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Kriminelle schlagen immer häufiger zu.

© imago/Mike Schmidt

Polizei beendet #pickpocket-Kampagne: Rekordzahlen bei Taschendiebstählen in Berlin

Koffer: weg. Zähne: weg. Geldbörse: weg. Die Polizei warnt immer häufiger vor Kriminellen, die im Gedränge stehlen. Beim Marathon war es besonders massiv.

„Für #berlinmarathon reist ein Mann aus Singapur an. Noch ohne Startnummer und schon ohne Geldbörse. Dieb schlägt im Kaufhaus zu. #pickpocket. Pickpocket ist im englischen der Taschendieb – und in den vergangenen zehn Tagen eines der meistgenutzten Wörter im Berliner Polizeipräsidiums. „Wir wollten nerven“, sagte die Chef-Twitterin der Polizei, Yvonne Tamborini, am Sonntag. Es wurden 800 #pickpocket-Tweets in zehn Tagen. Ziel der Social-Media-Nerverei: Jeder einzelne soll besser auf seine Wertsachen aufpassen, damit irgendwann die Zahl der Diebstähle sinkt.

Das Marathon-Wochenende war ein Fest: für 40 000 Läufer, 20 000 Skater, gefühlt eine Million Touristen – und geschätzt tausend Taschendiebe. Und an diesem Wochenende beendete das Berliner Polizeipräsidium seine zehntägige Sonderaktion bei Twitter, mit der Berliner wie Touristen sensibilisiert werden sollten: „Du wirst schneller bestohlen als du gucken kannst.“ Es traf sogar zwei Läufer, denen das Geld gestohlen wurde. „Zum Glück nicht die Startnummer“, wie Tamborini berichtete.

Sechster Rekord in Folge

„In Nähe von Bahnsteigen aufgepasst, vor allem bei Gedränge und bei Hast, der Dieb Ihnen gern in die Tasche fasst“, reimte die Polizei um 13.04 Uhr am Sonntag. Allein am Vormittag wurden 19 Taschendiebstähle bei der Polizei angezeigt, zwölf davon in Bussen und Bahnen, also dem öffentlichen Nahverkehr. „3 Mal traf‘s Schlafende“, hieß es weiter auf dem Kanal @PolizeiBerlin_E.

Die Dimension des Delikts zeigt eine Bilanz, die gegen 11 Uhr veröffentlicht wurde: „In der letzten Nacht schlugen Taschendiebe 60 Mal zu.“ Multiplizieren mit 365 Tagen kann man das nicht, da auch Trickdiebstähle getwittert wurden. Die Polizeistatistiker trennen da, die Opfer eher nicht. Ein Drittel der Opfer war als Tourist in der Stadt, zwei Drittel waren Berliner.

Der Hauptstadt droht auch 2015 ein neuer negativer Anzeigenrekord beim Taschendiebstahl, wie es im Präsidium hieß. Es wäre der sechste Rekord in Folge – auf die Diebe ist so viel Verlass wie auf das Tempo kenianischer Läufer. 2009 gab es laut Kriminalstatistik knapp 12 000 Taschendiebstähle, im vergangenen Jahr waren es über 32 000.

"Es fehlen Geld & Zahnprothese"

Allein von 2013 auf 2014 gab es einen Anstieg von 55 Prozent. Und wohlgemerkt: Es sind die angezeigten Taten, die Dunkelziffer dürfte immens sein. Viele Berliner gehen aus Resignation nicht mehr zur Polizei, Touristen schaffen dies aus Zeitmangel nicht. Die Resignation hat einen Grund: Die Aufklärungsquote betrug zuletzt genau vier Prozent und lag damit auf einem ähnlich niedrigen Stand wie beim Fahrraddiebstahl.

„Schottische Touristin bemerkte in der City-Ost, dass sie bestohlen wurde. Es fehlen Geld & Zahnprothese“, hieß es am ersten Tag, „Rempelnder Rolltreppentäter ringt reisendem türkischen Touristen am Regionalbahnhof Reisekasse ab“, reimte es am finalen Tag. „Gestohlen wird alles“, bestätigte Yvonne Tamborini am Sonntag. Und zwar meist unbemerkt – dies ist das überraschendste, sagte Tamborini. Die Opfer merken erst, wenn sie wieder zahlen oder telefonieren wollen, dass ihnen etwas fehlt.

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