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Einsatz am Bahnhof. Unbekannte haben eine Familie im Umland von Berlin verprügelt.

© Symbolfoto: dpa

Update

Übergriff in der Oderlandbahn in Brandenburg: Betrunkenes Schlägertrio stellt sich

Schneller Fahndungserfolg: Seit Mittwoch wurde mit Fotos nach drei Männern gesucht, die eine Familie in einem Regionalzug angegriffen haben. Jetzt haben sich die mutmaßlichen Prügler der Polizei gestellt - und widersprechen dem Tathergang.

Nach der Attacke auf eine Familie in einem Regionalzug in Brandenburg haben sich die mutmaßlichen Täter gestellt. Die 17- bis 27-Jährigen hätten eine Tatbeteiligung zugegeben, teilte am Donnerstag ein Pressesprecher der Bundespolizei gegenüber dem Tagesspiegel mit. Der 17-Jährige und der 27 Jahre alte Mann sind deutsche Staatsbürger mit polnischem Migrationshintergrund und miteinander verwandt, der 26-Jährige kommt aus Polen und ist ein Freund der beiden. Alle drei wohnen in Berlin, einer in Spandau, zwei in Neukölln.

Bereits wenige Stunden nach dem öffentlichen Fahndungsaufruf meldete sich der Jüngste am Mittwoch um 14.30 Uhr auf einer Berliner Polizeistelle, nachdem er sich in zahlreichen Medien auf den Fotos wiedererkannt habe und auch der Druck aus dem Bekanntenkreis immer größer geworden sei. Die anderen beiden suchten gegen 19 Uhr die Bundespolizeistelle am Ostbahnhof auf.

Daraufhin wurden die Wohnungen der mutmaßlichen Täter durchsucht und die Kleidung, die sie bei der Tat trugen, beschlagnahmt. Bei ihren Zeugenaussagen widersprachen sie nach Angaben der Polizei in einigen Punkten den Opfern. Vor allem bei der Frage, wer mit der Prügelei angefangen habe, gibt es Unstimmigkeiten. Ab dem Zeitpunkt, „an dem sich aus der verbalen eine tätliche Auseinandersetzung entwickelte, gehen die Darstellungen auseinander“, sagt der Sprecher der Bundespolizei, die für den Zugverkehr zuständig ist und im Auftrag der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) die Ermittlungen führt.

Fluchtgefahr bestehe nicht

Einer der Verdächtigen betonte bei der Polizei, er habe sich vor allem gestellt, um den Beschuldigungen zu widersprechen. „Er sagte, dass er das richtig stellen will, weil Aussagen des Opfers aus seiner Sicht nicht der Wahrheit entsprechen“, so Polizeisprecher Gauer. Weitere Auswertungen des Videos aus der Bahn und Zeugenaussagen sollen zur Aufklärung beitragen. Die drei Männer wurden im Anschluss wieder auf freien Fuß gesetzt. Fluchtgefahr, die Grund für eine Untersuchungshaft sein könnte, besteht nicht.

Am Mittwoch hatte die Bundespolizei Fotos von den drei mutmaßlichen Tätern zur Fahndung veröffentlicht. Eine Überwachungskamera im Zug hatte den Tathergang gefilmt, bei dem sogar der sechsjährige Sohn der Familie Verletzungen erlitt.

Ein Zugbegleiter konnte den Übergriff, der sich am Samstag kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof Strausberg ereignete, beenden. Er informierte die Bundespolizei, die den Notruf an die Landespolizei weitergab. All das soll sich nach Angaben eines Sprechers der Bundespolizei innerhalb weniger Minuten zugetragen haben. Die nach Aussagen des Zugbegleiters und der Opfer alkoholisierten Täter verließen am Bahnhof Strausberg fluchtartig den Zug, bevor die Polizeibeamten gegen 21.10 Uhr eintrafen. Sie suchten noch das Umfeld des Bahnhofs ab. Vergeblich.

Fahndung mit Videomaterial

Ob die Täter den Bahnhof Strausberg als Zielbahnhof hatten oder flüchteten, weil sie den Notruf des Zugbegleiters mitbekamen, ist derzeit unklar. Der Vater trug Blutergüsse im Gesicht und am Kopf davon, sowie eine Platzwunde im Kopfbereich. Der Sohn erlitt einen Bluterguss am Oberschenkel, die Mutter einen Bluterguss am Oberarm. Der Schlichter wurde nicht verletzt.

Die Familie war gegen 21 Uhr in der Oderlandbahn RB 26 unterwegs nach Berlin: der 29-jährige Vater, seine 32-jährige Frau und der gemeinsame Sohn, gerade sechs Jahre alt. Nach Angaben der Bundespolizei wohnt die Familie in Treptow. Neben ihnen im Abteil saßen die drei jungen Männer. Sie unterhielten sich offenbar in einer Lautstärke, die den Familienvater störte. Deshalb bat er das Trio auf der Strecke zwischen Müncheberg und Strausberg (Landkreis Märkisch-Oderland) darum, die Gesprächslautstärke zu senken. Das reichte den Männern, um aufzuspringen und den Familienvater vor den Augen von Frau und Kind zu verprügeln. Laut Bundespolizei schlugen alle drei mit den Fäusten auf den Kopf des 29-Jährigen ein - und wurden dabei von einer Überwachungskamera gefilmt, die im Abteil installiert war.

Die 32-jährige Mutter wollte ihrem Mann helfen. Daraufhin wurde auch sie geschlagen. Im Handgemenge wurde auch der sechsjährige Sohn verletzt. "Noch wissen wir nicht, ob der Sechsjährige gezielt attackiert wurde", sagte eine Sprecherin der Bundespolizei am Dienstag. Die Familie fuhr zunächst weiter bis Berlin, wo sie gegen 21.30 Uhr am Bahnhof Lichtenberg eintraf. Die Familie wurde von dort mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht.

Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung

Gegen das Schlägertrio wird nun wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt.

Die Familie stammt ursprünglich aus Polen - da die Täter sich offenbar selbst auf Polnisch unterhielten, ist nicht von einem fremdenfeindlichen Übergriff auszugehen.

Die Oderlandbahn wird von der Niederbarnimer Eisenbahngesellschaft betrieben. Seit Dezember 2006 fährt der Zug stündlich auf der 87 Kilometer langen Strecke zwischen Kostrzyn in Polen und Berlin-Lichtenberg. Nach Angaben einer Unternehmenssprecherin wird jede Fahrt von einem "Kundenbetreuer" begleitet. Der Zug, in dem sich der Übergriff ereignete, war der Vorletzte des Tages.

(mit dpa)

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