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Von Tag zu Tag: Eine für alle

Andreas Conrad findet Filmillusionen manchmal sehr desillusionierend

Tom!“ Keine Antwort. „Tom!“ Alles still. „Soll mich doch wundern, wo der Bengel wieder steckt! Tom!“ – Klar, kennt jeder, der in seiner Jugend „Tom Saywer“ verschlungen hat, und das sind doch die meisten. Fast jeder weiß daher, wie es am Mississippi aussieht und wurde vielleicht sogar im Traum von Indianer Joe heimgesucht. Tom Saywer, das war Ferne und Vergangenheit zugleich, es war das Gegenteil vom eigenen Leben – eine bloße Illusion, wie einem jetzt wieder unerbittlich vor Augen geführt wird, und ausgerechnet vom Kino, der großen Illusionsmaschine. Wieder einmal wird das Buch verfilmt, die Dreharbeiten haben gerade begonnen. Doch wo finden sie statt? Unter anderem in Brandenburg. Mimen nun wohl Spree oder Havel den Mississippi? Ein ernüchternder Gedanke, und dabei sind wir einiges gewohnt: Die drei Musketiere beispielsweise traben bald durchs Studio Babelsberg, rufen ihr „Einer für alle, alle für einen!“ in den Himmel über dem Großraum Berlin-Brandenburg, der sich schon für fast alles hergab, etwa gleichzeitig für London, Paris und Istanbul in „In 80 Tagen um die Welt“. Neu ist das nicht: Der erste Titanic-Film entstand 1912 – in der Chausseestraße.

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