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Aus der Regierung gewählt: Linke will von Piraten lernen

Nach der Niederlage bei der Wahl am Sonntag kündigte die Partei eine kämpferische Oppositionspolitik an. Harald Wolf strebt dabei nicht Fraktionsvorsitz an.

Vielleicht waren sie einfach zu bescheiden. Das ist zumindest eine der Erklärungen der Berliner Linken-Spitze für das magere Wahlergebnis, das nach fast zehn Jahren gemeinsamer Regierungszeit die rot- rote Koalition mit der SPD beendet. „Wir hätten die Leistungen der Linken im Wahlkampf deutlicher machen und selbstbewusster mit unseren Pfunden wuchern sollen“, sagt der Landesparteichef Klaus Lederer am Montag bei einer Pressekonferenz mit Spitzenkandidat Harald Wolf und den beiden Bundesparteivorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst.

Künftig will die Berliner Linke selbstbewusster auftreten, kündigt Lederer an: „Wir werden kämpfen.“ Es gebe „keinen Grund, in Sack und Asche zu gehen“. Wolf will seine Erfahrungen als Senator nutzen, um künftig aus der Opposition für Alternativen zu streiten und sich „auch ohne Amt vernehmbar äußern“. Für den Fraktionsvorsitz im Abgeordnetenhaus, den er bereits vor seiner Zeit als Wirtschaftssenator innehatte, will sich Wolf nicht bewerben. Wohl auch mit Rücksicht auf seinen jüngeren Bruder Udo, der die Fraktion bislang führt: „Wir haben gegenwärtig einen Vorsitzenden, der das gut macht“, sagt Harald Wolf.

Bevor sie mit ihrer von 23 auf 20 Mitglieder geschrumpften Abgeordnetenhausfraktion der künftigen Landesregierung Paroli zu bieten gedenkt, will die Berliner Linke allerdings noch nach Ursachen für ihr mageres Abschneiden suchen. So will man ergründen, wieso die Themen der Linken nur noch 11,7 Prozent der Wähler überzeugten, 1,7 Prozentpunkte weniger als vor fünf Jahren.

Gerade unter jüngeren Wählern habe die Linke besonders verloren, sagt Lederer. Und Wolf rechnet vor, dass rund 12 000 Wähler von seiner Partei zu den Piraten gewandert seien. Diese neue Partei habe mit ihrem Anspruch auf mehr Transparenz ein „Unbehagen“ am Auftritt der etablierten Parteien artikuliert, nun müsse die Linke sehen, was sie für die Präsentation ihrer politischen Positionen davon lernen könne, sagt Wolf.

Aus Sicht von Beobachtern wie dem FU-Politikwissenschaftler Gero Neugebauer, der sich intensiv mit der Linken beschäftigt hat, hat die Partei nun auf den Oppositionsbänken im Abgeordnetenhaus die Chance, sich wieder auf ihre Stärken zu besinnen. Sie habe sich in der Regierungszeit zu sehr an die politischen Gegebenheiten angepasst, ihre Anhänger nicht ausreichend gepflegt, ihre Erfolge zu wenig herausgestellt und in letzter Zeit keine eigenen Projekte mehr entwickelt, für die man sie zum dritten Mal in eine Regierung hätte wählen sollen, sagt Neugebauer. In der Opposition ginge es nun für die Linke darum, „wieder gegen den Stachel zu löcken“ und zusammen mit den außerparlamentarischen Oppositionsgruppen in der Stadt nach Alternativen zur Regierungspolitik zu suchen. Und die Partei müsse „lauter“ werden, um künftig zwischen den Piraten und der stärksten Oppositionspartei – entweder der CDU oder den Grünen – aufzufallen. „Die können nicht weiter wie graue Mäuse durch die Gegend schleichen“, sagt Neugebauer.

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