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Wenn es einen eindeutigen Sieger beim Molkenmarkt gäbe, könnte es dieser sein - vom Büro OS arkitekter mit czyborra klingbeil architekturwerkstatt.

© Simulation: promo/Architekturbüro cka

Exklusiv

Kein klarer Siegerentwurf für die Umgestaltung : Bündnis ruft zu neuer Entscheidung über den Berliner Molkenmarkt auf

Die Juryentscheidung, keinen Sieger zu küren, hatte für Empörung gesorgt. Mehr als 160 Einzelpersonen, Gruppen und Vereine fordern einen ordentlichen Abschluss.

Ein eindeutiges Votum für einen städtebaulichen Entwurf, am besten für denjenigen von OS arkitekter mit czyborra klingbeil architekturwerkstatt – das fordert ein breites gesellschaftliches Bündnis für den Berliner Molkenmarkt. Die Gruppe besteht aus mehr als 160 Einzelpersonen sowie dem Landesverband des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten, dem Berliner Mieterverein, der Koalition der Freien Szene, dem Rat für die Künste, BUND Berlin, dem Verein Fluss Bad Berlin, der Neuen Gesellschaft für bildende Kunst, und dem Theater TD Berlin. Formuliert sind diese Forderungen in einem Aufruf, der dem Tagesspiegel vorab vorliegt.

Auch die stadtentwicklungspolitischen Sprecher der Fraktionen von Grünen und Linken im Abgeordnetenhaus, Julian Schwarze und Katalin Gennburg, gehören zu den Erstunterzeichnenden, ebenso wie der Chefredakteur der Architekturzeitschrift Arch+ und die Präsidentin der Berliner Architektenkammer.

Vor zwei Wochen war das Werkstattverfahren zum Städtebau am Molkenmarkt zu Ende gegangen – mit einer Jurysitzung, in der kein Sieger aus den beiden Entwürfen gekürt wurde. Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt hatte die Jury mit der Behauptung überrumpelt, es sei ohnehin nie die Wahl eines einzigen Siegerentwurfs vorgesehen gewesen, was anschließend breite Überraschung bis Empörung ausgelöst hatte. Stattdessen will Kahlfeldt die weitere Planung in die Stadtentwicklungsverwaltung holen.

Plädoyer für klaren Sieger

Das Verfahren müsse erneut aufgenommen und mit einem klaren Votum für einen der beiden Entwürfe abgeschlossen werden, fordert nun der Aufruf. Das Werkstattverfahren habe gezeigt, dass es möglich sei, die in einem Bürgerbeteiligungsverfahren gewonnenen Leitlinien umzusetzen.

Die Unterzeichenenden stellen fest, dass der Entwurf von OS arkitekter mit czyborra klingbeil architekturwerkstatt diesen Leitlinien habe „voll entsprechen“ können: „Auch der zweite prämierte Entwurf von Bernd Albers, Silvia Malcovati und Vogt Landschaftsarchitekten hat im Verlauf des Werkstattverfahrens eine stärkere soziale und ökologische Ausrichtung erfahren.“ Bezahlbarer Wohnraum, flexible Nutzbarkeit und Klimaresilienz sind neben kostengünstigen Kulturnutzungen und einem Aufgreifen der Geschichte des Ortes Anforderungen, die in den Leitlinien festgeschrieben sind.

Angesichts der Bürgerbeteiligung sei es unverständlich, dass das Verfahren „ohne die Auswahl eines Entwurfs für die Weiterarbeit beendet wurde.“ Der Aufruf kritisiert eine „willkürliche Beendigung des Verfahrens“ und fordert die politisch Verantwortlichen auf, „das demokratische Verfahren in vollem Umfang durchzusetzen.“ De facto bedeutet das, dass die Jury erneut zusammentreten und sich für einen der beiden Entwürfe als finalen Siegerentwurf entscheiden müsste.

Wir befürchten, dass sich bei künftigen Wettbewerben keine namhaften Büros mehr bewerben werden.

Matthias Grünzig, Mitverfasser des Aufrufs

Laut Matthias Grünzig, Bürgervertreter beim Werkstattverfahren Molkenmarkt und Mitverfasser des Aufrufs, bestünde sonst die Gefahr eines nachhaltigen Schadens an der Wettbewerbskultur: „Wir befürchten, dass sich bei künftigen Wettbewerben keine namhaften Büros mehr bewerben werden, wenn im Raum steht, dass aus dem Wettbewerb am Ende kein Sieger hervorgeht.“

Das Verfahren geordnet zu Ende bringen will auch der Architekt Matthias Sauerbruch vom renommierten Architekturbüro Sauerbruch Hutton. Er hat den Aufruf ebenfalls mitgeschrieben. „Es handelt sich bei diesem neuen Viertel um eine wichtige Chance auszuprobieren, wie wir die drängenden Themen der Zeit wirklich lösen können: Wie kann das gehen mit der Schwammstadt, mit bezahlbarem Wohnraum, mit einem Viertel ohne Autorverkehr? Wie kann das gehen mit der Ernte von erneuerbaren Energien?“, sagte er dem Tagesspiegel. Der Aufruf wird an diesem Donnerstag online veröffentlicht und soll auch an den Senat geschickt werden.

In einer am Montag veröffentlichten Presseerklärung fordert auch die Architektenkammer Berlin, dass „die Senatsverwaltung die Entscheidung nochmals überdenkt und die Kompetenz unseres Berufsstandes einbezieht“. Ein Ergebnis ohne eine klare Entscheidung für ein Siegerteam, wie nun am Molkenmarkt erfolgt, sei „enttäuschend“ und stehe für eine Prozess- und Planungskultur, deren Spielregeln dringend hinterfragt werden müssten: „Denn welche Motivation sollte unsere Mitglieder beflügeln, an diesen aufwendigen Verfahren teilzunehmen, die ihre geistig-schöpferische Leistung nivellieren?“

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