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Jörg Kaminski (im Hintergrund) berät einen Klienten.

© privat

In jüdischer Trägerschaft: Neue Beratungsstelle in Berlin hilft Behinderten bei Rechtsproblemen

Behinderte Menschen stärken, damit sie ihre Rechte besser verstehen und durchsetzen können: Das will eine neue Beratungsstelle in Berlin leisten.

Auf einem schwarzen Ledersofa sitzen Menschen, die bei Judith Tarazi und ihrem Team Hilfe suchen, umgeben von selbst gemalten Bildern und Mosaiken, die bis zur Decke reichen. Die, die auf dem Sofa sitzen, sprechen etwa darüber, was sie tun können, wenn das Amt ihren Antrag auf Schwerbehinderung abgelehnt hat. Hier finden sie Antworten: „Viele wissen nicht, dass sie vier Wochen Zeit haben, um schriftlich Widerspruch einzulegen“, sagt Tarazi.

Es sind Probleme, mit denen sich Menschen ohne Behinderung nicht auseinandersetzen müssen. Wer die Beratungsstelle „Recht haben – Recht bekommen“ aufsucht, der oder die hat eine Behinderung, eine psychische Erkrankung oder Angehörige mit einer Behinderung. Tarazi verantwortet das Projekt, das seit Januar in den Räumen des jüdischen Kunstateliers Omanut unweit des Ku’damms untergebracht ist. Die ausgebildete Kunsttherapeutin leitet auch das Atelier.

„Wir stärken und motivieren die Menschen im Gespräch“, erzählt Jörg Kaminski, einer der vier Berater:innen. Er und seine Kolleg:innen unterstützen die Ratsuchenden bei Problemen, die behinderte Menschen typischerweise haben: Briefe vom Amt verstehen, Pflegegeld beantragen, gegen Diskriminierung vorgehen. Die Beratung ist kostenlos und bewusst niedrigschwellig angelegt.

Judith Tarazi mit Jörg Kaminski im Atelier Omanut.

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Das Konzept nennt sich Peer-Beratung. Einige hier haben selbst eine Erkrankung und kennen die Perspektive der Klient:innen. „Wenn man bestimmte Erfahrungen gemacht hat, kann man sich besser in das Gegenüber hineinversetzen“, sagt Kaminski. Die Gespräche finden auf Deutsch, Russisch, Englisch, Hebräisch, Französisch und Italienisch statt. Weil in der Beratungsstelle keine Jurist:innen arbeiten, vermitteln sie Klient:innen bei Bedarf weiter.

Träger des Ateliers und der Beratungsstelle ist die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Die Organisation Aktion Mensch fördert das Projekt, zunächst für drei Jahre. Zur Beratungsstunde können alle kommen, nicht nur Jüd:innen. Viele aber, die jüdisch sind, kommen extra zu Tarazi, weil sie und die Berater:innen ihre Lebenswelt kennen. Dass es für manche wichtig ist, dass das Pflegeheim koscheres Essen anbietet oder dass sie am Schabbat nicht Auto fahren, müssen sie nicht erklären.

In diesem Zimmer findet die Beratung statt. Nebenan arbeiten Menschen an Mosaiken und Bildern. Hier hängen einige der Werke an der Wand.

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Bis vor wenigen Monaten war im Atelier eine andere Beratungsstelle untergebracht: die Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung – die einzige ihrer Art in jüdischer Trägerschaft. Aufgrund einer neuen Richtlinie fiel sie der Kürzungspolitik des Bundes zum Opfer.

Tarazi und Kaminski sprechen nicht gern darüber. Ihnen ist es wichtig zu betonen, dass sie nach vorn schauen. „Wir bauen auf Erfahrungen der vergangenen Jahre auf, machen mit der Beratung zu rechtlichen Problemen aber etwas Neues“, sagt Tarazi. Im Rahmen der alten Stelle hatten sie und ihr Team behinderte Menschen in Fragen der gesellschaftlichen Teilhabe beraten.

Die neue Beratungsstelle „Recht haben – Recht bekommen“ hat dienstags bis freitags von 11 bis 15 Uhr geöffnet. Tarazi bittet um eine Terminvereinbarung per Telefon (030-887133931723) oder E-Mail (tarazi@zwst.org). Die Räume sind im zweiten Stock des Vorderhauses in der Joachimsthaler Straße 13.

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