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Foto: dpa/Bernd Settnik

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Berlin: Liberale suchen das Weite

Erneut verlassen FDP-Mitglieder kollektiv die Partei – aus Missfallen über den Kurs in Land und Bund.

Templin/Potsdam - Um Andreas Büttner, den Fraktionschef der FDP im brandenburgischen Landtag, wird es einsam – zumindest in seinem Ortsverband in Templin. Dort erklärten jetzt neun von 14 Mitgliedern ihren Austritt aus der Partei. Der bisherige Chef der Templiner Liberalen, Alexander Genschow, begründete das mit Verfehlungen der Parteiführung auf Bundes- und Landesebene.

Es ist nicht das erste Mal, dass die FDP-Basis in Brandenburg, die ein solides Fundament an Mandaten auf kommunaler Ebene hat, gegen die Parteioberen rebelliert. Im Frühjahr verließ ein großer Teil des FDP-Ortsverbands Treuenbrietzen (Potsdam-Mittelmark), einer Hochburg der Liberalen mit knapp 35 Prozent bei der Kommunalwahl 2008, die Partei und gründete einen Bürgerverein. Zurück blieb ein kläglicher Rest.

In Templin kam die FDP auf acht Prozent und drei Stadtverordnete, die alle ihr Parteibuch abgaben. Darunter ist auch der bisherige Direktkandidat für die Bundestagswahl 2013, Oliver Sajons. Damit hat die Partei in der 16 500-Einwohner- Stadt noch fünf Mitglieder, darunter Büttners Familienangehörige. „Der durch die FDP-Führung in Bund und Land zu verantwortende Verfall der Partei hat die FDP in eine ausweglose Situation geführt“, heißt es in einer Erklärung. Die FDP habe es versäumt, den Wählerauftrag ernst zu nehmen und umzusetzen. Ausdruck dessen seien schlechte Umfragewerte von unter fünf Prozent. Im Bund habe sich die FDP von der Union erniedrigend vorführen lassen, ständig liberale Positionen wie eine grundlegende Steuerreform aufgegeben und ihre Glaubwürdigkeit eingebüßt.

Ex-Ortschef Genschow begründet den Parteiaustritt auch mit den Querelen zwischen Parteichef Beyer und Fraktionschef Büttner mit der Landtagsabgeordneten Linda Teuteberg. Beyer hatte Teuteberg vorgeworfen, ihrer Aufgabe als Abgeordnete und Parteivizechefin nicht gerecht zu werden, und ihr das Vertrauen entzogen. Zudem sei sie für Indiskretionen rund um die Kandidaten der märkischen FDP für die Bundestagswahl verantwortlich. Eine Aussprache dazu auf dem Landesparteitag vor knapp drei Wochen wendete die Parteitagsregie geschickt ab. Genschow wirft der Führungsriege Heuchelei, Prinzipien- und Konzeptlosigkeit sowie die Unfähigkeit vor, Kritik ertragen zu können. Ein Landesverband, der seine stellvertretende Parteichefin diskreditiere und denunziere, habe die moralische Integrität verloren, so Genschow. Tatsächlich hatte Teuteberg im Landtagswahlkampf auf den Wahlplakaten das Gesicht der FDP geprägt, gilt in der Bundespartei als großes Talent und genießt auch in anderen Parteien einen guten Ruf.

Die Landes-Liberalen nannten den Austritt der Templiner Parteikollegen „schmerzlich“ – und verwiesen auf eine stabile Mitgliederzahl. Die Bundespartei wollte den Vorgang nicht näher kommentieren. Es hieß lediglich, derlei sei zwar nicht schön für die Liberalen, aber solche Überwerfungen gebe es immer mal wieder. Zudem handele es sich auch nur um einen Ortsverband, weshalb die Austritte nicht überbewertet werden sollten.

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