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Update

Personalmangel bei S-Bahn: Auch am Sonntag Zugausfälle wegen Krankheit

Auch am Sonntag hat die S-Bahn Schwierigkeiten, den normalen Fahrplan einzuhalten. Dutzende Lokführer sind wegen Krankheit nicht im Dienst. Bahn-Insider sprechen von einem "kalten Streik".

Auch am Sonntag fahren die S-Bahnen noch mit Einschränkungen, teilt das Unternehmen auf seiner Webseite mit. Grund dafür sind noch immer zahlreiche Krankmeldungen von Fahrern wie schon tags zuvor. So fährt die S25 nur alle 20 Minuten, statt alle zehn Minuten, wie normalerweise. Die S47 fährt wie immer in Notzeiten – nur als Stummellinie zwischen Spindlersfeld und Schöneweide. Nach dem stadtweiten Totalausfall des Betriebes am Donnerstag fielen auch am Samstag hunderte Fahrten ganz oder teilweise aus, weil die Fahrer fehlen.

Am Samstag fuhr auch die Linie S2 nur im 20-Minuten-Takt, die wichtige S45 zum Flughafen Schönefeld sogar nur alle 40 Minuten. Andere Linien wurden verkürzt: Neben der S47 fuhr die S46 von Königs Wusterhausen nur noch bis Hermannstraße, nicht mehr bis Westend.

„Kurzfristige Erkrankung von Triebfahrzeugführern“ gab das Unternehmen in einer Mitteilung als Grund an. Dieser Notstand werde vermutlich auch noch in der kommenden Woche anhalten, hieß es. Woran so viele Fahrer so kurzfristig erkrankt sind, konnte ein Bahnsprecher nicht sagen. Unter den knapp 1000 Lokführern der S-Bahn kursierte am Samstag das Stichwort „kalter Streik“ durch unzufriedene Kollegen. Nur so sei zu erklären, dass sich offensichtlich Dutzende Fahrer zeitgleich krankgemeldet haben. Ein Bahnsprecher wollte dies nicht kommentieren.

Er verweigerte am Samstag zudem eine Angabe, wie viele Fahrer sich krankgemeldet haben. Der Fahrgast interessiere sich nur dafür, welcher Zug fahre und welcher nicht, begründete dies der Sprecher. Diese Informationen seien im Internet zu finden.

Am Bahnhof Südkreuz zum Beispiel waren am Sonnabend von den 57 Zügen zwischen 13 und 14 Uhr genau 19 mit der Meldung „Störung“ versehen, also genau jeder dritte. Fahrten, die gar nicht stattfinden, gelten bei der Bahn übrigens als „pünktlich“. „Komplettausfälle oder Teilausfälle werden in den Statistiken nicht eingerechnet“, teilt die Bahn mit. Im November hat die Bahn im Regionalverkehr den bislang schlechtesten Wert in diesem Jahr erreicht. Nur 91,6 Prozent waren „pünktlich“, das heißt: weniger als sechs Minuten zu spät. An Schnee, Regen oder Sturm kann es nicht gelegen haben, der November war laut Meteorologen der trockenste Monat der Geschichte.

Fahrermangel gibt es bei der S-Bahn seit Jahren, auch wenn dies in der Vergangenheit meist heftig dementiert wurde. Erst vor vier Wochen hatte S-Bahn-Chef Peter Buchner einen Mangel an Personal zugegeben und angekündigt, dass dieser erst im Frühjahr 2012 behoben sein werde. Dann werden 50 junge Männer und Frauen ihre Ausbildung beenden und können dann eingesetzt werden. In der November-Ausgabe des S-Bahn-Kundenmagazins „Punkt 3“ hieß es dennoch „Lokführer dringend gesucht“. Statt der kalkulierten fünf Prozent waren im November neun Prozent krank. Dieser Wert soll an diesem Wochenende deutlich übertroffen worden sein. Ein Sprecher von SPD-Verkehrssenator Michael Müller hatte bereits angekündigt, dass es für die Zugausfälle wieder Vertragsstrafen geben werde.

Der Fahrgastverband Igeb hatte schon vor Monaten vor dem Personalmangel gewarnt und sieht sich nun in seiner These bestätigt, dass Fahrten eher durch Fahrer- als durch Fahrzeugmangel ausfallen. Jens Wieseke nannte die S-Bahn einen „unattraktiven Arbeitgeber“. Der Mutterkonzern DB müsse reagieren, forderte er, zum Beispiel mit besserer Entlohnung für die Fahrer. Derzeit werden überall in Deutschland Lokführer gesucht. Nach Angaben der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) fehlen bundesweit bei der Deutschen Bahn und den privaten Unternehmen etwa 800 Lokführer.

Für die Fahrgäste fordert die Igeb einen Tag Freifahrt und zwar am 2. Weihnachtstag. Zu dieser Forderung nach einer neuen Entschädigung wollte die S-Bahn keine Stellung nehmen. In den letzten drei Jahren hatte die S-Bahn ihre Stammkunden in jeden Jahr mit einem oder zwei Monaten Freifahrt entschädigt. Zuletzt war der November 2011 für Jahresabonnenten gratis gewesen, für die Ausfälle im letzten Winter.

Im Sommer hatte Bahnchef Rüdiger Grube angekündigt, dass „Mitte Dezember“ die S-Bahn wieder nach Plan fahren werde. Doch Insider berichten, dass der Notfahrplan für den Wintereinbruch 2011/2012 bereits fertig sei.

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