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Die Kreuzung in Berlin-Hellersdorf.

© dpa

Nach Polizeischuss in Berlin-Hellersdorf: "Elektroschocker halte ich inzwischen für notwendig"

Der Landesvorsitzende des Bunds Deutscher Kriminalbeamten fordert neue Waffen und Elektroschocker. Außerdem beklagt er mangelnden Respekt auf der Straße.

Nachdem eine Polizistin am Montag einen Randalierer in Hellersdorf mit einem Schuss schwer verletzt hat, diskutiert Berlin mal wieder über die Ausrüstung der Polizei. „Absolut mangelhaft“ sei diese, findet Michael Böhl, Berliner Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter. Allein die Ausstattung mit Elektroschockern – wie sie die CDU fordert – reiche aber nicht aus, so Böhl.

„Elektroschocker können sinnvoll sein, und ich halte sie inzwischen für notwendig“, sagt er dem Tagesspiegel. Ein Elektroschocker, auch Taser genannt, könne die Lücke zwischen Pfefferspray und Dienstwaffe schließen. Man brauche aber auch ausreichend Schulungen und müsse von Fall zu Fall entschieden. „Gerade bei Menschen mit psychischen Problemen ist es extrem schwer zu entscheiden“, sagte Böhl. Auch bei dem Randalierer in Hellersdorf, der mit einer Motorradkette bewaffnet auf die Polizistin zustürmte, gibt es laut Polizeiangaben „eindeutige Anhaltspunkte“ für eine psychische Erkrankung.

Zeitnahe Schießstände unrealistisch

Für Böhl liegt das eigentliche Problem von Hellersdorf tiefer. „Wir beobachten seit Jahren einen Verfall unserer Werte“, sagt er. Weil der Respekt fehle, gerieten Polizisten immer häufiger in Gefahrensituationen. „Uniformierte Kollegen sind inzwischen doch die Prügelknapen der Republik. Wer Dampf ablassen will, sucht sich einen Polizisten und haut drauflos“, sagt Böhl und berichtet von einem Vorfall in Neukölln, wo Jugendliche einen Streifenpolizisten als Mutprobe angegriffen hatten. Schuld an dieser Entwicklung seien auch zu lasche Gesetze. „Wenn ein Polizist im Dienst angegriffen wird, dann zählt das lediglich wie eine ganz normale Körperverletzung“, sagt er und fordert, solche Fälle besonders unter Strafe zu stellen. Dabei sei es ein Angriff auf den Staat und müsse deshalb strenger geahndet werden. „Das zieht sich ansonsten durch und wird von Generation zu Generation schlimmer“, so Böhl.

Wenig verwunderlich, dass die Stimmung bei der Polizei schlecht ist. „Gerade die jungen Kollegen sind zwar noch engagiert, aber eigentlich ist die Stimmung schlecht bis gereizt“, berichtet Böhl. Auch die Ankündigungen der großen Berliner Parteien, die sich im Wahlkampf beim Thema Sicherheit allesamt überbieten wollen, traut er nicht. „Ich bin jetzt schon eine Weile dabei und weiß, dass manche Versprechen nicht eingehalten werden“, sagt der 58-Jährige. Vor allem die zeitnahe Realisierung von vier neuen Schießständen hält er für wenig realistisch.

„Nur mit Lasern zu schießen, reicht nicht aus“

Dabei wären gerade diese Übungsplätze sehr wichtig. „Das Schießtraining ist für Polizisten unabdingbar“, sagt Böhl. Der Beamte müsse eins mit seiner Waffe werden, um auch in brenzligen Situationen wie in Hellersdorf richtig reagieren zu können. In Berlin müssen Polizisten einmal im Jahr auf den Schießstand, um den Umgang mit ihrer Dienstwaffe zu trainieren.

Weil es aber einen eklatanten Mangel an Schießständen gibt, verfügte Polizeipräsident Klaus Kandt für 2015 und 2016, dass auch Laser-Simulationen ausreichen. „Das geht gar nicht“, meint Michael Böhl. „Nur mit Lasern zu schießen, reicht nicht aus“, sagt er und verweist darauf, dass die Hälfte der Berliner Polizisten nur noch mit Laser-Pistolen schieße. „Damit kann man aber eigentlich nur Gefahrensituationen simulieren“, sagt Böhl. Mit echten Waffen zu schießen, birgt neben den fehlenden Schießständen aber noch ein anderes Problem: „Unsere Waffen sind veraltet. Mit manchen sollte man besser nicht mehr schießen.“

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