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© IMAGO/Ralf Mueller

Erst ausgelacht, dann bewundert: Warum ist Kader Loth so beliebt?

Trash-TV wurde oft ironisch geguckt. Heute scheinen die Protagonisten teils ernsthaft bewundert zu werden.

Eine Kolumne von Tobias Langley-Hunt

In einer mehr oder weniger neuen Reality-TV-Sendung, die lustigerweise „B:REAL - Echte Promis, echtes Leben“ heißt, spielt auch eine Person mit, die mehr „Reality“ nicht sein könnte: Kader Loth. Wer nicht weiß, wer das ist, dem sei gesagt, Loth kennt man hauptsächlich für ihre Teilnahme an solchen Formaten und für ihre, englisch gesprochen, reale Art.

Diese Realness beweist die plastisch-chirurgische Schönheit in besagter Sendung. Im Staffelfinale überrascht sie der Unternehmer Ismet Atli, der auch ihr Ehemann ist und eigentlich nicht Teil des Scripts (hust hust), und geht vor ihr auf die Knie. Loth ist überzeugend überrascht und fragt: „Hey Isis, was machst du denn hier?“ und Isis antwortet: „Kader, das ist jetzt ganz ernst (...). Du hattest einen Traum, ganz in Weiß zu heiraten“. Woraufhin Loth wiederum fragt: „Verarschst du mich?“. Nein, tut er nicht, er macht ihr ganz in echt und vollkommen real einen Zweitantrag – vor laufender Kamera, natürlich.

Diese Szene steht exemplarisch für ein zeitgeistiges Phänomen, das man vielleicht als die Paradoxie der realen Falschheit oder der falschen Realität bezeichnen könnte, und dessen Erfolg sich ausgerechnet in der Person Kader Loth manifestiert. Eine Person, die irgendwie ausgedacht, „gescripted“ gleichzeitig aber echter nicht wirken könnte und so tatsächlich eine Art heimlicher Liebling ironischer Millennials werden konnte.

Sternstunden-des-Trash-TV-Archiv

Bereits seit 2004, durch ihre Teilnahme an der fünften Staffel „Big Brother“ bekannt, wurde Kader Loth erst einmal verlacht. Einerseits liest sich ihre Vita wie das TV-Programm privater Spartensender, „Die Alm“, „Frauentausch“, „Die Burg“, anderseits entpuppte sich ihre unverwechselbare Art, sich gehoben, weltgewandt auszurücken und dabei immer wieder grammatikalische Fehler zu machen, früh als Comedy-Gold. In Sendungen wie Stefan Raabs „TV-Total“ oder Oliver Kalkofes „Kalkofes-Mattscheibe“ garantierten Einspieler ihrer Auftritte immer einen Lacher.

Loth schien das herzlich egal, sie drehte munter weiter: „Das perfekte Promi-Dinner“, „Wild Girls - Auf High Heels durch Afrika“, „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!“, und sorgte so, über die letzten zwanzig Jahre, für ein beeindruckendes Sternstunden-des-Trash-TV Archiv.

Dieses Archiv wird jetzt durch einschlägige Instagram-Seiten, die „Galerie Arschgeweih“, „Champagnerkraft“ oder „Schwuppenexpress“ heißen, fleißig aufbereitet und erfolgreich verbreitet. Kader Loth wurde zum „Meme“ und aus ironischer Liebe, für das, was man Trash nennt, wurde ernsthafte Faszination. Vorgetäuschte Echtheit im TV, wenigstens von Leuten wie ihr unverstellt vorgetragen, künstliches Äußeres, aus dem kein Geheimnis gemacht wird und eine unschuldige Schlagfertigkeit zeichnet diese aus. Die Figur Kader Loth, die wahlweise auch Harald Glööckler oder Claudia Obert heißen kann, scheint mit vielen Attributen gesegnet, die ein durchgefiltertes Instragram-Publikum, dass sich jetzt auch noch mit KI konfrontiert sieht, mindestens zu bewundern scheint.

Lange Rede, wenig Sinn: Loth und Atli wollen ihr Ehegelübde erneuern und damit liegt wohl schon ein neuer Vertrag für eine „RTL Zwei“ Reality-TV-Sendung auf dem Tisch. Die dann zu schauen, muss man sich ja irgendwie rechtfertigen.

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