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40 Millionen kostet der unfertige BER monatlich. Kann da in Tegel und Schönefeld wenigstens mal wer durchwischen? (Symbolfoto)

© Frank Rumpenhorst/dpa

Flughafentoiletten in Berlin: Im Dreck gelandet

Flughafenklos sind die Visitenkarte einer Stadt. Was Berlin seinen Gästen in Schönefeld und Tegel andient, ist respektlos und ekelhaft. Dabei muss jemand, der nichts fertigbringt, wenigstens seine Provisorien liebevoll pflegen. Ein Kommentar.

Es stinkt. Rechts die Brille kaputt, links gar nicht mehr vorhanden und in der Mitte wusste jemand nichts mit der Bürste anzufangen. Papier gibt’s auch nicht, aber hey: Rechts anstellen, einmal tief Luft holen und schnell das nötigste Geschäft erledigen. So ist Berlin eben, und wir lieben sie dafür, diese charmante Drecksau, nicht wahr?

Leider spielt diese Szene nicht etwa nach einem durchgefeierten Wochenende in einer Kreuzberger Kaschemme, auf dem RAW-Gelände oder am Bahnhof Zoo. Sondern an einem ganz normalen Mittwochvormittag am Flughafen Schönefeld.

Wie Berlin mit seinen Gästen umgeht – und natürlich mit seinen Bewohnern, wenn die mal schnell wegwollen (was häufig mit den Kehrseiten des Drecksau-Charmes zu tun hat) –, ist beschämend. Selbst die sonstigen Berliner Reise-Ärgernisse wie lange Schlangen bei Check-in und Security, unnötige Busfahrten vom Flieger zum Terminal, schlechte Anbindung und astronomische Preise für unterirdische Gastronomie scheinen dagegen zu verblassen. Wer seinen Gästen so die Kehrseite präsentiert, zeigt einfach einen grundlegenden Mangel an Respekt.

Nun kann man durchaus versuchen, dafür Entschuldigungen zu finden: Die Planer gehen wohl immer noch davon aus, dass wir irgendwann einen neuen Flughafen bekommen (Stand heute: 4. Quartal 2017). Insofern, könnte man sagen, ist es durchaus zu begrüßen, dass in die beiden Rest-Flughäfen nicht auch noch Milliardenbeträge versenkt werden. Aber kann nicht wenigstens zwischendurch mal jemand durchwischen?

40 Millionen kostet der unfertige BER monatlich. Kann da in Tegel und Schönefeld wenigstens mal wer durchwischen?

In der Fluggastbefragung eines Internetportals ist Schönefeld kürzlich erst wieder zu einem der schlechtesten Flughäfen Europas gewählt worden. Besonders bitter: Schlechter haben nur drei kleine griechische (!) Flughäfen und ein Mini-Airport in Frankreich abgeschnitten. Noch bitterer: Zum besten Flughafen Europas ist München gewählt worden.

Ja, aber: Wollen wir denn München sein? Haben wir nicht in anderen Bereichen der Stadt gerade den Verlust der Provisorien beweint? Tacheles, Bar 25, Kater Holzig – Berlin verliere den Charme des Unfertigen, konnte man zuletzt überall lesen. Alles richtig, doch solange die Provisorien da sind, müssen sie auch ein wenig gepflegt werden. Das ist vor allem deswegen höchst aktuell, weil gerade in einem anderen ehemaligen Flughafen ein riesiges Provisorium entsteht, das sehr wahrscheinlich zur Dauerlösung heranwächst. Die Klos in Schönefeld und Tegel sind da nur eine Art Mentalitätstest.

Ganz gratis geht’s da natürlich nicht, ein bisschen Investition muss schon noch sein. Tegel hat sich der Senat zuletzt noch mal 20 Millionen Euro kosten lassen, weitere 19 Millionen wurden im Sommer freigegeben. Dass davon auch die Toiletten saniert wurden – was man vor allem wichtig finden kann, weil Tegel ja irgendwann Technologiepark werden soll, also noch eine Zukunft nach dem Airportdasein hat –, ist zwar schön, hilft aber nichts, wenn sie immer noch, sorry, scheiße aussehen.

Ein kleines Investitionsprogramm soll es bald auch für Schönefeld geben, Flughafenchef Mühlenfeld rechnet mit einem einstelligen Millionenbetrag. Von Klos ist dabei nicht die Rede. Aber Schönefeld soll ja auch nur ein Flughafen bleiben (Stand heute: bis 2022). Provisorische sieben Jahre.

Ärgerlich ist das vor allem, da Schönefeld wie die meisten kleineren Airports im Vergleich eher viele Toiletten hat, wie die Reisesuchmaschine Swoodoo neulich gezählt hat. Auf eine der 134 Schüsseln kommen demnach 54 478 Passagiere jährlich, macht knapp 150 Gäste pro Toilette und Tag. Gar nicht so viele eigentlich. Aber was nützt die Quantität, wenn nur eine von dreien benutzbar ist?

Es ist doch gar nicht so schwer: Für ein paar Tausend der 40 Millionen Euro, die uns die Nichteröffnung des BER monatlich kostet, könnte man noch ein paar Servicekräfte mehr einstellen. Vielleicht können die dann ja auch mal freundlich lächeln, winken und sagen: Hey, nebenan bauen wir gerade was, das wird urst knorke! Und bis dahin sorgen wir dafür, dass hier alles zum Besten steht. Denn Gäste, die jetzt zu Besuch sind, vertröstet man nicht auf morgen.

Dieser Text erschien zunächst als Rant in unserer Samstagsbeilage Mehr Berlin.

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