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Arafat Abou-Chaker bei einer früheren Gerichtsverhandlung.

© Hannes Heine

Update

Clanchef in Berlin: Arafat Abou-Chaker verhaftet - Bushidos Kinder in Gefahr

Der deutsch-arabische Clanchef Arafat Abou-Chaker ist am Dienstag in Berlin festgenommen worden - wegen Entführungsplänen gegen Bushidos Kinder.

Clanchef Arafat Abou-Chaker ist am Dienstag in Berlin verhaftet worden. Gleichlautende Bericht von Spiegel-TV und B.Z. hat die Generalstaatsanwaltschaft bestätigt. Demnach ist Abou-Chaker am Dienstag in einem Verhandlungssaal des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten festgenommen worden. Grund sind die Rachepläne des Clanchefs gegen den Rapper Bushido und dessen Familie - aber auch gegen die Frau von Abou-Chakers Bruder.

Arafat soll nach Erkenntnissen der Ermittler Helfer gesucht haben, um Bushidos Kinder zu entführen. Der Vorwurf für den Haftbefehl gegen Abou-Chaker lautet auf Verabredung zu einem Verbrechen, konkret: Entziehung Minderjähriger, schwere Körperverletzung, räuberische Erpressung und erpresserischer Menschenraub. Die aus Sicht der Ermittler verabredete Tat gegen die Kinder und die Ehefrau von Bushido habe nicht stattgefunden.

Rachepläne soll Abou-Chaker auch gegen die Frau seines Bruders geschmiedet haben. Sie war nach Streit mit ihrem Mann, der zugleich ihr Cousin ist, in ihre dänische Heimat zurückgekehrt und steht dort unter Polizeischutz. Sie leben getrennt voneinander, die Kinder sollen bei ihr sein. Den Berliner Ermittlern berichtete sie 2018, wie Arafat Abou-Chaker in Dänemark versucht haben soll, Helfer für eine Attacke auf Bushidos Familie zu finden.

Durchsuchung in Kleinmachnow

Arafat und sein Bruder sollen geplant haben, die Kinder der Frau zu entführen. Martin Steltner, Sprecher der Staatsanwaltschaft, sagte, es gehe in diesem Fall um "Anstiftung zur Entziehung Minderjähriger, versuchte Nötigung und Beleidigung". Ermittelt werde gegen Abou-Chaker und dessen Bruder.

Die Aussagen der Frau waren auch der Auslöser für die Durchsuchung des Anwesens von Abou-Chaker in Kleinmachnow im November 2018. Schon da war von möglichen Plänen die Rede, Abou-Chaker wolle Bushidos Kinder und den Nachwuchs seines Bruders entführen. Bei der Durchsuchung im November, als schwer bewaffnete Spezialeinheiten das Haus in Kleinmachnow stürmten, ging es auch um den Vorwurf des Verstoßes gegen das Waffengesetz. In seinem Haus sollen die Ermittler Kriegsmunition gefunden haben.

Abou-Chaker ist am Dienstag direkt im Gerichtssaal verhaftet worden, nachdem er zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden war. Die Zuschauer mussten den Saal verlassen, dann verkündete das Gericht Abou-Chaker hinter verschlossenen Türen den Haftbefehl. Wegen Verdunklungs- und Fluchtgefahr sitzt Abou-Chaker nun in der Haftanstalt Moabit in Untersuchungshaft. Die Anwälte des Clanchefs wollte sich nach Verlassen des Gerichtssaals nicht zu der Verhaftung ihres Mandanten äußern.

Bewährungsurteil für einen Angriff auf einen Hausmeister

Bushido, bürgerlich Anis Ferchichi, war einst Geschäftspartner von Abou-Chaker. Bushido hatte sich als Künstler von dem Clanchef abhängig gemacht und kam aus diesem besonderen Verhältnis nur schwer heraus. Abou-Chaker soll sich sogar ins Privatleben von Bushidos Familie eingemischt haben. Zunächst bezogen sie eine gemeinsame Villa in Kleinmachnow vor den Toren Berlins. Dann zog Bushido aus - seither beschäftigt die Trennung der beiden die Sicherheitsbehörden, Bushido stand unter Polizeischutz. 

Das Urteil am Dienstag fiel für eine Tat vom März 2018. In einer Charlottenburger Physiotherapie-Praxis soll Abou-Chaker dem Hausmeister gedroht haben, ihn zu töten. Dabei soll er ihm mit zwei Fingern in die Augen gestochen, einen Kopfstoß versetzt und auf ihn eingetreten haben. Folge: Nasenbeinbruch, Kopfplatzwunde, Blutergüsse - es geht um Körperverletzung und Bedrohung. Das Opfer sei, heißt es in den Vernehmungsprotokollen der Polizei, rassistisch und antisemitisch beleidigt worden. Die Spezialisten für Organisierte Kriminalität ermittelten in dem Fall.

Der 42 Jahre alte Abou-Chaker gilt als aktivster von sechs Brüdern einer gleichnamigen Familie aus dem Libanon. Die Abou-Chakers sind in den vergangenen 25 Jahren in Berlin durch Gewalttaten, Eigentumsdelikte und Drogenvergehen aufgefallen. Die bislang circa 30 Verfahren gegen Arafat Abou-Chaker selbst, der deutscher Staatsbürger ist, sind jedoch alle eingestellt worden. Zuweilen wurde er in zweiter Instanz freigesprochen. Brauchbare Zeugenaussagen sind mit Blick auf die Brüder selten.

„Ich freue mich über diesen Erfolg! Die Verhaftung ist ein weiterer Baustein unseres Vorgehens gegen Clankriminalität in Berlin“, sagte Frank Zimmermann, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sagte: "Berlin hat den großen Einfluss bestimmter Protagonisten in der organisierten Kriminalität durch jahrelanges institutionelles Wegsehen und Kleinreden sowie mangelndes Durchgreifen mit zu verantworten. Es ist ein wichtiges Zeichen unseres Rechtsstaates, dass Arafat Abou-Chaker den Gerichtssaal mal ohne ein Lächeln auf den Lippen verlässt."

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Vermummte Einsatzkräfte im September 2018 vor einem Kiosk in Neukölln.
Vermummte Einsatzkräfte im September 2018 vor einem Kiosk in Neukölln.

© Paul Zinken/dpa

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