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Berlin wächst immer weiter - der Senat sucht nach Wegen, damit umzugehen.

© Paul Zinken/dpa

Update

Klausurtagung: Berliner Senat spricht über die wachsende Stadt

Zwei heikle Themen werden bei der Klausurtagung vermieden. Dafür ist die wachsende Stadt Thema - und die Wohnungsnot.

Von Sabine Beikler

Die Stimmung in der Koalition ist zurzeit nicht die beste: Grüne und Linke wollen Korrekturen bei der Verteilung der 650 Millionen Euro für das „Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt“ (Siwana) und ärgern sich über das Verfahren, das die Finanzverwaltung von Senator Matthias Kollatz (SPD) an sich gezogen hatte. Dann gibt es wie berichtet Ärger über die Prioritätensetzung beim Nahverkehrsplan. Aber trotzdem würden alle „gut zusammenarbeiten“, sagte Kultursenator Klaus Lederer (Linke), nachdem der Senat drei Stunden auf Klausurtagung war. „Voller Elan und Tatkraft“ sei man gestartet, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD).

Rot-Rot-Grün stimmte nach kurzer Debatte die Berlin-Strategie ab, für die es wie berichtet im August schon einen Referentenentwurf gegeben hatte. 2014 hatte der damals rot-schwarze Senat eine Berlin-Strategie beschlossen, die 2016 zur „Berlin Strategie 2030 2.0“ aktualisiert wurde. In der Fortführung der Strategie zur „Berlin Strategie 2030“ sollen jetzt die Themenfelder Wirtschaft, Kreativität, Bildung und Qualifizierung, Vielfalt der Quartiere, Stadt und Grün, klimagerechte Metropole sowie Mobilität und gemeinsame Zukunftsgestaltung angepasst werden. Denn Berlin wächst - und zwar schneller als erwartet. Vor ein paar Jahren ging man von einem Zuzug von 240 000 Neuberlinern in zehn Jahren aus. Heute rechnet man schon mit 400.000 Zuzüglern plus eine nicht zu bestimmende Zahl von Flüchtlingen.

Die Koalition strebt das Leitbild einer offenen Stadtgesellschaft an. Wie dies genau definiert wird, welche Konsequenzen daraus für eine soziale und ökologische Stadtpolitik entstehen, ist noch offen. Konkret wollte die Koalition auf ihrer Klausur über die Liegenschaftspolitik sprechen. Am kommenden Dienstag soll im Senat eine „bodenpolitische Strategie“ verabschiedet werden. Müller sagte, allen drei Koalitionspartnern sei es wichtig, die Liegenschaften des Landes einzusetzen für Wohnungsbau, Kultur und Gewerbe. „Wir müssen weitere Potenziale erschließen.“ Man wolle das Ziel schon erreichen, 30 000 neue Wohnungen zu bauen.

Preiswerten Wohnraum sichern

Das Land hat bereits Leitlinien zum Umgang mit landeseigenen Grundstücken auf den Weg gebracht. Statt wie früher Flächen meistbietend zu verkaufen, sollen sie gesichert werden. Die Debatte über den Rückkauf von Wohnungen läuft wie berichtet in der Koalition. Um die Schaffung preiswerten Wohnraums in Berlin zu sichern, werden nach den Leitlinien geeignete Grundstücke des Liegenschaftsfonds, der Bezirke und und aus dem Sondervermögen Daseinsvorsorge- und nicht betriebsnotwendige Bestandsgrundstücke des Landes Berlin (SODA) an die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften direkt vergeben.

Bereits im September hatte der Senat beschlossen, die Erbbauzinsen für Neuverträge um die Hälfte zu senken. Diese Verfügung gilt für Erbbaurechte, die innerhalb der nächsten fünf Jahre bestellt werden und wird ab Vertragsabschluss zunächst für 20 Jahre garantiert. Die Erbbauzinsen für soziale, kulturelle und sportliche Zwecke wurden von drei auf 1,5 Prozent, für Wohnen von 4,5 auf 2,25 Prozent und für förderungswürdiges, produzierendes Gewerbe von drei bis fünf auf 1,5 bis 2,5 Prozent gesenkt. Auch der Erbbauzins für Gewerbe wurde von 6,5 Prozent auf 3,25 Prozent vermindert werden. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) sagte, man wolle Grundstücke weiter entwickeln und schneller nutzbar machen. Und bei der Grundstücksvergabe sollen Genossenschaften stärker berücksichtigt werden.

Niedrigere Zinssätze sollen für Genossenschaften attraktiv sein

Angesichts der Sondersituation durch die extrem niedrigen Zinsen auf dem Kapitalmarkt will der Senat durch die Absenkung des Erbbauzinses für landeseigene Grundstücke Anreiz für Wohnungsbau bieten. Die niedrigeren Zinssätze sollen für Genossenschaften ebenso wie für Gewerbe attraktiv sein. Der Erbbauzins bezieht sich auf den Grundstückswert, der in einem Bewertungsgutachten festgestellt wird. Er ist im Grundsatz ein Entgelt für die Bodennutzung. Berlin hat bisher 4100 Erbbaurechte vergeben, Hamburg 4400. Die Hansestadt hat den Erbbauzins auf 2,2 Prozent für Gewerbe und 2,1 Prozent für Wohnen gesenkt.

Weitere Themen auf der bis 22 Uhr geplanten Klausurtagung sollen Digitalisierung sowie Personalpolitik und Vergütung sein. Finanzsenator Kollatz ist derzeit Vorsitzender und damit Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (TdL). Die TdL verhandelt seit dem 21. Januar unter anderem mit den Gewerkschaften Verdi und Erziehung und Wissenschaft (GEW).. Die Gewerkschaften fordern Einkommensverbesserungen „im Gesamtvolumen von sechs Prozent“, mindestens aber 200 Euro mehr pro Monat für jeden Angestellten bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Erstmals tritt die BVG seit 2012 am Freitag wieder in einen Streik: Mehr als eine Million Fahrgäste werden durch den Ausstand bis 12 Uhr Mittag bei U-Bahn, Tram und Bussen betroffen sein.

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