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DRK-Helfer mit Flüchtlingen in Eisenhüttenstadt. Anfang des Jahres soll hier eine Kenianerin vergewaltigt worden sein.

© dpa

DRK-Heim in Potsdam: Staatsanwaltschaft prüft anonyme Hinweise zu Missbrauchsvorwürfen

Ein Mitarbeiter in einem Flüchtlingsheim muss sich den Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs stellen. Ein anonymes Schreiben wurde sofort an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

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Jetzt gibt es auch Missbrauchsvorwürfe gegen Mitarbeiter der vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) geführten Flüchtlingserstaufnahme in Potsdam, in der Familien untergebracht sind. In einem anonymen Brief, der am Freitag DRK-Präsident Rudolf Seiters und die Spitze des Landesverbands erreichte, heißt es, dass ein Mitarbeiter „wiederholt sexuelle Handlungen mit weiblichen Schutzbefohlenen“ vollzogen haben und der Leiter der Einrichtung dies gedeckt haben soll. Zudem geht es um sexuelle Belästigung von Mitarbeitern, um Vertuschung von Vorfällen und Klagen über die Zustände in der Einrichtung. Es soll Mängel im Umgang mit den Hygiene- und Seuchenvorschriften und Sicherheitsstandards geben. Mitarbeiter seien beim Ausbruch von Tuberkulose und Krätze nicht genügend geschützt worden sowie von der Hausleitung angewiesen worden, Schränke der Flüchtlinge nach Waffen zu durchsuchen.

Eine Sprecherin des DRK-Landesverbandes erklärte, dass das Schreiben sofort an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden sei, die nun einen Anfangsverdacht prüft. Bereits am Dienstag und auch am Mittwoch habe es Mitarbeiterversammlungen sowie Teamgespräche gegeben. Dabei hätten Mitarbeiter den Inhalt des Briefes bestätigt. Das DRK hofft auf deutlichere Hinweise aus Einzelgesprächen. Der Grund: Bislang sind die Vorwürfe allgemein gehalten und noch zu unkonkret. „Wir haben gehandelt und nehmen die Vorwürfe sehr ernst“, sagte die DRK-Sprecherin.

In Potsdam läuft es anders

Der Leiter der Unterkunft hat kurzfristig Urlaub genommen, um der Untersuchung der Vorwürfe nicht im Wege zu stehen. Der Mitarbeiter, dem sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden, sei schon eine Weile krankgeschrieben. Beide sind um eine Stellungnahme bis Donnerstagabend gebeten worden. Vorübergehend übernimmt der Leiter einer anderen Einrichtung die Führung.

Das Innenministerium nimmt die Vorwürfe äußerst ernst, lobt aber das Vorgehen des DRK. Nach einem Verdacht auf Missbrauchsfälle gegen Bewohner und DRK-Mitarbeiter in der Asyl-Erstaufnahme des Landes in Eisenhüttenstadt im Januar habe es mehrere Wochen gedauert, bis das „DRK auf dem richtigen Weg war“, sagte ein Ministeriumssprecher. Dort seien die ersten Reaktionen nicht geeignet gewesen, die Besorgnisse zu zerstreuen. „Wir erkennen aber, dass es diesmal in Potsdam anders läuft“, sagte der Ministeriumssprecher.

In einem konkreten Fall von damals sind die Ermittlungen allerdings eingestellt worden. Es ging um eine angeblichen Vergewaltigung einer Kenianerin in der Erstaufnahmeeinrichtung „Unterschleuse“ in Eisenhüttenstadt. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder), Ulrich Scherding, erklärte, dass die DNA der Männer, die die Kenianerin als Täter erkannt zu haben glaubte, nicht mit den gesicherten Spuren übereingestimmt hätten.

Mangelnde Professionalität und Personalmangel

Der Fall hatte Anfang des Jahres wegen Versäumnissen des DRK mit dem Fall bundesweit Aufsehen erregt. Die Kenianerin hatte sich am Sonntag, 3. Januar, Mitarbeitern anvertraut, in der Nacht zuvor von jungen Männern in ihrem Zimmer vergewaltigt worden zu sein. Sie wollte außerdem die Polizei rufen. Doch einer der Mitarbeiter vereitelte das, indem er behauptete, dass die Behörden in Deutschland sonntags geschlossen hätten. Der Mann erklärte später, es habe sich um ein sprachliches Missverständnis gehandelt. Die Frau konnte deshalb erst am 4. Januar Anzeige erstatten. Mindestens einer der Tatverdächtigen hatte das Heim in der Zwischenzeit bereits verlassen.

Die Polizei machte die drei jungen Afghanen später in anderen Unterkünften ausfindig. Sie hätten die Tat stets bestritten, sagte Scherding. Die Beweislage reiche nicht aus, um den Fall „gerichtsfest“ zu machen. Der Anwalt der Kenianerin legte bereits Beschwerde ein.

Das DRK räumte inzwischen in internen Untersuchungsberichten massive Defizite ein – mangelnde Professionalität, organisatorischem Chaos und Personalmangel. Deshalb und wegen Vertragsverletzungen hat die dem Brandenburger Innenministerium unterstehende Zentrale Ausländerbehörde von Februar bis April 1,4 Millionen Euro einbehalten. Zudem erteilte die Behörde dem DRK seit Februar mehrere Abmahnungen.

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