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Berlin: „Mach’s gut“

Ob im Roten Rathaus oder im Weddinger Kiez: Berliner trauern um Harald Juhnke

Ursula Wittmann hat einen Notizzettel mitgebracht. „Mach’s gut, grüße Pfitze und Biggi, spielt ihr drei ,oben’ weiter“, hat die 70-Jährige draufgeschrieben. Geduldig wartet sie am Sonnabendvormittag, bis sich Klaus Wowereit als Erster ins Kondolenzbuch für Harald Juhnke eingetragen hat. Als der Regierende Bürgermeister fertig ist, setzt sich Ursula Wittmann an den Tisch in der Eingangshalle, auf dem neben dem Juhnke-Foto eine Kerze und ein Strauß Rosen stehen und überträgt ihre Widmung vom Notizzettel in das große Buch. „Wir Älteren werden ihn besonders vermissen“, sagt die Rentnerin aus Weißensee dann. „Seine Spritzigkeit, seine Natürlichkeit – so was kommt nicht wieder.“

Vor dem Tisch mit dem Kondolenzbuch stehen geduldig viele andere Verehrer Juhnkes, die meisten jenseits der 60. Den ganzen Tag über reißt die Schlange der Kondolierenden nicht ab, auch im Theater am Kurfürstendamm trugen sich viele Berliner in ein ähnliches Buch ein. „Es tut weh, dass einer gegangen ist, der uns so viel Freude bereitet hat“, sagt im Roten Rathaus Karl-Heinz Eisert. Mit Tränen in den Augen schwärmt der 80-jährige Spandauer vom „Tausendsassa“ Juhnke. „Er hatte den Weg zu den Herzen der Menschen gefunden“, pflichtet ihm Heinz-Dieter Haardt bei. Der 68-jährige Tempelhofer liebte an Juhnke die Natürlichkeit, wie er sagt: „Der war unverkrampft und sprach wie am Stammtisch“, sagt er voller Anerkennung.

Zu den jüngeren Verehrern gehört an diesem Tag die 38-jährige Beate Müller aus Dresden, die gerade in Berlin zu Besuch ist. Sie erinnert sich an ein Konzert in Dresden vor elf Jahren. Damals hatte Juhnke zuvor wegen Alkoholproblemen einige Auftritte abgesagt. „Bei uns trat er auf die Bühne und bedankte sich, dass wir gekommen sind, obwohl wir nicht wussten, ob er kommen würde“, sagt Beate Müller lächelnd.

Für Wowereit war Juhnke ein „Berliner par Excellence“. Nach seinem Eintrag ins Buch spricht der Regierende Bürgermeister von der „ambivalenten Persönlichkeit“ des Künstlers, der sich trotz seiner Alkoholkrankheit „immer wieder aufgerappelt“ habe.

Auch an vielen anderen Orten gedachten die Menschen gestern Juhnkes. Einer, der sich dem Entertainer besonders verbunden fühlt, ist Joachim Brunken. Der 64-Jährige leitet ehrenamtlich einen Kieztreff in der Weddinger Koloniestraße und hat sich als ehemaliger Trinker dem Kampf gegen den Alkoholismus verschrieben. Außerdem ist er im Soldiner Kiez auf die gleiche Schule gegangen wie Juhnke und kannte den Schauspieler schon als Kind, wie er erzählt.

Neben der Tür seines Ladenbüros hat Brunken ein Juhnke-Foto aufgehängt. „Tschüß Harald“ und „Weddinger Junge“ steht darunter. „Wir hatten die Krankheit gemeinsam“, sagt Brunken und meint den Alkoholismus. Er berichtet von gelegentlichen Besuchen Juhnkes, dessen Eltern um die Ecke in der Fordoner Straße gewohnt hätten. Als jemand, der ebenfalls „alle Höhen und Tiefen erlebt hat“, fühlte er sich dem Entertainer immer nahe. Jetzt will er ein Juhnke-Porträt in Öl malen und es in seinem Kieztreff aufhängen, um den berühmten Sohn des Viertels auch in Zukunft zu ehren.

Kondolenzbücher: Rotes Rathaus heute 11 bis 18 Uhr, ab Montag 9 bis 18 Uhr. Theater am Kurfürstendamm: 13 bis 18 Uhr.

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