
© https://www.instagram.com/atallah.younes.31
Nach Raketenschuss in Neuköllner Wohnung: Influencer bleibt in Berlin – aber in Untersuchungshaft
Ein Influencer schießt eine Silvesterrakete in ein Wohnhaus. Nachdem die Polizei zu ermitteln beginnt, kündigt der Mann an, Deutschland zu verlassen. Nun wurde gegen ihn Haftbefehl erlassen.
Stand:
Der Influencer Atallah Younes, der an Silvester eine Rakete in eine Neuköllner Wohnung geschossen hat, kommt in Untersuchungshaft. Gegen den 23-Jährigen aus dem Westjordanland sei Haftbefehl erlassen worden, sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Michael Petzold, am Sonntagnachmittag. Um 13 Uhr war er einer Ermittlungsrichterin am Amtsgericht Tiergarten vorgeführt worden.
Der Haftbefehl sei wegen der hohen Straferwartung erlassen worden und weil Younes in Deutschland keinen festen Wohnsitz hat, sagte der Sprecher. Dass er am Flughafen beim Ausreiseversuch angetroffen worden sei, spreche zudem für die Fluchtgefahr.
Auch die Äußerungen des Influencers bei „Zeit Online“ kamen verschärfend hinzu. Younes hatte gesagt, nach der Aussprache mit dem betroffenen Wohnungsinhaber sei die Sache für ihn erledigt, sodass er nun ausreisen könne. Und er verstehe nicht, was die Polizei von ihm wolle.
Was will die Polizei denn von mir? Denken die, ich bin ein Flüchtling?
Influencer Atallah Younes gegenüber „Zeit Online“
Zunächst bleibt Younes für zwei Wochen in Untersuchungshaft in der Haftanstalt Moabit. Younes will gegen den Haftbefehl vorgehen. Bereits am Sonntag hat sein Anwalt, ein durchaus prominenter Strafverteidiger, eine Haftprüfung beantragt. In zwei Wochen muss dann ein Haftrichter entscheiden, ob der Haftbefehl bestehen bleibt oder nicht. Der Verteidiger argumentierte, dass Younes’ Visum für den Aufenthalt in Deutschland noch nicht abgelaufen sei und er bei Bekannten und Freunden unterkommen könne. Laut Staatsanwaltschaft hat sich der Mann gegenüber den Ermittlern und vor Gericht kooperativ verhalten. Er schweigt zu den Vorwürfen.
Dem 23-Jährigen werden versuchte schwere Brandstiftung, versuchte gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung vorgeworfen. Auf Brandstiftung steht ein Strafmaß von mindestens einem Jahr, daher ist es ein Verbrechen und auch der Versuch strafbar. Gleiches gilt für gefährliche Körperverletzung, hierauf steht ein Strafmaß von mindestens sechs Monaten. Bei Sachbeschädigung drohen eine Geldstrafe oder bis zu zwei Jahre Haft.
Zum Motiv sagte Petzold: „Ihm ging es darum, ein größtmögliches Publikum zu erreichen durch die Begehung von Straftaten.“ Die Staatsanwaltschaft werfe dem Mann eine „rücksichtslose“ Gefährdung von Menschenleben vor. Dies müsse strafverschärfend berücksichtigt werden.
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Berlins Justizsenatorin begrüßt Haftbefehl
Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg begrüßte den Haftbefehl gegen den Influencer. „Rücksichtsloses und gefährliches Verhalten, das das Leben von Menschen aufs Spiel setzt, dulden wir als Rechtsstaat nicht“, sagte Badenberg dem Tagesspiegel. „Die Verantwortlichen müssen stets mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Das zeigt die heutige Entscheidung deutlich.“
Younes war am Sonnabend gegen 16.30 Uhr am Flughafen BER in Schönefeld festgenommen worden, wie Polizeisprecher Florian Nath dem Tagesspiegel sagte. Gegen den 23-Jährigen wird wegen eines Videos, das der Influencer nach Silvester auf Instagram gepostet hatte, ermittelt. Dort ist zu sehen, wie Younes aus seiner Hand eine Feuerwerksrakete zündet und auf ein Mehrfamilienhaus in Neukölln richtet. Dann zeigt die Aufnahme, wie die Rakete durch ein Fenster fliegt und in der Wohnung explodiert.

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Polizeiangaben zufolge befindet sich das Haus in der Treptower Straße. Die Einrichtung im Schlafzimmer sei durch die brennende Rakete beschädigt worden, teilte die Polizei mit. Da der 33-jährige Wohnungsinhaber die Überreste der brennenden Rakete zügig aus dem Fenster geworfen habe, sei das Feuer nicht weiter auf die Wohnung übergegriffen. Verletzt wurde bei Younes’ Raketenangriff niemand.
Nachdem die Polizei zu ermitteln begann und mehrere Medien über den Vorfall berichtet hatten, kündigte der Influencer bei Instagram an, Deutschland verlassen und zurück in seine Heimat reisen zu wollen. Tagesspiegel-Informationen zufolge wollte Younes mit einem Airbus A320 der Fluggesellschaft „Royal Jordanian“ zurückfliegen. Der Flug mit der Nummer RJ 138 in die jordanische Hauptstadt Amman sollte um 17.55 Uhr vom BER starten.
Die Berliner Polizei habe im Zuge ihrer Fahndung deshalb die Bundespolizei am Flughafen informiert, sagte Sprecher Nath. Dort setzten Beamte den Influencer beim Ausreiseversuch fest. Younes kam zunächst in Gewahrsam, um ihn zu vernehmen und seine Personalien festzustellen.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) zeigte sich erleichtert nach der Festnahme. „Das ist wichtig für die Arbeit unserer Kollegen und auch ein wichtiges Signal in Richtung Bevölkerung“, sagte GdP-Landeschef Stephan Weh. „Wer Straftaten begeht, hat den Anspruch auf eine faire Prüfung seiner Tat durch unseren Rechtsstaat und ein mögliches Verfahren mit entsprechendem Urteil“, erklärt er. „Wenn man eine Rakete in ein Kinderzimmer schießt, reicht es im Regelfall nicht, mal kurz sorry zu sagen.“
„Ich wollte niemanden absichtlich verletzen“
Gegenüber „Zeit Online“ hatte sich Younes einige Tage nach der Silvesternacht zu Wort gemeldet. „Wir haben das persönlich geklärt“, sagte er über ein Gespräch mit dem Besitzer der Wohnung. „Von Araber zu Araber, von Angesicht zu Angesicht.“
Der Influencer hat das Video inzwischen gelöscht und sich in einem weiteren Beitrag bei den Betroffenen entschuldigt. „Zeit Online“ sagte er: „Ich wollte niemanden absichtlich verletzen.“ Was er getan habe, tue ihm sehr leid. Er habe nicht gewusst, wie eine Rakete funktioniere.
Zugleich äußerte er Unverständnis für die Ermittlungen. „Was will die Polizei denn von mir? Denken die, ich bin ein Flüchtling?“ Er sei als Tourist in Deutschland, sagte der Mann und kündigte an, wieder zurück in seine Heimat zu fliegen. Dies sei sein vorerst letzter Besuch in Deutschland gewesen. Er habe infolge der Aktion Rassismus erlebt.
Atallah Younes spricht „Zeit Online“ zufolge nur Arabisch. In Deutschland sei er zum ersten Mal gewesen. Dem Bericht soll Younes zwei Pässe, einen jordanischen und einen palästinensischen, besitzen. In Nablus hat er eigenen Angaben zufolge an der An-Najah National University Public Relations studiert. (mit dpa)
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