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Die ergänzte Verordnung sieht vor, dass Kinder von den Mahlzeiten ausgeschlossen werden können, wenn sie ihr bestelltes Essen immer wieder nicht abholen.

© dpa/Roland Weihrauch

Abmeldung drei Tage vorher, Strafe bei Nichtabholung: Mehr Kontrollen wegen Verschwendung bei Schulessen in Berlin

Seit die Verpflegung an Grundschulen kostenlos ist, häufen sich Beschwerden über übriggebliebene Portionen. Eine Verordnung soll das nun ändern.

Die Berliner Bildungsverwaltung will vom kommenden Schuljahr an gegen die Verschwendung von Schulessen durch zu viele gelieferte Portionen vorgehen. Die ergänzte Verordnung sieht vor, dass Kinder von den Mahlzeiten ausgeschlossen werden können, wenn sie ihr bestelltes Essen immer wieder nicht abholen. Zudem müssen die Erziehungsberechtigten den Essensanbieter „mindestens drei Tage im Voraus bis 9 Uhr“ informieren und ihr Kind von der Teilnahme an dem Mittagessen abmelden, wenn es verhindert ist oder nicht essen will.

Mit der neuen Vorschrift reagiert die Bildungsverwaltung auf die Essensverschwendung. Sie wird seit drei Jahren beklagt und zwar seitdem die Familien das Schulessen an den Grundschulen nicht mehr bezahlen müssen. Allerdings ist völlig unklar, wie viel Essen wegen der säumigen Familien auf dem Müll landet. Der Geschäftsführer des Caterers Luna und Gründer des Verbands der Berliner Schul- und Kitacaterer, Rolf Hoppe, geht davon aus, dass in den von Luna belieferten Schulen „weniger als fünf Prozent“ der Essen nicht abgeholt werden.

Schwer wiegt nach seiner Einschätzung das Problem der genormten Portionen. Die Caterer seien vertraglich verpflichtet, den Erstklässlern die gleiche Portionsgröße zu liefern wie den Sechstklässlern. Auch wenn etwa die Erfahrungswerte zeigten, dass an der einen Schule wesentlich mehr gegessen werde als an der anderen oder die jüngeren Schüler weniger äßen, dürften die Caterer die Portionsgröße nicht anpassen. Dadurch lande viel mehr Essen im Müll als durch das nicht abbestellte Essen, glaubt Hoppe.

Das Thema treibt auch die Berliner Schulessenvernetzungsstelle um. Der Verein lädt am 6.Oktober zum Qualitätsforum „Lebensmittelverschwendung vermeiden“. Die Anregung sei unter anderem vom Bezirkselternausschuss Pankow gekommen, berichtet die Vereinsvorsitzende Sabine Schulz-Grewe. Sie weist aber auch darauf hin, dass es zwischen den Schulen große Unterschiede gebe bei der Organisation des Schulessens.

Wenn die Lehrkräfte oder die Erzieher mit den Kindern zusammen äßen, sei die Teilnahme besser. Auch die Räumlichkeiten spielten eine Rolle und inwieweit die Schüler infolge zu kleiner Mensen gezwungen sind, schnell und in Unruhe zu essen, weil zu viele Kinder „durchgeschleust“ werden müssen, berichten Schulleitungen.

Weniger Auswahl, mehr Eintopf

Hoppes Nachfolger als Vorsitzender des Catererverbands, der seit 2019 bundesweit agiert, Ralf Blauert, hat ebenfalls keine Angaben über den Anteil der zu viel bestellten Portionen, die im Übrigen aus Gründen der Hygiene vernichtet werden müssen. Ihn treiben sowieso ganz andere Sorgen um und zwar die Kostenexplosion bei den Lebensmittel- und Energiepreisen. Für Berlin heiße das, dass die bis 2024 vereinbarten Festpreise dringend nachverhandelt werden müssten. Schulen berichten, dass das Essen schon merklich bescheidener geworden sei: weniger Auswahl, mehr Eintopf.

Es geht um viel Geld: Das Schulessen kostet insgesamt 180 Millionen Euro an Steuergelder, denn Berlin ist das einzige Bundesland, das das Schulessen an den Grundschulen voll finanziert. Hamburg etwa hat erst im Januar die eigenen Subventionen zurückgefahren. Die Sozialtransferempfänger bekommen die Mittagsmahlzeit allerdings weiterhin – auch in Hamburg – kostenfrei: Es wird im Rahmen des Starke-Familien-Gesetzes voll vom Bund finanziert.

In Berlin hätten allein an den Grundschulen rund 60.000 Kinder Anspruch auf diese Vollfinanzierung vom Bund, denn jedes dritte Grundschulkind kommt aus Familien mit Sozialtransfers. Diese Millionensumme erhält Berlin aber nicht, weil es das Essen für alle bezahlt.

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Angesichts dieser enormen Kosten und der Verschwendung von Lebensmitteln will der Senat gegensteuern. In der neuen Verordnung steht: „Holt die Schülerin oder der Schüler ein bestelltes Mittagessen an mehr als acht Tagen eines Monats unentschuldigt nicht ab, hat der Essensanbieter die Schule und die Erziehungsberechtigten hierüber zu informieren.“

Die Schule soll dann „im Gespräch mit der Schülerin oder dem Schüler und den Erziehungsberechtigten darauf hinwirken, dass das bestellte Mittagessen abgeholt wird“. Wenn der Mensabesuch ausbleibt und die Anzahl des unentschuldigt nicht abgeholten Mittagessens „in zwei aufeinanderfolgenden Monaten jeweils acht Fälle beträgt“, soll der Essensanbieter „im Einvernehmen mit der Schulleiterin oder dem Schulleiter den Mittagessensvertrag zum Ende des laufenden Monats kündigen“.

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