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Berlin: Gewalttäter entkam bei Ausgang Justizsenatorin Schubert erneut in der Kritik

Der Freiheitsdrang des Cem Y. kam den Oppositionsparteien gerade recht. Einen Tag vor der gestrigen Sitzung des Rechtsausschusses flüchtete der 31-jährige Türke bei einer begleiteten Ausführung aus dem Gefängnis Tegel.

Der Mann saß dort eine mehrjährige Strafe wegen versuchten Totschlags ab, durfte aber seine in Marienfelde lebende Familie besuchen, um ihm „soziale Kontakt zu Frau und Kindern zu ermöglichen“, wie Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) sagte. „Der Strafvollzug gleicht seit Monaten einem Haus der offenen Türen“, kommentierte der CDU-Politiker Andreas Gram, der auch Vorsitzender des Rechtsausschusses ist, die neuerliche Flucht. Der CDU-Rechtsexperte Michael Braun kritisierte, dass „erneut ein Schwerverbrecher in Begleitung von Justizbeamten geflohen“ sei. Auf Betreiben von CDU und FDP sollte gestern ohnehin im Ausschuss über Pannen im Strafvollzug geredet werden. „Umstände der Flucht des Strafgefangenen Ismail F.“, stand auf der Tagesordnung. Ismail F. war im Oktober aus dem Café Kranzler getürmt, weil die Sozialarbeiterin, die ihn als Einzige begleitete, ihn allein auf die Toilette ließ. Die Flucht des Cem Y. am Mittwoch ist ähnlich merkwürdig.

Der mehrfach verurteilte Gewalttäter war in Begleitung eines bewaffneten Justizangestellten und einer Sozialarbeiterin aus der Wohnung seiner Ehefrau geflohen – wie ist unklar. Die beiden Gefängnismitarbeiter gaben an, die Tür der Wohnung von innen abgeschlossen zu haben. Drei Stunden später war Y. plötzlich weg, berichtete Schubert gestern im Ausschuss. Eine „Nacheile“ durch die Justizangestellten sei erfolglos geblieben, unklar blieb aber, wie schnell die Flucht bemerkt worden war. „Wie man aus einer verschlossenen Wohnung mit bewaffneten Bediensteten entkommen kann, muss man mir erklären“, erklärte Schubert im Ausschuss. Am Nachmittag informierte sie sich in der JVA Tegel und sprach mit den Bediensteten.

Das Haftende von Cem Y. wäre Ende September 2008 gewesen, zwei Strafen von jeweils zweieinhalb Jahren sitzt Y. derzeit quasi gebündelt ab. 1997 soll Y. in der Kreuzberger Möckernstraße einen 40-jährigen Landsmann mit mehreren Messerstichen lebensgefährlich verletzt haben. Eine ähnliche Tat datiert von August 2001. Offensichtlich soll der Mann bei Streitigkeiten schnell das Messer zur Hand gehabt haben, hieß es.

Von einem Strafvollzug der offenen Türen könne keine Rede sein, sagte Justizsenatorin Schubert: 2005 habe es 1026 Ausführungen gegeben, nur zwei Häftlinge seien dabei entkommen. Zudem sei die Sicherheit bei der Ausführung von Cem Y. hoch gewesen. Während des Transports sei er an den Händen gefesselt gewesen – nach Abschließen der Wohnungstür seien ihm die Handschellen jedoch abgenommen worden.

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