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Berlin: Gurken nur in Konserven Auch auf der Brandenburger Agrarausstellung

spüren Bauern die Verunsicherung der Verbraucher

Paaren/Glien - Die vier Buchstaben E,H,E und C machen den einzigen Gemüsestand auf der großen Agrarmesse am westlichen Berliner Autobahnring zum begehrten Fotomotiv. Denn die Bauern vom Erdbeerhof Ricken aus Vetschau im Spreewald haben auf ihrem Schild die Abkürzung für den rätselhaften Darmkeim so groß geschrieben, dass die anderen Informationen zur sicheren Produktion fast untergehen. Obendrein steckt der Zettel in der Auslage frisch geernteter Gurken.

„Wir wissen uns einfach nicht anders zu helfen“, erklärt eine Verkäuferin die Idee: „Die Leute werden stutzig, bleiben stehen und kommen dann hoffentlich mit uns ins Gespräch“. Doch die meisten der am Donnerstag zu Tausenden auf die Agrarausstellung in Paaren/Glien strömenden Besucher machen große Bögen um Obst und Gemüse. Verkauft haben die Bauern aus Vetschau nur Konserven und Erdbeerbowle in der Flasche. „Diese Gurken und Beeren stammen doch aus dem vergangenen Jahr“, begründet Gisela Schimmanek aus Spandau ihren Kauf: „Da gab es doch noch kein Ehec.“

So wie der 53-jährigen Lehrerin geht es den den meisten Besuchern der Agrarschau mit ihren mehr als 700 Ausstellern. Frische Produkte, seien es nun Salatköpfe, Tomaten oder sogar Erdbeeren, bleiben unbeachtet. „Die Unsicherheit vieler Menschen ist inzwischen sogar so groß, dass sie selbst vor dem Verzehr von Milch zurückschrecken“, sagt der angespannt wirkende Präsident des Brandenburger Bauernverbandes, Udo Folgart. „Wir hoffen daher endlich auf einen Durchbruch der Wissenschaft. Die Ursache dieses Darmkeims muss doch zu finden sein.“ Jeder Tag mit der bislang beispiellosen Kaufzurückhaltung verschärfe die wirtschaftliche Situation der Betriebe. „90 Prozent Absatzeinbuße sind nicht zu verkraften“, meint Folgart. Er hoffe auf klärende Worte der Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner, die am Freitag an der großen Bauernversammlung in Paaren teilnehmen will.

Die eigenen Kontrollen der Brandenburger Bauern haben bislang keine Verunreinigungen an Gurken, Salat und Tomaten erbracht. „Das ist auch gar nicht möglich“, sagt Gerd Lehmann, Geschäftsführer der Vermarktungsgesellschaft „pro agro“. Sämtliches Gemüse stamme derzeit noch aus Gewächshäusern. „Dort kommen die Pflanzen nicht mit tierischen Produkten in Kontakt, weil sich selbst die Wurzeln nicht in der Erde befinden. Sie stehen in künstlicher Steinwolle und erhalten ihre Nährstoffe über Beigaben in das aus dem öffentlichen Netz angezapften Trinkwasser.“

Mit dem ausdrücklichen Hinweis auf kontrollierte Produktionsmethoden haben einzelne Betriebe im Oderbruch sogar ihren regionalen Absatz steigern können. „Das reicht aber nicht, denn wir müssen unsere Produkte überall absetzen", schränkt Bauernpräsident Folgart die kleine Erfolgsmeldung ein.

Die Besucher auf der Agrarschau ließen es sich dennoch schmecken. Große Stücke vom „Ochsen am Spieß“ waren ebenso gefragt wie Schweine- oder Geflügelfleisch. Vom Rinderwahnsinn BSE oder der Schweine- und Vogelgrippe, die in vergangenen Jahren den Ausstellern zu schaffen machten, war diesmal keine Rede . Claus-Dieter Steyer

Die Brandenburger Landwirtschaftsausstellung ist noch bis zum Sonntag von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Infos unter www.brandenburghalle.de

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