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Wer sich online über Gesundheitsthemen informiert, sollte einiges beachten.

© picture alliance / Christoph Soe

Gesundheit im Internet: Wie gut ist „Dr. Google“?

Knapp zwei Drittel der Berliner informieren sich im Internet über Gesundheitsthemen. Doch die Texte, die Suchmaschinen anbieten, haben sehr unterschiedliche Qualität. Wie erkennt man seriöse Informationen?

Wenn die Berliner eine medizinische Frage haben, dann wenden sie sich mit großer Mehrheit an ihren Arzt. Für 84 Prozent ist der Doktor die Quelle für Gesundheitsinformationen aller Art. Aber für viele ist er nicht mehr die einzige Quelle. 64 Prozent der Berliner suchen auch im Internet nach Informationen zu Krankheiten, deren Symptome und Therapien. Das ergab eine gemeinsame Umfrage von Tagesspiegel und der Krankenkasse DAK.


Das Problem dabei: Gut zwei Drittel der Befragten geben an, nur schwer beurteilen zu können, ob Informationen über eine Krankheit in den Medien vertrauenswürdig sind. Denn Gesundheitstexte im Internet sind von sehr unterschiedlicher Qualität. Nicht alle bilden den aktuellsten Stand des medizinischen Wissens ab, manche sind von Lobbyinteressen geprägt oder von den Wünschen der Anzeigenkunden, andere sind unzureichend recherchiert oder gar fachlich falsch.
Die Bundesärztekammer sieht die Kompetenz von „Dr. Google“ deshalb eher skeptisch. Google sei zunächst nur eine Suchmaschine. „Die Vertrauenswürdigkeit und Güte von Information wird von ihr in keinster Weise bewertet“, sagt Erik Bodendieck, Vorsitzender des Ausschusses Telematik der Bundesärztekammer. „Es ist eher so, dass derjenige, der am lautesten schreit oder Anzeigen bei Google zahlt, weit vorne gelistet ist.“ Oft würden Patienten durch die Suchergebnisse auch eher verunsichert. „Dann werden schon mal schnell Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit als Symptome einer Hirnblutung ausgewiesen, die eigentliche Ursache ist aber in den meisten Fällen eine Erkältung“, sagt Bodendieck.

Die Platzierung in der Trefferliste sagt nichts aus über die Qualität

Ähnlich sieht das Klaus Koch vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in Köln. Koch verantwortet in dem von den Krankenkassen finanzierten Institut unter anderem das Portal gesundheitsinformation.de, das medizinische Informationen für Laien aufbereitet. Die Platzierung eines Textes in der Trefferliste bei Google oder anderen Suchmaschinen sage nichts über die Informationsqualität aus. „Die besten Artikel zum Thema stehen nicht automatisch an vorderster Stelle, sondern finden sich vielleicht erst auf der dritten oder vierten Seite mit den Treffern“, sagt Koch. Deshalb sollte man sich bei der Recherche nicht mit den Treffern auf der ersten Seite zufrieden geben.
Um seriöse Anbieter von Gesundheitsinformationen im Internet zu erkennen, rät Koch dazu, das Impressum einer Seite zu prüfen: „Dort muss sichtbar sein, wer das Portal betreibt und ob kommerzielle Interessen dahinter stehen.“
Weitere Hinweise, um die Seriosität einer Quelle zu beurteilen, könnten Transparenzsiegel sein, wie HON und afgis. Portale, die diese Siegel tragen, müssen unter anderem offenlegen, wie sie mit Werbung umgehen und redaktionelle Inhalte und Anzeigen trennen.
Alles in allem sei bisher eine größere Kompetenz notwendig, um im Netz die seriösen Gesundheitsinformationen von anderen zu unterscheiden, was viele Nutzer überfordern dürfte, sagt Koch. Nicht nur er fordert, die Gesundheitskompetenz der Menschen generell zu erhöhen. Auch Krankenkassen wie die DAK wollen das, und das schon so früh wie möglich. „Das Thema Gesundheit gehört deshalb auf den Lehrplan aller Schulen und muss stärker den Alltag in den Kitas prägen“, sagt Andreas Storm, Vorsitzender des Vorstands der DAK. Im Fokus sollten die Themen Bewegung, Ernährung und bei Jugendlichen die Suchtprävention stehen. „Wichtig ist, diese Ansätze später zu vertiefen – zum Beispiel durch ein betriebliches Gesundheitsmanagement.“

Die Bundesregierung will ein unabhängiges, nichtkommerzielles Portal aufbauen

Und trotzdem werden nicht alle die Kompetenz erlangen können, gute von schlechten Informationen im Internet zu trennen. Ein gänzlich anderer Weg wäre es, im Internet ein unabhängiges, nicht kommerzielles Portal aufzubauen, das medizinisches Wissen so aufbereitet, dass es laienverständlich, objektiv, frei von Lobbyinteressen ist und dem aktuellen Stand der Forschung entspricht und so per se das Vertrauen der Nutzer rechtfertigt. Das sieht auch das Bundesgesundheitsministerium so und hat das IQWiG beauftragt, ein Konzept für ein Nationales Gesundheitsportal zu erarbeiten. „Das kann ein neues Portal sein, oder, was sicherlich leichter umsetzbar ist, ein Portal, dass bereits existierende Angebote verschiedener Anbieter zusammenführt, die diesen Anspruch schon jetzt erfüllen“, sagt Klaus Koch vom IQWiG. Die DAK begrüßt die Idee eines Nationalen Gesundheitsportals. „Zentraler Punkt ist dabei die Qualitätssicherung“, sagt DAK-Chef Storm. „Alle Informationen müssen auf wissenschaftlich abgesicherten Quellen basieren." Das Konzept für das Portal ist mittlerweile veröffentlicht. Ab dem kommenden Jahr könnte es schrittweise umgesetzt werden, so wie es in der Digitalstrategie des Bundesregierung festgelegt ist. Und dann bekäme „Dr. Google“ eine kompetente Konkurrenz.

Tipps, wie man gute Informationen im Internet findet, bietet das IQWiG unter www.gesundheitsinformation.de/gute-gi

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