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Berlin: Fußballprofis auf Raubzug

Zwei Spieler von SV Babelsberg und Erzgebirge Aue überfielen Spielhallen und Läden mit Macheten. Jetzt stehen sie vor Gericht

Berlin/Potsdam – Für Süleyman K. war es das vorläufige Ende seiner Karriere als Fußballprofi beim Potsdamer Drittligisten SV Babelsberg 03. Nach einer Raubserie durch Geschäfte, Cafés und Spielhallen in Moabit mit acht anderen Männern im Alter von 18 bis 23 Jahren sitzt er in Untersuchungshaft. Zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Berlin legte der 22-Jährige am Dienstag ein Geständnis ab. Auch sein mutmaßlicher Mittäter und früherer Mitspieler beim SV Babelsberg, der inzwischen für den Zweitligisten Erzgebirge Aue stürmende Guido K. (23), kündigte an, sich am zweiten Verhandlungstag zu den Vorwürfen äußern zu wollen.

In dem Verfahren geht es um sieben Raubtaten zwischen Februar und April 2011, bei denen die Gruppe laut Anklage 20 000 Euro erbeutet haben soll. Der Vorwurf lautet auf schweren Raub. Süleyman K. hatte bisher jede Tatbeteiligung bestritten. Vor Gericht sagte er: „Die Anklage stimmt, soweit es mich betrifft.“ Demnach hat er teils die Tatorte ausgekundschaftet, fuhr den Fluchtwagen und gab das Signal zum Losschlagen. Dann stürmten die maskierten, mit Reizgas, Schwert und Machete bewaffneten Mittäter, von denen Süleyman K. einige seit seiner Kindheit aus seinem Kiez kennt, die Läden. Meist waren sie im Kokain-Rausch, seit Tagen übermüdet, hatten Alkohol getrunken und rauchten Marihuana, „um wieder runterzukommen“, wie ein Mitangeklagter erklärte.

Süleyman K. sagte: „Ich habe sie hingefahren, die haben das durchgezogen und ich habe gewartet.“ Über das Handy hörte K. mit, wenn sich ein Komplize in dem Laden eine Cola bestellte, gab er das Startsignal. Dann brachen sie Spielautomaten auf, stahlen die Tageseinnahmen und machten sich davon. Dass die Bediensteten der Läden von seinen Mittätern geschlagen und mit Reizgas verletzt worden waren, sei nicht geplant gewesen. „Davon war nie die Rede“, sagte K. Schließlich sei es ihm zu riskant geworden, er hätte das Gefühl gehabt, beobachtet zu werden, und wollte aussteigen – konnte aber nicht. „Ich wollte nicht mehr mitmachen, dann sagten sie, einmal drin, immer drin.“ Doch beim letzten Raubzug am 18. April, bevor die Polizei die Bande aushob, kniff K. Er stellte sich schlafend. „Es tut mir sehr leid, was den Opfern passiert ist. Ich kann nicht nein sagen“, sagte K. „Ich habe das Problem, ich kann mich mit meiner Meinung nicht durchsetzen.“ Seine Komplizen hätten ihm ihr Ehrenwort gegeben, dass ihm nichts passiere, weil er, der Einzige in der Clique mit Führerschein, doch nur den Fluchtwagen fahre.

Was genau Süleyman K. dazu bewogen hat, bei den Raubzügen mitzumachen, soll am folgenden Prozesstag geklärt werden. K. selbst legt die Erklärung nahe, er habe seine Familie und seinen mitangeklagten und einschlägig vorbestraften Bruder Sedat (21) finanziell unterstützen wollen. „Ich habe kein Geld genommen, das hat mein Bruder bekommen.“ Lediglich etwa 200 Euro habe er einmal seiner Mutter gegeben. Beim SV Babelsberg verdiente K. im Monat zwischen 3000 und 4000 Euro, hinzu kamen 1000 Euro pro Sieg und 300 für ein Remis. Geld kann auch bei Fußballprofi Guido K. kein Motiv gewesen sein, der Deutsch-Türke hatte laut Anklage beim vorletzten Überfall den Tatort ausgekundschaftet. Es war wohl Abenteuerlust. Als Guido K. von seinem Babelsberger Mitspieler von den Überfällen erfuhr, soll er gesagt haben, „nehmt mich doch mal mit“, berichtete Süleyman K. An dem erbeuteten Geld soll Guido K. nicht interessiert gewesen sein.

Trotz des Prozesses durfte Guido K. bislang weiter für Aue auf dem Platz stehen, der Verein erklärte die Angelegenheit zur Privatsache des Spielers. Er selbst hatte die Tat als „Riesenfehler“ bezeichnet. Der Prozess wird am Donnerstag nächster Woche fortgesetzt, das Urteil soll Mitte Dezember gesprochen werden.

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