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Rettender Neubau: Um den Wohnungsmarkt in Berlin zu entspannen, soll in der Hauptstadt mehr gebaut werden.

© imago images/Sabine Gudath

Niedrigere Mieten aber zu wenig Wohnungen: Wie sich die landeseigenen Unternehmen auf den Berliner Wohnungsmarkt auswirken

Die preiswerteren landeseigenen Wohnungen sollen beruhigend auf den überhitzten Mietmarkt wirken. Doch ihr Angebot reicht nicht aus.

Für den Berliner Senat läuft es bei der Mietenpolitik nicht gut. Erst scheiterte der Mietendeckel, dann die inzwischen als unrealistisch geltenden Neubauziele und nun gibt es ein von Absagen geprägtes Neubaubündnis. Den Ruhepol im ansonsten schwer umkämpften Wohnungsmarkt bilden vor allem die landeseigenen Wohnungsunternehmen sowie die Genossenschaften. Allerdings entsprechen die von beiden bereitgestellten 580 000 Wohnungen nur rund einem Drittel aller Wohnungen.

Festgehalten ist das im Jahresbericht der Berliner Wohnraumförderung, den Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) am Donnerstag vorgestellt hat. Demnach lag die durchschnittliche Kaltmiete im Bestand der Landeseigenen bei 6,29 Euro pro Quadratmeter und blieb damit im Vergleich zu 2020 unverändert. Stadtweit liegt diese Durchschnittsmiete damit neun Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete von 6,79 Euro pro Quadratmeter.

Geisel zufolge weisen 36 Prozent aller landeseigenen Wohnungen einen Mietpreis zwischen fünf und sechs Euro auf, 38 Prozent einen Mietpreis zwischen sechs und sieben Euro. Günstiger sind nur die rund 240 000 Wohnungen der Genossenschaften in Berlin. Deren durchschnittlicher Mietpreis liegt laut Geisel bei 5,75 Euro pro Quadratmeter.

Deutlich größer als bei den Bestandsmieten ist der Preisunterschied zwischen landeseigenen und privaten Unternehmen in der Neuvermietung. Verlangen die Landesunternehmen im Schnitt 7,25 Euro pro Quadratmeter, liegt der berlinweite Durchschnitt bei 10,55 Euro. Die Berliner Firmen würden ihrer Rolle, „beruhigend in den Mietenmarkt einzugreifen und zu stabilisieren“, gerecht, erklärte Geisel.

Er räumte ein, dass es gerade bei Neuvermietungen „deutliche Ausreißer nach oben im privaten Bereich“ gebe. Um diese, nach der bundesweit geltenden Mietpreisbremse verbotenen, Preisaufschläge zu unterbinden, erwäge der Senat aktuell eine Ausweitung der Rolle der Wohnraumförderung, erklärte Geisel.

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Gemeinsam mit Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) sei er dabei, eine Konzeption zu entwickeln, derzufolge die Wohnraumförderung künftig auch Kontrollaufgaben wahrnehmen könne, erklärte Geisel. Im Zuge dessen solle dann auch die Neubesetzung der beiden aktuell nur kommissarisch besetzten Vorstandsposten vorgenommen werden.

Eine Folge der stabilen und vergleichsweise niedrigen Mieten im Bestand der landeseigenen Wohnungsunternehmen: Die Mieter hängen an ihren Wohnungen. Insgesamt lediglich 21 140 Haushalte konnten im Jahr 2021 eine Wohnung bei den sechs Firmen finden. 9622 Bestandswohnungen konnten an Menschen mit Wohnberechtigungsschein (WBS) vermietet werden.

Nur 44 Prozent der landeseigenen Neubauwohnungen gingen an WBS-Berechtigte

Damit erfüllten die Unternehmen den vereinbarten Anteil von 63 Prozent bei Wiedervermietungen zwar hauchdünn, bei Neuvermietungen wurde der Wert aber nicht eingehalten. 2529 der 5755 Neubauwohnungen und damit 44 statt der vereinbarten 50 Prozent der Neubauwohnungen wurden an WBS-Berechtigte vermietet. Der eklatante Mangel an bezahlbarem Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen lässt sich so nicht beheben.

[Mehr zum Thema auf Tagesspiegel Plus: Steigende Mieten, weniger Inserate. In Berlin schrumpft das Angebot neuer Wohnungen - anders als im Bund]

Hinzu kommt: Nur in 1200 Fällen tauschten Mieter ihre Wohnungen untereinander. „Das erfüllt nicht die Potenziale, die wir uns alle gemeinsam erhoffen“, sagte Geisel und forderte bei aller Bedeutung von Mieterschutz und Stabilität mehr Neubau. Zusammenfassend erklärte er: „Die landeseigenen Wohnungsunternehmen werden ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung gerecht und sind unsere Partner beim Kampf um einen stabilen Wohnungs- und Mietenmarkt.“

Katrin Schmidberger, wohnungs- und mietenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, lobte die landeseigenen Wohnungsunternehmen für eine „mietpreisdämpfende Wirkung“ für die ganze Stadt. Das müsse sich auch in der neuen Kooperationsvereinbarung widerspiegeln, die Senat und Landesunternehmen bald verhandeln, forderte Schmidberger.

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Amtskollege Niklas Schenker (Linke) bezeichnete die Berliner Firmen als „das Rückgrat der sozialen Wohnraumversorgung“. Er betonte, wie wichtig die vereinbarte Wiedervermietungsquote von 63 Prozent an WBS-Berechtigte sei und mahnte an, dass es eine große Differenz gebe zwischen der Anzahl an Menschen, die einen WBS-Anspruch haben, und den dafür verfügbaren Wohnungen – und dass eine Erhöhung der Quote nötig sei.

Björn Jotzo, Sprecher für Stadtentwicklung und Mieten der FDP-Fraktion, erklärte, der Bericht offenbare ein „Desaster“. Er forderte „schnell und großflächig Planungsrecht für den Wohnungsbau“ bereitzustellen, die Bauordnung zu reformieren, die Bauverwaltung zu stärken und das Planungsrecht zu aktualisieren.

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