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Verraten und Verkauft

© dpa

Antisemitismus: Die Randale wird Teil der Ausstellung

Die Ausstellung "Verraten und Verkauft" an der Humboldt-Uni ist wieder eröffnet - mit einer Schautafel, die die Zerstörung durch Schüler vor einer Woche thematisiert. Ob die Protestler vorsätzlich handelten, ist noch immer unklar.

Die Empörung nach der Schülerrandale war riesig. Doch als sich vor der neuen Eröffnung der Ausstellung „Verraten und Verkauft“ die Prominenten auf dem Podium niederließen, mischten sich auch nachdenkliche Töne in die Diskussion. „Wir müssen genau hinschauen, wer an den Zerstörungen beteiligt gewesen ist – dann erst können wir nach den Motiven der Täter fragen“, sagte beispielsweise Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD).

Die neue Schau im Foyer der Humboldt-Universität wird nun um eine Schautafel ergänzt. Diese soll über die Geschichte der am 24. Oktober eröffneten Ausstellung informieren – und über ihre Zerstörung. Vor einer Woche hatten rund 1000 Teilnehmer einer Schülerdemo für bessere Bildungspolitik das Uni-Hauptgebäude gestürmt. Einige unter ihnen, mutmaßlich linksextremistischer Gesinnung, zerstörten die Schautafeln, wobei es auch zu antisemitischen Äußerungen gekommen sein soll.

War die Randale ein antisemitischer Akt? Oder nur die Folge eines aus dem Ruder gelaufenen Protests? Diese Frage diskutierten neben Thierse am Montagabend HU-Präsident Christoph Markschies, der Beauftragte der Jüdischen Gemeinde zur Bekämpfung des Antisemitismus, Levi Salomon, und CDU-Bundestagsabgeordnete Monika Grütters. Im Anschluss an die Diskussion wurde die Schau über jüdische Unternehmen in Berlin unter nationalsozialistischer Gewaltherrschaft wieder eröffnet.

Monika Grütters von der CDU zeigte sich betroffen über „den Mangel an Toleranz und Rücksichtnahme und das Fehlen einer instinktiven Hemmschwelle“ bei den verantwortlichen Jugendlichen. „Entscheidend ist vor allem, wie die Mehrheit sich verhält – hat der Rest geschwiegen, protestiert oder versucht, etwas zu verhindern?“, fragte Levi Salomon und schlug die Initiierung eines an die Schüler gerichteten Projekts zur Aufklärung und Aufarbeitung der Vorfälle vor.

Für Thierse ist die Grenze zum Antisemitismus klar überschritten, wenn die Legitimation des Staates Israel angezweifelt werden würde. Der Ausruf „Scheiß Israel!“, der nach Aussage von Uni-Mitarbeitern im Zuge der Randale gefallen sein soll, sei schon für sich allein und erst recht vor dem Hintergrund der Zerstörung einer Ausstellung gegen Nazi unrecht ein antisemitischer Akt. „Bei einer Diskussion um Bildungspolitik muss es bei der Einordnung der Vorfälle auch um die Frage gehen, ob Bildungseinrichtungen nur Wissensmassen oder vielmehr Werte und Tugenden vermitteln sollen“, sagte Thierse.

Der Veranstalter der Demonstration, das Bündnis „Bildungsblockaden einreißen!“, hatte sich zwei Tage nach der Randale in einem offenen Brief an die HU für die Vorfälle entschuldigt. Nachdem die öffentliche Empörung über den Gewaltakt und mögliche antisemitische Motive zunächst zu einigen Pauschalverurteilungen geführt hatte, forderten viele eine differenzierte Untersuchung der Vorfälle. HU-Präsident Markschies ärgert sich vor allem über die „unerträglichen Entschuldigungsstrategien“. Auch wenn nur wenige an der „planmäßigen und damit eindeutig antisemitisch orientierten Ausstellungsbeschädigung“ beteiligt gewesen seien, sei jeder davon „einer zu viel“. Er würde sich daher freuen, wenn viele Schulen das Angebot einer Führung durch die bis zum 13. Dezember verlängerte Ausstellung annehmen würden. Die Berliner Polizei, die kurz nach der Randale drei Demonstranten vorübergehend festgenommen hatte und bisher drei weitere Zeugen befragt hat, widersprach jedoch Markschies’ Einschätzung von „Planmäßigkeit“. Bisher sei unklar, inwieweit das Geschehen tatsächlich vorbereitet und gezielt gewesen sei.

Jeden Mittwoch finden um 18 Uhr Führungen durch die Ausstellung statt, Treffpunkt ist im Foyer des HU-Hauptgebäudes, Unter den Linden 6. Geöffnet ist die Schau Mo–Fr 9–21 Uhr, Sa 9–17 Uhr. Eintritt frei. Weitere Führungen können unter Tel. 263 98 90 39 vereinbart werden.

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