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So plakatierte die AfD vor den Berliner Wahlen im Jahr 2016.

© Jörg Carstensen/dpa

AfD in Berliner Bezirken: Oft blockierend, provozierend – manchmal pragmatisch

Seit mehr als anderthalb Jahren ist die AfD in den Bezirksverordnetenversammlungen vertreten. Wie arbeitet sie dort? Ein Überblick.

Von Ronja Ringelstein

Die AfD sitzt in 14 Landesparlamenten – aller Voraussicht nach wird die rechte Partei Ende Oktober, nach den Wahlen in Bayern und Hessen, in allen Parlamenten der Republik vertreten sein – doch noch nicht regieren. In Berlin „regiert“ sie schon, ein bisschen. Sie stellt sechs Stadträte in den Bezirken. In den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) ist sie teilweise so stark, dass sie den anderen Parteien Schwierigkeiten bereiten kann – oder es zu Kooperationen kommt.

Ein tieferer Blick in die Bezirke zeigt, wie unterschiedlich sich die AfD dort gibt, in einigen ist sie nahezu untätig, in anderen blockiert sie, in wieder anderen macht sie mit im politischen Alltag. Einiges aber erzählen die Fraktionäre anderer Parteien: „Die eine AfD“ gebe es auf Bezirksebene eigentlich nicht, heißt es. In nahezu jeder BVV sitzen AfD-Fraktionäre, die rechts ausschlagen, und es gibt die Gemäßigten, die etwas bewegen wollen.

Oft ist die Fraktion ein „gemischter Haufen von Politikunerfahrenen“, sagen sie selbst in der AfD. Das zeigt sich daran, dass sich die AfD-Fraktionen in drei Bezirken, wegen Streitigkeiten aufgespalten haben. In einem Bezirk sind bereits so viele ausgeschieden und nachgerückt, dass die Fraktion beim nächsten Austritt einfach nur kleiner wird – weil niemand mehr auf der Nachrückerliste steht.

AfD-Anträge und Stadtteile in Berlin (anklicken zum Vergrößern).
AfD-Anträge und Stadtteile in Berlin (anklicken zum Vergrößern).

© F. Bartel

Bezirksübergreifend äußern sie in den anderen Parteien den Verdacht: Es soll die Anweisung aus dem Landesverband gegeben haben, „sich in den Ausschüssen nicht zu verkämpfen“, mehr Reichweite bekäme die AfD mit Reden in den BVV-Sitzungen. Darauf angesprochen weist Georg Pazderski, AfD-Landeschef, den Vorwurf von sich. Das stünde „in diametralem Gegensatz“ zu seiner Auffassung von „vernünftiger Sachpolitik“.

In den Fachausschüssen wird die eigentliche Arbeit gemacht, Vieles, das dort beschlossen wird, kann im Anschluss auf die Konsensliste gesetzt werden – das heißt, alle Fraktionen stimmen zu, dass in der nächsten BVV-Sitzung nicht noch einmal über ein bereits beschlossenes Thema gesprochen wird. Seit die AfD vor mehr als anderthalb Jahren in die BVVen einzog, gibt es die Konsensliste vielerorts nicht mehr. Hier ein kleiner Überblick aus den Bezirken.

Mitte: "Nicht so schlimm wie in anderen Bezirken"

Fraktionsstärke: 5

In Mitte wird die AfD als „nicht so schlimm wie in anderen Bezirken“ wahrgenommen. Nur einer der fünf falle durch nationalistische Tendenzen auf, die anderen vier bemühen sich um sachliche Arbeit, heißt es. Und manchmal bringt die AfD Anträge, da „fällt es schwer, die abzulehnen“, sagt einer aus einer anderen Fraktion. Zum Beispiel den Antrag zu Bienen: „Das Bezirksamt wird ersucht, bei möglichen Bepflanzungen im Bezirk Berlin-Mitte darauf zu achten, nur und ausschließlich bienenfreundliche Pflanzen zu verwenden.“ Der Antrag wird noch im Ausschuss behandelt – dass er durchgeht, ist trotzdem unwahrscheinlich.

Die Grünen lehnen AfD-Anträge grundsätzlich ab. „Weil wir die menschenfeindlichen und rassistischen Positionen der Partei entschieden ablehnen und diesen keinen Vorschub leisten möchten“, sagt Johannes Schneider von den Grünen dazu. Und auch Linke und SPD stimmen AfD-Anträgen nicht zu. „Ich arbeite mit den meisten Mitgliedern der AfD-Fraktion sachbezogen zusammen“, sagt Stefan Draeger, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD. Aber viele der Anträge seien „handwerklich schlecht“, die müsse man also ablehnen.

Die CDU stimmt hin und wieder mit der AfD. Jenna Behrends, die für die Christdemokraten in der BVV sitzt, sagt: „Sie sind kein großer Störfaktor, manchmal nimmt man sie in den Ausschüssen kaum war. In den BVV-Sitzungen nutzen sie natürlich die große Bühne.“

In Friedrichshain-Kreuzberg ist das Engagement nicht groß

Fraktionsstärke: 3

In Friedrichshain-Kreuzberg hat die AfD mit ihren drei Bezirksverordneten noch nicht viel gemacht. Das zeigen auch die Zahlen: Sieben Drucksachen – Anträge etwa oder Anfragen – tragen den AfD-Absender. Zum Vergleich: Die FDP, die nur zwei Mitglieder hat, also einen weniger als die AfD, hat in dieser Wahlperiode bereits über 90 Drucksachen zu verantworten, die Grünen als stärkste Fraktion knapp 200.

„Die nehmen nicht ernsthaft an der politischen Arbeit teil“, sagt René Jokisch von der Linksfraktion. Fraktionsübergreifend wird erzählt, dass sie häufig nicht oder nur kurz in den Sitzungen sind. Die Vize-Fraktionsvorsitzende Sibylle Schmidt beispielsweise war laut einsehbarer Anwesenheitsliste erst einmal in diesem Jahr im Jugendhilfeausschuss, wo sie ordentliches Mitglied ist.

In Pankow gilt Stadtrat Krüger fraktionsübergreifend als Profi

Fraktionsstärke: 5, 3 fraktionslose Mitglieder

Stadtrat Daniel Krüger, Abteilung Umwelt und öffentliche Ordnung

Anfang Juli kam es in Pankow zu einer neuerlichen Abspaltung zweier AfDler von ihrer Fraktion – Andreas Holder wurde ausgeschlossen, Frank Meier trat freiwillig aus. Von ursprünglich acht sind noch fünf übrig. Der Hintergrund der jüngsten Abspaltung wird offiziell von der AfD nicht kommentiert, hinter vorgehaltener Hand heißt es aber, der Fraktionsvorsitzende Stephan Wirtensohn und Holder seien sich „spinnefeind“.

Daniel Krüger ist Stadtrat in Pankow. Er gehörte früher der CDU an, ist nun parteilos für die AfD.
Daniel Krüger ist Stadtrat in Pankow. Er gehörte früher der CDU an, ist nun parteilos für die AfD.

© Kai-Uwe Heinrich

Schon länger wollte die BVV in Pankow ein elektronisches Abstimmgerät anschaffen – die AfD hat es unabdingbar gemacht. „Sie haben die BVV-Sitzungen lahmgelegt, indem sie jedes Thema namentlich abstimmen lassen wollten“, sagt ein BVV-Mitglied, das nicht genannt werden möchte.

Das Problem habe man technisch gelöst: Die Abstimmgeräte zeigen das Ergebnis schnell an – anders als Kärtchen in Boxen, die ausgezählt werden müssen. Außerdem habe sich die AfD um Arbeit gedrückt, heißt es aus der Linksfraktion. „In diesem ehrenamtlichen Parlament werden einige Aufgaben nach Größe der Fraktionen verteilt. Da haben sie sich massiv gegen gewehrt, wenn sie dann zum Beispiel Schriftführer sein sollten“, sagt Linken-Fraktionsvorsitzender Matthias Zarbock.

In Pankow gibt es mit Daniel Krüger auch einen Stadtrat, der nicht AfD-Mitglied ist, aber für die Partei gewählt wurde. Krüger war zuvor für die CDU Stadtrat in Tempelhof-Schöneberg. „Er ist Profi“, sagen sie in anderen Parteien. Die CDU erkennt seinen Einsatz für die Entfernung von Schrotträdern an. Bei spontanen Fragen könne er häufig nicht viel sagen und verweise an seine Mitarbeiter.

Charlottenburg-Wilmersdorf, Spandau und Steglitz-Zehlendorf

So plakatierte die AfD vor den Berliner Wahlen im Jahr 2016.
So plakatierte die AfD vor den Berliner Wahlen im Jahr 2016.

© Jörg Carstensen/dpa

Einen Eklat gab es in Charlottenburg-Wilmersdorf zu Beginn der Wahlperiode

Fraktionsstärke: 5

Gleich zu Beginn der Wahlperiode gab es einen Eklat. Der Alterspräsident, Hans-Dieter Asbeck von der AfD, war in der ersten BVV-Sitzung gewählt worden, Niklas Schenker, Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion, hatte sich geweigert, ihm die Hand zu schütteln. Also revanchierte sich die AfD und veröffentlichte auf ihrer Bezirkshomepage unter der Überschrift „Altparteien im Profil“ persönliche Daten zu Schenker sowie seine E-Mail-Adresse und rief dazu auf, „Nachfragen“ an ihn zu richten. Der Aufruf steht noch immer online. Nun sei die AfD mit ihren fünf Bezirksverordneten gerade zur Linken im Parlament auffällig freundlich, sagt Schenker.

Die anderen Fraktionen hatten sich verabredet, dass auf Anträge der AfD nur eine der anderen Parteien antworte, um deren Themen kleinzuhalten. Das klappt nicht mehr. Thematisch beschäftigt sich die AfD in Charlottenburg-Wilmersdorf besonders intensiv mit Ausländern, fordert etwa das Bezirksamt auf, nicht alle Migranten als „Flüchtlinge“ zu bezeichnen und bei Kursen für Analphabeten Deutsche gegenüber Asylsuchenden nicht zu benachteiligen. „Die AfD sollte sich stärker um die kommunale Arbeit kümmern, anstatt ständig bundespolitisch die Flüchtlingskrise herbeizusehnen, und dann auch im Bezirk nur darüber zu sprechen“, sagt Felix Recke, stellvertretender Fraktionschef der FDP.

Die AfD in Spandau gilt als kooperativ und staatstragend

Fraktionsstärke: 9

Bezirksstadtrat Andreas Otti

Die AfD (neun Verordnete) gibt sich in Spandau kooperativ und staatstragend, heißt es aus anderen Fraktionen. Allerdings gebe es auch hier einige Ausreißer. „Es gab mal Versuche in der BVV, mehr Krawall zu machen, es hieß aus der AfD, der Münsinger Park sei jetzt Afrika, da seien so viele Schwarze. Aber da haben sie starken Gegenwind bekommen“, sagt Lars Leschewitz, Fraktionsvorsitzender der Linken. In drei Ausschüssen haben AfD-Mitglieder den Vorsitz – alle drei seien um eine neutrale Leitung bemüht.

In Spandau hat sich der ehemalige Bundeswehr-Offizier Andreas Otti als Mitglied des Bezirksamtes lautlos etabliert.
In Spandau hat sich der ehemalige Bundeswehr-Offizier Andreas Otti als Mitglied des Bezirksamtes lautlos etabliert.

© Maurizio Gambarini/dpa

Die AfD stellt mit dem Ex-Bundeswehroffizier Andreas Otti einen Stadtrat für die Abteilung Facility Management, Umwelt- und Naturschutz. Er selbst sagt, er fühlt sich im Kollegenkreis im Bezirksamt parteiübergreifend „ganz normal aufgenommen“. In der BVV werfen sie ihm zwar manchmal „mangelnde Detailkenntnisse“ und „Lavieren“ vor – aber froh sind sie, dass er gemäßigt auftritt.

In Steglitz-Zehlendorf dominiert das Flüchtlingsthema

Fraktionsstärke: 6

Auch in der BVV im Südbezirk, wo die AfD einen ihrer größten Bezirksverbände hat, dominiert das Flüchtlingsthema die Arbeit ihrer sechsköpfigen Fraktion. „Man wartet jedes Mal drauf, wie sie bei Anträgen wieder den Bezug zu Flüchtlingen hinbekommen“, sagt ein BVV-Mitglied. Die Standortfindung für Flüchtlingsunterkünfte versuchen sie grundsätzlich zu verhindern – ohne Gegenvorschläge zu machen. In den Ausschüssen sind sie nur unregelmäßig anwesend. Manchmal wirke die Fraktion chaotisch, da sie teilweise gegen ihre eigenen Anträge stimme – „obwohl jemand von der AfD da ist, bekommt deren Antrag dann null Stimmen“, erzählt einer. In der BVV seien sie hingegen rege.

Tempelhof-Schöneberg, Neukölln und Treptow-Köpenick

So plakatierte die AfD vor den Berliner Wahlen im Jahr 2016.
So plakatierte die AfD vor den Berliner Wahlen im Jahr 2016.

© Jörg Carstensen/dpa

In Tempelhof-Schöneberg wird gegen Moscheen plakatiert

Fraktionsstärke: 6

Einmal gab es fraktionsübergeifenden Applaus für die AfD. Nämlich als der AfD-Fraktionschef Karsten Franck die Erklärung des BVV-Mitglieds Nina Wittmann verlesen hatte, von nun an mit „Herr Wittmann“ und dem Vornamen „Nico“ angesprochen werden zu wollen. Da die AfD sich sonst als transfeindliche Partei präsentiert, war dieses Coming-Out und der offene Umgang damit von den anderen Fraktionen begrüßt worden.

Auch sonst falle die AfD „weniger negativ“ auf. Mit den Linken liefern sie sich Scharmützel, die Linke beklagt, aus den Rängen der AfD als „Mauermörder“ und „Unterstützer von Extremisten“ bezeichnet zu werden, nennt die AfD dafür „rassistisch“ und „marktradikal“. Von der CDU heißt es, die AfD versuche ihrem Auftrag in der BVV gerecht zu werden. „Der Ansatz ist Kiezpolitik, handwerklich müssen die noch viel dazulernen“, sagt Matthias Steuckardt, Fraktionsvorsitzender der CDU. Ihn wundere, dass die sechs AfD-Mitglieder im persönlichen Umgang moderat seien, sich in der BVV beispielsweise für Vielfalt aussprächen, aber dann werde gegen Moscheen plakatiert und auf Facebook gehetzt.

Chaostruppe in Neukölln

Fraktionsstärke: AfD: 4, AfD-Neu: 3, 1 fraktionsloses AfD-Mitglied

Der ehemalige AfD-Stadtrat Bernward Eberenz ist inzwischen bei der CDU

Eine Chaostruppe der AfD sitzt in Neukölln. Hier gibt es inzwischen drei Splittergruppen: Eine fraktionslose AfDlerin, die AfD-Fraktion (vier Mitglieder) und die „AfD Neu“-Fraktion (drei Mitglieder). Auch hier waren persönliche Befindlichkeiten Grund dafür, dass die AfD sich teilte und nicht zum Arbeiten kommt. Vielmehr blockieren sie auch noch dort, wo sie können. Die zuvor in Ausschüssen beschlossenen Anträge, wollen die AfD-Mitglieder immer wieder erneut in der BVV besprechen, eine Konsensliste gibt es nicht mehr.

„Im Ergebnis liegen wir jetzt drei Monate mit der Tagesordnung zurück. Es ist nicht mehr möglich, aktuelle Dinge zu besprechen, weil wir nur noch am Abarbeiten sind“, sagt Gabriele Vonnekold, Vorsitzende der Grünen-Fraktion. Die anderen Parteien bestätigen das Problem. Sollte im Herbst eine Sondersitzung nötig werden, kostet die den Bezirk etwas – denn es wird zusätzliches Sitzungsgeld gezahlt. Zudem ist in der BVV Neukölln auch das Instrument der geheimen Abstimmung möglich. Die AfD fordert sie häufig – nicht nur bei Personenwahlen, wie üblich. Auch das kostet Zeit, wie auch die zusätzliche Redezeit, die der „AfD Neu“ zusteht. Der ehemalige AfD-Stadtrat, Bernward Eberenz, ist inzwischen bei der CDU

In Treptow-Köpenick gehen die Nachrücker aus

Fraktionsstärke: 12

Bezirksstadtrat Bernd Geschanowski, Abteilung Gesundheit und Umwelt

Sollte noch einer aus der AfD-Fraktion ausscheiden, verringert sich die Fraktion von zwölf auf elf – ohne Nachrücker. Die Liste ist aufgebraucht, bis zur nächsten Wahl kann nicht nachnominierst werden. Die Stärke der AfD erlaubt es ihr, sehr präsent zu sein. Zwar gebe es keine Konsensliste mehr, da die AfD sie „abgeschafft“ habe – große Verzögerungen gab es dadurch noch nicht.

Der Fraktionsvorsitzende Alexander Bertram und sein Vize Denis Henkel seien „schlaue Köpfe“, heißt es, gut vorbereitet und deshalb „gefährlich“, da sie ihre rechte Agenda verfolgen. Die anderen Parteien waren verwundert, dass es, als der Haushalt beschlossen wurde, keinen Änderungsantrag der AfD gegeben habe. Obwohl sie den Vorsitzenden für den Haushaltsausschuss stellen, erweckten sie den Eindruck „nicht durchzublicken“.

Bernd Geschanowski ist in Treptow-Köpenick für Umwelt zuständig.
Bernd Geschanowski ist in Treptow-Köpenick für Umwelt zuständig.

© promo/AfD

Bernd Geschanowski, als AfD-Stadtrat für Umwelt- und Naturschutz verantwortlich, fällt wenig auf. Bei Nachfragen im Umweltausschuss seien die Antworten dürftig. Er sei allerdings um Pragmatismus bemüht, eine AfD-Linie sei nicht erkennbar, heißt es. „Er ist nach wie vor schwach. Was man jetzt positiv sagen kann:“ Er arbeitet sich mehr in die Themen ein. Wie die ganze Fraktion, versteht er seine Rolle besser“, sagt Claudia Schlaak von den Grünen. Die Grünen haben in dieser Wahlperiode 91 Anträge eingereicht – die AfD 19.

Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg, Reinickendorf

So plakatierte die AfD vor den Berliner Wahlen im Jahr 2016.
So plakatierte die AfD vor den Berliner Wahlen im Jahr 2016.

© Jörg Carstensen/dpa

Die Fraktion in Marzahn-Hellersdorf ist die stärkste

Fraktionsstärke: 13

Thomas Braun, stellvertretender Bürgermeister, Stadtrat für Bürgerdienste und Wohnen

In der BVV Marzahn-Hellersdorf sitzt mit 13 Mitgliedern die stärkste AfD-Fraktion – sie waren sogar 15, bevor zwei AfD-Mitglieder die Fraktion verlassen haben. Entsprechend ambivalent tritt die AfD auch auf. Es gebe die, die „teilweise eine gute Arbeit“ machen und jene, die „absolut schlechte Anträge“ einbringen.

Rechtes Gedankengut wird von AfD in diesem Bezirk allerdings stark vertreten. Der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion, Bernd Pachal, ist bereits mit antisemitischen Äußerungen aufgefallen. Ende 2016 hat er sich bei Facebook anerkennend über einen führenden Vertreter des Nazi-Regimes geäußert. Er lobte „die kluge Politik des Reichsprotektors Reinhard Heydrich“, der schließlich als „Schlächter von Prag“ in die Geschichte eingegangen ist. Die Fraktion hat sich von den Aussagen distanziert.

Thomas Braun ist in Marzahn-Hellersdorf Stadtrat für Bürgerdienste und Wohnen.
Thomas Braun ist in Marzahn-Hellersdorf Stadtrat für Bürgerdienste und Wohnen.

© Ingo Salmen

Alle anderen Parteien, auch in anderen Bezirken, haben bei der Verteilung der Stadtratsposten dafür gesorgt, dass die AfD-Stadträte keine Schlüsselressorts erhalten haben. In Marzahn-Hellersdorf ist Thomas Braun stellvertretender Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat für Bürgerdienste und Wohnen. Bei dem „Bericht aus dem Bezirksamt“, der in jeder BVV-Sitzung auf der Tagesordnung steht, könne Braun meist nicht viel berichten. Insgesamt sei nicht viel von ihm zu hören. Auch im Bezirksausschuss im Abgeordnetenhaus sei er nicht immer da und wenn doch, sage er nicht viel.

Keine Geschlossenheit in Lichtenberg

Fraktionsstärke: 12

Frank Elischewski, Bezirksstadtrat Abteilung Regionalisierte Ordnungsaufgaben

Auch in Lichtenberg ist die AfD-Fraktion mit zwölf Leuten stark. Geschlossen treten sie nicht auf, manchmal stehen einige näher an der CDU-Position, doch auch der Linken wurde schon zugestimmt. „Das ist eine Gauland-Partei, das spiegelt sich in Lichtenberg wider. Sie ist provozierend, vor allem in ihrer Wortwahl. Das ist der Sache wenig förderlich“, sagt Gregor Hoffmann, CDU-Fraktionschef. Die Anträge der AfD würden deshalb meist abgelehnt, weil sie zu provokativ seien, „das heißt nicht, dass sie nicht teilweise auch die richtigen Sachthemen angehen“, sagt Hoffmann.

Der Stadtrat der AfD, Frank Elischewski, hat in Lichtenberg das kleinste Ressort überhaupt bekommen – viel zu tun bleibt da kaum. In der Abteilung „regionalisierte Ordnungsaufgaben“ hat er sich um Falschparker, Straßenreinigung und Tierfang zu kümmern. In den Sitzungen ist von ihm nicht viel zu hören. Die AfD-Fraktion bringt keine Anträge ein, die ihn in seinem Ressort fordern. „Man merkt gar nicht, dass die AfD einen Bezirksstadtrat stellt“, heißt es. Das Ressort sei zwar klein, eine Veranstaltung könne man aber hin und wieder organisieren.

In Reinickendorf meckern die anderen Parteien nur wenig

Fraktionsstärke: 8

Bezirksstadtrat Sebastian Maack, Bürgerdienste und Ordnungsangelegenheiten

In Reinickendorf können die Vertreter der anderen Parteien wenig über die AfD (acht Bezirksverordnete) meckern. Es werde zwar das Thema Flüchtlinge vor sich hergetragen. In Kleinen Anfragen möchte die AfD wissen, wie viele Schüler Migrationshintergrund haben oder wie viele Unterkünfte für Geflüchtete in Reinickendorf existieren. Auch handwerklich seien Anträge „überarbeitungsbedürftig“.

Doch die AfD gebe sich „Mühe, sachorientiert mitzuarbeiten, nach den Regeln, die ein Bezirksparlament vorgibt“, sagt einer, der nicht genannt werden möchte. Tobias Siesmeyer, Fraktionsvorsitzender der CDU, befindet, es gebe einige wenige, „die den populistischen Kurs fahren“, die Mehrheit gebe sich Mühe mitzuarbeiten. „Aber was, wenn die Populisten mal die Mehrheit übernehmen? Dann wird sich die Stimmung in der BVV sicher dramatisch verschlechtern“, sagt Siesmeyer.

Besonders gelobt wird die Arbeit des Bezirksstadtrats Sebastian Maack. Dieser ist zuständig für Bürgerdienste und Ordnungsangelegenheiten. Hier hat er sich zügig eingearbeitet. Beim Standesamt konnte er Engpässe verringern, indem er Arbeiten umverteilt hat. Negativ fiel auf, dass Maack Mitveranstalter einer Schweigeminute für die von einem Flüchtling getötete Susanna vor dem Rathaus war. Da werde ein tragischer Tod politisch missbraucht, sagen sie in den anderen Parteien. Für die von einem 15-Jährigen deutschen Mitschüler erstochene Keira aus Alt-Hohenschönhausen habe die AfD schließlich auch keine Schweigeminute verlangt.

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