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Klassenarbeit statt Prüfung, lautet das Programm der Zehntklässler in Berlin.

© Armin Weigel/dpa

Update Exklusiv

Entlastung in der Pandemie: Zehntklässler müssen in Berlin keine Abschlussklausuren schreiben

Für den Mittleren Schulabschluss müssen an Sekundarschulen und Gymnasien nur mündliche Prüfungen absolviert werden. So gewinnt man Zeit für den Unterricht.

Der Mittlere Schulabschluss (MSA) soll in diesem Jahr Pandemie-bedingt ohne die schriftlichen Klausuren erteilt werden. An der mündlichen Präsentationsprüfung soll aber festgehalten werden. Dies erfuhr der Tagesspiegel aus Schulleiterkreisen. Die Senatsverwaltung für Bildung bestätigte die Information am Sonnabend auf Anfrage.

„Die Lehrkräfte können sich so besser auf die Wissensvermittlung im Unterricht konzentrieren, damit die Schüler in dieser besonderen Zeit gute Bildungsabschlüsse machen können“, begründete Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) ihre Entscheidung gegenüber dem Tagesspiegel.

Ein ähnliches Verfahren wurde an Sekundarschulen und Gymnasien bereits 2020 gewählt, um den Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften die Bewältigung der Pandemie im Schulablauf zu erleichtern.

Schulleitungen reagierten erleichtert auf die Nachricht: Infolge der Schulschließung können sie ihre Schüler nur eingeschränkt auf die Prüfungen vorbereiten. Immer wieder war gefordert worden, dass es wichtiger sei, Unterrichtsstoff durchzunehmen als die wenige verbliebene Zeit für die Klausurvorbereitung nutzen zu müssen. Diese Überlegung war schon im Vorjahr entscheidend gewesen.

Hinzu kommt, dass die Zehntklässler unter sehr unterschiedlichen Bedingungen arbeiten müssen – je nachdem wie gut ihre Schulen das Lernen zu Hause begleiten. Diese Diskrepanzen dürften noch größer werden, wenn ein Teil der Schulen ihre Abschlussjahrgänge ab Montag freiwillig wieder in die Schulen holt, andere aber nicht. Wegfallen sollen alle drei Klausuren in Mathematik, Deutsch und der Fremdsprache.

Dem Vernehmen nach gilt die Regelung analog auch für die Klausuren der Berufsbildungsreife. Sie fielen demnach auch weg - wie 2020.

Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) will das Abitur durchziehen.
Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) will den Schulen die MSA-Klausuren ersparen.

© Carsten Koall/dpa

Der Wegfall der MSA-Prüfungen hatte 2020 zur Folge, dass die Abschlussnoten der Sekundarschüler wesentlich besser ausfielen, weshalb mehr Schüler die Berechtigung zum Übergang in die gymnasiale Oberstufe bekamen. Dies belegte die lang gehegte Befürchtung, dass die reinen Zeugnisnoten „zu gut“ sind, also nicht den Leistungen der Schüler entsprechen: Seit der Sekundarschulreform hatte sich diese Tendenz abgezeichnet.

Über den MSA an Gymnasien wird ohnehin gestritten

Diesen Missstand hatte unlängst die Expertenkommission unter Leitung des Kieler Bildungsforschers Olaf Köller (SPD) bestätigt und einen besseren Unterricht in Deutsch und Mathematik insbesondere in den Klassenstufen 9 und 10 gefordert.

Darüber hinaus hält die Kommission die MSA-Prüfungen an den Gymnasien für entbehrlich, weil die Gymnasialschüler im zweiten Halbjahr der zehnten Klasse bereits mit dem Oberstufenstoff beschäftigt sind und durch die Rückkehr zum "alten" Stoff unnötig Zeit verlieren. Scheeres hatte sich der Empfehlung angeschlossen, die MSA-Klausuren an den Gymnasien wegzulassen. Die Koalition will ihr darin aber nicht folgen.

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Für den Verband der Oberstudiendirektoren (VOB) sagte dessen Vorsitzender Ralf Treptow auf Anfrage: "Wie schon 2020 ist die Absage der Prüfungen zum MSA sachlogisch und angesichts der zu erwartenden Diskontinuität im Präsenzunterricht nahezu alternativlos". Gleichzeitig sei es dringend nötig, den MSA in Berlin "endlich dauerhaft bedarfsgerecht zu verändern".

Ersatzweise sollen vergleichende Arbeiten geschrieben werden

Wie berichtet fordert der VOB seit Jahren eine andere MSA-Form für die Gymnasien: Da die Gymnasiasten in nur zwölf Jahren Abitur machen, müssen sie den MSA-Stoff schon Ende der neunten oder Anfang der zehnten Klasse durchnehmen. Die zehnte Klasse hat in den Gymnasien eine Doppelfunktion.

Ronald Rahmig vom Schulleiterverband für Berufliche Bildung nannte den Wegfall der MSA- und BBR-Prüfungen "schwierig". Es sei wichtig, dass die als Ersatz gedachten vergleichenden Arbeiten an den Schulen als "Maßnahme der Qualitätssicherung ernst genommen werden".

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