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Berliner Polizei: Kürzer arbeiten macht krank

Seit der testweisen Einführung von Acht-Stunden-Schichten ist der Krankenstand der Berliner Polizei signifikant gestiegen. Im alten Modell mussten die Beamten zwölf Stunden arbeiten und hatten dafür mehr freie Tage. Die Gewerkschaft ist gegen die neue Regelung.

Berlin - Acht-Stunden-Schichten sind offensichtlich ungesünder, als zwölf Stunden zu arbeiten. Bei der Berliner Polizei ist sechs Wochen nach der testweisen Einführung der neuen Arbeitszeiten der Krankenstand signifikant gestiegen. Die auf zunächst ein Jahr befristete Regelung gilt für die 240 Beamten der Einsatzleitzentrale im Präsidium, in den Lagediensten der einzelnen Direktionen sowie der kriminalpolizeilichen Sofortbearbeitung. Insgesamt sind es 900 Polizisten.

In der Leitzentrale, in der die Notrufe unter „110“ angenommen werden, sind derzeit 25 Prozent krankgeschrieben, bei der Kripo hat sich der Krankenstand nur leicht erhöht. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) teilte nun mit: „Jetzt treten die Probleme dieser familienfeindlichen und gesundheitsschädlichen Arbeitszeit bereits nach sechs Wochen offen zutage. Viele Polizisten arbeiten lieber länger am Stück, weil sie dann insgesamt weniger Tage pro Woche zum Dienst kommen müssen. Die Polizeiführung ist für kürzere Arbeitszeiten, weil damit die Personalstärke genauer eingeteilt werden kann. Bei 12-Stunden-Schichten sitzt ein Teil des Personals in Zeiten mit wenigen Vorfällen beschäftigungslos herum.

Die GdP kritisierte in einer Mitteilung, dass die neue Regelung „gegen den entschlossenen Widerstand der Beschäftigten, der Personalräte und der Gewerkschaften durchgesetzt“ worden sei. Polizeipräsident Dieter Glietsch betonte dagegen, dass es nur ein Probejahr sei und die Regelung wieder korrigiert werden könne. Zudem seien Arbeitsmediziner der FU beauftragt, den Probelauf wissenschaftlich zu begleiten. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sagte am Donnerstag im Parlament mit ironischem Unterton, er hoffe, „dass die Epidemie bald wieder vorbei sein wird“ – er vermutet eher psychologische als körperliche Gründe für die Krankmeldungen.

Die GdP sieht in der kürzeren Arbeitszeit sogar die öffentliche Sicherheit beeinträchtigt und im hohen Krankenstand eine „Gefährdung der Bürger durch nicht aufgenommene 110-Notrufe“. Dem widersprechen Körting und das Polizeipräsidium vehement. Einen Zusammenhang zwischen Krankenstand und Wartezeit bei der 110 stritt Körting ab. Das Polizeipräsidium bestätigte aber, dass zuletzt am 2. Februar zahlreiche Notrufe nicht sofort angenommen werden konnten. An diesem Abend zogen mehrere hundert Linksautonome randalierend durch Friedrichshain. Zahlreiche Menschen meldeten Sachbeschädigungen und andere Beobachtungen. Zwischen 21 und 23 Uhr wurden von 351 eingegangenen Notrufen 148 nicht innerhalb von zehn Sekunden angenommen, teilte das Präsidium mit: „Ein Zusammenhang mit dem Krankenstand besteht nicht.“ An den Tagen davor und danach seien maximal fünf Notrufe pro Stunde nicht sofort angenommen worden, obwohl auch an diesen Tagen bis zu 200 Notrufe pro Stunde gezählt wurden. Diese hätten sich aber gleichmäßig verteilt. „Aufsehenerregende Sachverhalte führen zu außergewöhnlich vielen Anrufen in kurzer Zeit“, teilte die Polizei mit. Solche „Spitzen“ kennt auch die Feuerwehr. Steht irgendwo eine Rauchsäule über der Stadt, klingelt die 112 dutzendfach – jeder Anrufer meldet den gleichen Brand. Viele landen dann nach zehn Sekunden in einer Warteschleife.

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