Regie Bora Dagtekin)

EHRENPREIS FÜRS LEBENSWERK

Filmproduzentin Regina Ziegler

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