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Den Mariannenplatz als Schlafzimmer nutzte Jakob Wirth gleich zu Beginn des Projektes vergangene Woche.

© Johannes Rau/promo

Guerilla-Aktion auf Rollen: Berliner Künstler besetzen temporär Parkplätze

Mit dem Projekt „Parasite Parking“ wollen zwei Berliner eine Debatte darüber anstoßen, wie Parkplätze alternativ genutzt werden können – und ziehen durch die Stadt.

Ein großer Teil des öffentlichen Raumes wird von Fahrzeugen bedeckt, die die meiste Zeit nur herumstehen. Wie kann man Parkplätze anders nutzen – und der Öffentlichkeit besser zugänglich machen? Das war die Ausgangsfrage für die beiden Berliner Künstler Jakob Wirth und Alexander Sarachow.

Seit vergangenem Freitag besetzen sie mit einem „Parasiten“, einer Art bewohnbaren Plattform, jeweils für 24 Stunden Parkplätze an unterschiedlichen Berliner Orten. Wirth wohnt dauerhaft auf der zwölf Quadratmeter großen Plattform, kommt mit Passant:innen ins Gespräch.

Außerdem organisieren die beiden Veranstaltungen auf dem Parasiten: Auf dem Mariannenplatz sangen sie Karaoke mit der Nachbarschaft, vor dem Ikea in Lichtenberg beschallte ein experimentelles Jazz-Konzert die umstehenden Autos und Einkäufer:innen. Am Donnerstag zieht der „Parasit“ weiter zum Neuköllner Hermannplatz. Dort soll am Freitagabend ein Filmabend stattfinden, bei dem unter anderem der Kurzfilm „Zeit zu gehen – Car as extinct species“ zu sehen ist.

Auf ihrem „Parasiten“ wollen die beiden Künstler mit der Nachbarschaft und Passant:innen ins Gespräch kommen.
Auf ihrem „Parasiten“ wollen die beiden Künstler mit der Nachbarschaft und Passant:innen ins Gespräch kommen.

© Johannes Rau/promo

Die Idee kam Wirth vor zwei Jahren im Rahmen der Kunstbiennale in Chicago. „In Chicago wurden alle Parkplätze privatisiert, die Stadt hat also keinen Zugriff mehr auf diesen Straßenraum und kann auch keine Busspuren und Fahrradwege bauen“, erzählt er am Telefon. In Berlin trifft das Projekt nun auf andere Voraussetzungen. „Aber auch hier ist das Projekt klar als Guerilla-Aktion angelegt: Es geht darum, sich Raum wieder anzueignen“, sagt Wirth.

Der Parasit solle Spielräume in der öffentlichen Debatte öffnen, sagt Wirth. Das unterscheide das Projekt auch klar von reinen Protestaktionen wie jene der Klimaaktivist:innen der „Letzten Generation“: „Wir haben keine klare politische Forderung“, sagt er. Bis jetzt seien die Reaktionen überwiegend positiv: Zwar würden sich hin und wieder Menschen darüber beschweren, dass die Plattform einen Parkplatz blockiere. Die meisten würden sich aber einfach kurz dazusetzen, einen Kaffee oder ein Bier trinken und mit den Künstlern ins Gespräch kommen.

Abends finden Veranstaltungen auf der Plattform statt: Etwa Konzerte und Filmabende.
Abends finden Veranstaltungen auf der Plattform statt: Etwa Konzerte und Filmabende.

© Johannes Rau/promo

Rechtlich befindet sich der „Parasit“ in einer Grauzone: Angemeldet ist die Aktion nicht. Allerdings hat die Plattform Rollen und sogar eine Art Nummernschild, die Künstler zahlen Parkgebühren, wo nötig. „Damit sind wir im Grunde auch ein Fahrzeug“, sagt Wirth. Bislang habe es keine Probleme etwa mit Ordnungsämtern gegeben. „Sollte das passieren, parken wir einfach um“, sagt Wirth.

Auch auf diese Situation spielt der Name „Parasite Parking“ an: Letztlich werde die Plattform, wie auch ein Parasit, Teil eines schon vorhandenen Systems und gehe mit diesem eine temporäre Symbiose ein. Das Projekt ist zunächst bis zum Pfingstmontag begrenzt. „Es ist schon auch anstrengend, dauerhaft auf der Straße zu sein“, sagt Wirth. Im Sommer plane er allerdings eine neue Aktion.

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