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Fußball: Polizei will Drittliga-Spiele nicht mehr schützen

Berlins Polizeipräsident Glietsch hält die Kosten für Steuerzahler für nicht zumutbar. Partien, in denen die Vereine ihre gewaltbereiten Fans nicht zügeln können, sollen verlegt oder ganz verboten werden.

Die Berliner Polizei ist nicht länger bereit, mit tausenden Beamten Fußballspiele der dritten oder vierten Liga zu schützen. Sollten die Vereine ihre gewaltbereiten Fans nicht in den Griff bekommen, droht die Polizei deshalb mit Spielabsagen. „Rechtlich gibt es keine Bedenken, ein Risikospiel zu verbieten“, heißt es in einer Expertise, die zwei leitende Beamte verfasst haben. Polizeivizepräsident Gerd Neubeck sagte dem Tagesspiegel, dass durch die Einsätze bei Risikospielen „erhebliche Ressourcen gebunden werden, die an anderer Stelle dringend gebraucht werden“. In diesem Jahr gab es bereits vier als „Risikospiel“ eingestufte Begegnungen, die von bis zu 1000 Polizisten gesichert werden mussten – alle in der Dritten Liga. Neubeck forderte die Vereine auf, „mehr in die Sicherheit zu investieren“. Also mehr Ordner, mehr Einflussnahme auf Problemfans, und mehr Sicherheit in den Stadien. Doch in den Gesprächen mit den Vereinen gebe es kaum Fortschritte, „ein zähes Ringen“, kritisierte Neubeck.

Die Polizei hat errechnet, dass in der vergangenen Saison alleine für den 1. FC Union 4095 Polizisten gut 28 000 Stunden lang im Einsatz waren. Die Kosten für Berlin „belaufen sich auf die schlichte Summe von 1,1 Millionen Euro“, heißt es in dem Aufsatz der Spitzenbeamten. Damit schluckt Union etwa ein Drittel der Gesamtausgaben für den Fußball. Insgesamt kosteten die Polizeieinsätze in der Saison 2007/2008 gut 3,5 Millionen Euro, heißt es in der Antwort der Innenverwaltung auf eine Anfrage des grünen Abgeordneten Benedikt Lux. Zwei Jahre zuvor lagen die Kosten noch bei 4,4 Millionen Euro. Die Zahl der Hooligans, die bei der Polizei in der „Kategorie C“ und somit in der gefährlichsten Stufe registriert sind, habe sich „deutlich verringert“, so die Innenverwaltung. Sie sank von 275 auf 140 Männer, die sich auf vier Vereine (Hertha, Union, Dynamo und Tennis Borussia) verteilen. Die Zahl der nächstniedrigeren „Kategorie B“ stieg demzufolge von 780 auf 940 Personen.

Bereits vor einem Jahr hatte Polizeipräsident Glietsch erwogen, die Einsatzkosten von den Vereinen zurückzufordern. „Es ist dem Steuerzahler auf Dauer nicht zuzumuten, dass Fußballspiele dieser Art mit derart hohem Aufwand polizeilich begleitet werden müssen“, hatte Glietsch vor dem Spiel Union gegen Dresden gesagt. Dazu kommen noch die Kosten der Bundespolizei, die bei Risikospielen ebenfalls mit mehreren hundert Beamten die An- und Abreise sichert.

Von der Idee, den Vereinen die Kosten in Rechnung zu stellen, ist die Polizeiführung abgerückt. Dies sei politisch nicht durchsetzbar, sagte Neubeck. Stattdessen wird jetzt mit Spielverboten gedroht – als schärfstes Mittel. Möglich seien auch ein Spiel ohne Zuschauer oder eine Verlegung in ein sicheres Stadion.

Im Mai hatte die Polizei, wie berichtet, erstmals einem Klub – dem 1. FC Union – verboten, Karten an Gästefans zu verkaufen. Nachdem Union protestiert hatte, vermittelte der Deutsche Fußball-Bund einen Kompromiss: Dresdner Fans konnten nur mit Ausweis eine Karte für das Stadion Alte Försterei in der Wuhlheide kaufen. Immer noch verärgert ist die Polizei über das Desinteresse der sächsischen Behörden. Denn vor dem Spiel gegen Dresden hatte Berlin beim sächsischen Innenministerium gegen 120 Dresdener Hooligans Meldeauflagen beantragt. Tatsächlich verhängten die Sachsen lediglich vier.

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