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Ein Zuschussgeschäft. Der neue Flughafen ist noch immer eine riesige Baustelle.

© dpa

Gutachten zum Flughafen: BER rechnet sich auch nach Inbetriebnahme nicht

Ein neues Gutachten erwartet auch nach der Inbetriebnahme des neuen Großflughafens weitere Verluste. Das Defizit müssten Steuerzahler ausgleichen.

Der neue Hauptstadt-Flughafen in Schönefeld wird ein Millionengrab. Das prognostiziert ein am Mittwoch vorgestelltes Gutachten des Chemnitzer Finanzwissenschaftlers Friedrich Thießen im Auftrag der Grünen-Fraktionen Berlins, Brandenburgs und im Bundestag. Danach kann der Steuerzahler die inzwischen in den BER geflossenen 4,7 Milliarden Euro abschreiben – und nicht mehr mit der einst versprochenen Refinanzierung aus Gewinnen rechnen.

Von dieser Hoffnung hatten sich die Parlamente ohnehin bereits verabschiedet. Die eigentliche Überraschung der Wirtschaftlichkeitsanalyse ist aber, dass der BER erst mit der nächsten Spritze der öffentlichen Hand – Flughafenchef Hartmut Mehdorn verlangt 1,1 Milliarden Euro – in eine dramatische Verlustzone rutschen wird.

Denn bislang, so das Ergebnis Thießens, wären Berlin, Brandenburg und der Bund mit einem blauen Auge davongekommen, obwohl der einst mit 2,5 Milliarden Euro kalkulierte Airport sich bereits auf 4,7 Milliarden Euro verteuert hat. Bliebe es dabei, so die Studie, würde der BER im ersten Jahr nach Inbetriebnahme einen Verlust von rund 153 Millionen Euro erwirtschaften, die vom Vermögen abgeschrieben werden könnten.

Die Kassen des Flughafens wären aber immer noch mit einem Cashflow von rund 37,1 Millionen Euro gefüllt, damit weitere Investitionen möglich sind, die Gesellschafter müssten nicht zur Kasse gebeten werden, so der Gutachter. Der Flughafen habe Geld auf der Bank, verbrauche aber sein Vermögen, das mit Mitteln der Steuerzahler aufgebaut worden sei. Allerdings interessiere die Rentabilität von Flughäfen traditionell wenig, heißt es dazu in der Studie, „wenn nicht ständig nachfinanziert werden muss“.

Die Schmerzgrenze ist bald erreicht

Aber genau darauf steuert der BER mit der nächsten Milliarde zu. „Die Schmerzgrenze wird erreicht, wenn der Cashflow negativ ist“, sagte Thießen. Er gehe davon aus, dass dies nach der nächsten halben Milliarde der Fall ein wird. Ein genaues Szenario, wie die Wirtschaftlichkeit und die Verluste bei der absehbaren Kostenexplosion auf 5,8 Milliarden Euro aussehen, will Thießen nachliefern. Nach ersten Schätzungen werden Berlin, Brandenburg und der Bund im laufenden Betrieb jedes Jahr Millionenverluste ausgleichen müssen.

Für die Fraktionen der Grünen in Berlin, Brandenburg und im Bundestag als Auftraggeber sind die Prognosen ein neuer Beleg für das „riesige finanzielle Desaster“ um den Airport, wie Vize-Bundestagsfraktionschef Oliver Krischer sagt. Die Milliarden sind für den Steuerzahler weg, sagt Brandenburgs Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. „Die Kosten sind eine schwere Hypothek“, sagt die Berliner Grünen-Fraktionchefin Ramona Pop. Der BER, als mittelgroßer Flughafen konzipiert, müsse als solcher solide fertiggestellt werden. „Es dürfen keine weiteren Blankoschecks ausgestellt werden“, so Pops Forderung an die Berliner Senatskoalition aus SPD und CDU.

Das ist auch die Forderung der CDU-Opposition in Brandenburg an alle BER-Verantwortlichen. Die Kostenhypothek ist in engem Zusammenhang mit der Kapazitätsfrage – der BER in seinem jetzigen Stadium wäre zum Start bereits zu klein – laut Gutachten das größte Problem. Ein strengeres Nachtflugverbot dagegen hätte keine Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit, so das Gutachten. „Berlin hat eine solitäre Lage. Ein Ausweichen der Airlines auf andere Flughäfen ist praktisch ausgeschlossen.“ Jede Airline, die wegen eines Nachtflugverbotes Flüge nicht anbiete, werde sofort von anderen ersetzt.

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