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Compliance-Regeln in großen Firmen und Dienstgesetze für Staatsbedienstete schließen eine solche Partnerschaft aus.

© Lydia Hesse/Tagesspiegel

Beziehung zwischen Wegner und Senatorin: Was Juristen über die Folgen der Liebe im Roten Rathaus sagen

Finden zwei in einem Unternehmen oder Beamtenverhältnis zueinander, müsste mitunter einer von beiden gehen. Bei Politikern sind Juristen in der Bewertung vorsichtig.

Dürfen der Regierende Bürgermeister Kai Wegner und Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (beide CDU) eine Liebesbeziehung führen oder nicht? Seitdem aus dem monatelang durch das politische Berlin wabernden Gerücht durch viele anonyme Bestätigungen Realität geworden zu sein scheint, stellt sich diese Frage mit Nachdruck.

Denn klar ist: Befänden sich beide in einem Unternehmen oder gar einem Beamtenverhältnis, müsste einer von beiden gehen. Compliance-Regeln in großen Firmen und Dienstgesetze für Staatsbedienstete schließen eine solche Partnerschaft aus.

In der Politik, darauf verweisen Rechtsexperten unterschiedlicher Fachbereiche gleichermaßen, gelten solche Grundsätze nicht. „Anders als in der Wirtschaft gibt es in der Politik keine klaren Compliance-Richtlinien. Und anders als in der Verwaltung oder dem Militär gibt es keine gesetzlichen Regelungen dazu. Dennoch ist Kai Wegner Vertreter des Dienstherrn aller Landesbeamten, denen eine ähnliche Beziehung per Gesetz verboten ist. Moralische Forderungen können demnach aufgestellt werden, die Beziehung selbst ist aber nicht illegal“, erklärte Ulrich Battis, emeritierter Verfassungsrechtler der Humboldt-Universität zu Berlin.

Moralische Forderungen können aufgestellt werden, die Beziehung selbst ist aber nicht illegal.

 Ulrich Battis, emeritierter Verfassungsrechtler der Humboldt-Universität

Zwar mache der Fall Wegner „angreifbar“ und damit auch zu einem „Problem für die Partei“, ergänzt Battis. Dienst- oder gar strafrechtliche Konsequenzen hätten aber weder Wegner noch Günther-Wünsch zu befürchten. Politisch wiederum sei „eine solche Beziehung nie ohne Risiko, selbst in Berlin“, erklärte Battis.

Parteifreunde könnten den Fall ausnutzen, er sei „ein gefundenes Fressen“. „Dabei ist oft nicht der eigentliche Anlass die Gefahr, sondern der Umgang damit“, erklärte Battis, ohne das bislang andauernde Schweigen Wegners und Günther-Wünschs zu bewerten.

Problematisch für die Stimmung im Kabinett?

Ähnlich äußerte sich Daniel Graewe, Professor für Wirtschaftsrecht an der Hamburg School of Business Administration. Vom Nachrichtenmagazin „Spiegel“ befragt, erklärte Graewe, weder der Regierungschef noch die Bildungssenatorin hätten Konsequenzen zu fürchten. Politisch-praktisch dagegen liege die Sache komplizierter.

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Es lasse sich nie der Anschein vermeiden, dass Günther-Wünsch bei der Arbeit im Senat Vorteile gegenüber Kollegen und Kolleginnen genießt, erklärte Graewe. „Für die Stimmung im Kabinett dürfte das ein Problem sein“, sagte er und verwies etwa auf die zeitnah anstehenden Verhandlungen über Einsparungen der verschiedenen Senatsverwaltungen.

„Extrem unglücklich“ wäre es laut Graewe, wenn Günther-Wünsch schon die Partnerin Wegners gewesen wäre, als dieser sie zur Bildungssenatorin ernannt hat. „Der Eindruck, dass da etwas faul ist, würde mitschwingen, solange beide auf ihren Posten wären“, erklärte Graewe. Auflösen ließe sich das Dilemma etwa durch den Rückzug einer der beiden – in dem Fall eher der Senatorin, weil ohne einen Regierenden Bürgermeister Wegner vermutlich ein ganz anderes Kabinett zusammenkäme.

Battis wiederum erklärte, dass auch dieses bislang unbelegte Szenario nichts an der Bewertung ändere. Der moralische Vorwurf wiederum gewönne dann an Schwere, wenn die Beziehung zu diesem Zeitpunkt bereits existierte, aber kein anderer an der Besetzung der Senatsposten beteiligter Entscheidungsträger davon wusste.

Zurückhaltung bei der Bewertung übte auch Nils Diederich, emeritierter Professor der Freien Universität Berlin. „Wir befinden uns in einem Gebiet, an dem man keine objektiven Aussagen treffen kann. Es bleibt einzig, die beiden in ihrem Amtsverhalten zu beobachten. Ich kann bisher nicht feststellen, dass es irgendwo Verzerrungen gibt im Verhältnis zu anderen Senatsverwaltungen“, erklärte Diederich. Er kritisierte die aus seiner Sicht „krampfhafte Suche nach einem möglichen Missbrauch“ als „kleinkariert“. „Scharf hingucken ist legitim, beide dafür zu verurteilen aber nicht“, sagte Diederich im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

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