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Demonstration: Über Tausend Polizisten sichern Lichtenberg

Nazis demonstrieren am Samstag für ein „nationales Jugendzentrum“ und marschieren durch Lichtenberg, Friedrichsfelde und Karlshorst. Linke organisieren Gegendemonstrationen. Und die Polizei ist mit über tausend Mann im Einsatz.

Wegen einer Demonstration von Neonazis wird Lichtenberg am Sonnabend faktisch zum Sperrgebiet. Bis zu 500 Rechtsextremisten wollen sich am Vormittag am S-Bahnhof Karlshorst sammeln und von dort unter anderem durch die Weitlingstraße zum S-Bahnhof Friedrichsfelde Ost ziehen, um für ein „nationales Jugendzentrum“ zu demonstrieren. Nazi-Gegner wollen dagegen an drei Orten protestieren (siehe Grafik). Um Auseinandersetzungen mit der gewaltbereiten linken Szene zu verhindern, werden deshalb weit über 1000 Polizisten den Bezirk über Stunden abriegeln. Autofahrer müssen mit massiven Einschränkungen, auch auf der Frankfurter Allee, rechnen.

Auf beiden politischen Seiten wird massiv für die Demos geworben. Die Polizei erwartet, dass vor allem die gewaltbereite Linke versuchen wird, den Marsch der Nazis zu stoppen. Gegendemonstrationen sind nur weitab der Rechten vom Verwaltungsgericht genehmigt worden. So protestiert die Linkspartei am Nöldnerplatz, am S-Bahnhof Karlshorst sammeln sich verschiedene Gruppen. Am S-Bahnhof Lichtenberg darf eine linke Gruppe erst mit deutlichem zeitlichen Abstand durch die Weitlingstraße ziehen.

Gegen die erzwungene Verlegung von Gegendemonstrationen protestierte die Lichtenberger Bürgermeisterin Christina Emmrich (Linke) mit einem offenen Brief an Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Zudem behauptet die Linkspartei, dass die Polizei den Rechten „Lichtenberg als Ausweichort angeboten“ habe. In der Polizeiführung wurde diese Kritik zurückgewiesen. Die rechte Demo durch Lichtenberg sei von Sebastian Schmidtke bereits im August angemeldet worden – als eine von mehreren Routen in verschiedenen Bezirken. Da bei Demonstrationen das Recht der ersten Anmeldung gelte, wurde sie genehmigt. Auch die Innenverwaltung verwies gestern darauf, dass das Demonstrationsrecht vom Grundgesetz geschützt sei, und dass die Polizei nicht einfach einen unliebsamen Aufmarsch verbieten könne.

Zudem muss die Polizei nach der jüngsten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts künftig noch strikter linke und rechte Aufzüge trennen. Wie berichtet, hatte das OVG der Polizei recht gegeben, die am 8. Mai 2005 eine Nazidemo in Mitte abgebrochen hatte, weil sich auf der beabsichtigten Route tausende Gegner versammelt hatten. Die NPD war daraufhin vor Gericht gegangen, weil die Polizei diesen „Aufstand der Anständigen“ Unter den Linden nicht aufgelöst hatte. Auch wenn das Gericht dies als unverhältnismäßig zurückwies:  Künftig wird die Polizei noch strikter darauf achten, dass Gegner nicht die Demoroute blockieren können.

Aus Protest gegen die Demoverbote für die Linke Szene haben Unbekannte am Donnerstag einen Anschlag auf das Haus von Joachim Haß verübt. Haß leitet die Versammlungsbehörde beim Polizeipräsidenten, gegen ihn agitiert die linke Szene seit Jahren im Internet. Es sei eine neue Qualität, dass nun auch die linke Szene einzelne Beamte angreift, hieß es. Bislang hatten nur Neonazis verhasste Polizisten attackiert. Im November 2006 war ein Kommissar der Spezialeinheit PMS (Politisch motivierte Straßengewalt) nachts in Grünau auf dem Nachhauseweg zusammengeschlagen worden. Die Täter wurden nie gefasst.

Vor dem Hause des Direktionsleiters Michael Knape wollten Neonazis sogar demonstrieren. Dies war von einem Gericht verboten worden. Knape engagiert sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus und fährt eine „harte Linie“ gegen Rechts. Auch heute wird der Chef der Polizeidirektion 6 den Einsatz leiten.

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