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Schule: Dauerkranke Lehrer: Zöllner will Ursachen erforschen

Immer mehr Pädagogen fallen für lange Zeit aus. Zurzeit sind es fast 1000. Eine neue Arbeitsgruppe soll herausfinden warum.

Zwei Fragen stehen im Raum, seitdem Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) am Freitag seine Bilanz zur Lehrerversorgung vorgelegt hat. Erstens: Woher kommt der drastische Anstieg bei den Dauerkranken um 285 auf fast 1000? Zweitens: Warum nennt Zöllner es „erfreulich“, wenn immer noch fast 300 Schulen zu wenig Lehrer haben?

Die erste Frage stellt sich Zöllner offenbar selbst: „Das hat uns schon stutzig gemacht“, sagte gestern die Sprecherin der Bildungsverwaltung, Anne Rühle. Deshalb sei jetzt eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden, die sich um die Dauerkranken kümmern und nach Gründen für die Probleme suchen soll.

Neu ist diese Idee allerdings nicht: Schon im Jahr 2005 hatte der damalige Bildungssenator Klaus Böger (SPD) vor dem Hintergrund drastisch steigender Langzeiterkrankungen eine solche Arbeitsgruppe einberufen. „Die hat aber nur einmal getagt“, erinnert sich Manfred Triebe, in der Lehrergewerkschaft GEW zuständig für Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Noch ein anderes Instrument aus dem Jahr 2005 hat sich als untauglich erwiesen: die Präventionsgespräche, die Schulleiter mit Langzeiterkrankten nach ihrer Rückkehr führen sollten. „Die Schulleiter betrachten das als lästige Sache“, begründet Triebe den Misserfolg. Er bedauert, dass der Senat damals den GEW-Vorschlag nicht aufgegriffen hat, die Schulleiter speziell zu schulen. Schließlich sei es keine einfache Sache, wirksame Gespräche mit Menschen zu führen, die durch Burnout oder lebensbedrohliche Krankheiten aus der Bahn geworfen wurden.

Auch die Bildungsverwaltung hat inzwischen begriffen, dass das jetzige Prozedere der Präventionsgespräche nicht viel bringt. Im Rahmen des Bürokratieabbaus hat Zöllner bereits verfügt, dass die Formalitäten rund um diese Gespräche wegfallen. Stattdessen setzt er jetzt mehr darauf, die „Wertschätzungskultur“ zu pflegen, damit Lehrer und Schulleiter sich weniger gegängelt fühlen.

Den Lehrern fehlt es aber nicht nur an Wertschätzung. In den Schulen heißt es übereinstimmend, dass ihnen vor allem Reformdruck und Arbeitszeiterhöhungen zusetzten. Zudem seien sie mehrheitlich in einem Alter, in dem schwere Krankheiten wie Krebs häufiger aufträten. Da die früher übliche Altersermäßigung ebenso weggefallen sei wie die Altersteilzeit und sich gleichzeitig die finanziellen Bedingungen für den Vorruhestand verschlechtert hätten, sei der Anstieg bei den Langzeitkranken nicht verwunderlich.

Die zweite Frage, warum Zöllner es „erfreulich“ nennt, wenn immer noch fast 300 Schulen zu wenig Lehrer haben, beantwortet sich einfacher: „Man muss unterscheiden zwischen der Stundentafel und dem Rest“, erläutert Sprecherin Anne Rühle. Um den regulären Unterricht abdecken zu können, komme Berlin mit rund 80 Prozent der Lehrer aus. Die restlichen 20 Prozent seien für zusätzliche Fördermaßnahmen vorgesehen, wie „Deutsch als Zweitsprache“. Liege eine Schule unter 100 Prozent, könne sie also noch die Stundentafel abdecken.

Die Schulen hören diese Argumentation ungern. Denn jahrelang wurde ihnen vorgeworfen, dass die Migrantenkinder kein Deutsch könnten, weil die Schulen zu häufig die Sprachförderung als Steinbruch für die Vertretungsstunden genutzt hätten. Susanne Vieth-Entus

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