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Eine der propalästinensischen Besetzerinnen des Instituts für Sozialwissenschaften der Berliner Humboldt-Universität (HU) wird von zwei Polizisten aus dem Gebäude gebracht.

© dpa/Soeren Stache

Update

Pro-Palästina-Besetzung beendet: Berliner Polizei räumt Humboldt-Universität – Wegner machte Druck

Seit Mittwoch hielten antiisraelische Aktivisten ein Institut der HU besetzt. Senatorin Czyborra soll die Uni-Leitung am Donnerstag angewiesen haben, die Aktion zu beenden. Am Abend griff die Polizei ein.

Einsatzkräfte der Berliner Polizei haben am Donnerstagabend die besetzten Räumlichkeiten der Humboldt-Universität geräumt. Um kurz nach 19 Uhr betraten behelmte Polizisten das Institut für Sozialwissenschaften, das propalästinensische Aktivisten seit Mittwochnachmittag besetzt hielten. Diese hatten sich mit Palästina solidarisiert und Israel in einer Mitteilung „Völkermord“ und „laufende Massenmorde“ vorgeworfen.

Gegen 22 Uhr erklärte die Polizei die Räumung für abgeschlossen, das Gebäude wurde einem Sprecher zufolge an den Sicherheitsdienst der Universität übergeben. Zum Teil gingen die Aktivisten freiwillig, zum Teil führte die Polizei sie ab, wie der Sprecher mitteilte. Vereinzelt seien während des Einsatzes Gegenstände auf Polizisten geworfen worden.

Laut Polizeiangaben vom Freitag wurden 25 Strafermittlungsverfahren eingeleitet. 169 Menschen seien am Donnerstagabend kurzzeitig festgenommen worden, um deren Identität festzustellen, sagte eine Polizeisprecherin. Detaillierte Angaben zu dem Einsatz wollte die Polizei im Tagesverlauf bekanntgeben. 

Einige Aktivisten klagten im Nachhinein über Schmerzen. Über Verletzte sei nichts bekannt, hieß es zunächst von der Polizei. Wie groß der Sachschaden in der Humboldt-Universität ist, muss noch ermittelt werden. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) dankte der Polizei am Abend auf der Plattform X für ihren Einsatz.

Auch eine Solidaritätsversammlung in der Nähe des Gebäudes hatte sich am späten Abend aufgelöst, nachdem die Polizei die Anwesenden dazu aufgefordert hatte, den Platz zu verlassen. Bei der Kundgebung kam es laut Polizeiangaben vom Freitag zu sechs „freiheitsbeschränkenden Maßnahmen“ und sechs Anzeigen. Laut Polizei mussten Räume in dem besetzten Gebäude auch mit Zwang geöffnet werden, da sie von den Aktivisten verbarrikadiert worden waren. Polizisten entfernten zudem Banner, die die Aktivisten aus den Fenstern gehängt hatten.

Propalästinensische Aktivisten verlassen das besetzte Institut an der Berliner Humboldt-Universität.

© REUTERS/LISI NIESNER

„Wir haben um 18.30 Uhr ein Räumungsersuchen von der Universität erhalten, dazu wurde uns das Betretungsrecht erteilt“, sagte eine Polizeisprecherin zum Einsatz. Von allen Personen würden die Personalien aufgenommen, da sie mindestens als Zeugen für im Gebäude begangene Straftaten infrage kommen würden. Es sei zu Schmierereien und zur Zerstörung von Mobiliar gekommen.


Uni-Leitung: Handeln auf „Anweisung von ganz oben“

Zuvor hatte das Präsidium der Humboldt-Universität die Aktivisten angewiesen, das Gebäude zu verlassen. „Es kam die Anweisung von ganz oben, die Besetzung zu beenden. Der Anweisung habe ich Folge geleistet“, erklärte Julia von Blumenthal, Präsidentin der Humboldt-Universität. Zudem stellte sie klar, dass es keine Anzeige wegen Hausfriedensbruch gebe, da die Besetzung bis Donnerstagabend geduldet war.

Bei einer Pressekonferenz in den besetzten Räumlichkeiten hatten von Blumenthal sowie Vizepräsident Niels Helle-Meyer den Besetzern zuvor mitgeteilt, dass sie von Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) und dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) angewiesen wurden, die Besetzung zu beenden. Helle-Meyer kündigte zudem an, zu bezeugen, dass es bei der Besetzung der Universität friedlich zugegangen sei.

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Im Anschluss verließen gegen 18.35 Uhr mehrere Gruppen von Aktivisten das Universitätsgebäude in Begleitung von HU-Mitarbeitenden. „Wir werden gemeinsam rausgehen und es wird nichts passieren“, hatte Helle-Meyer zuvor angekündigt. Vertreter der Besatzer hatten bei der Pressekonferenz um kurz nach 18 Uhr erneut auf ihre Belange hingewiesen. „Geben Sie uns Zeit“, sagte eine Studierendenvertreterin in Richtung der Universitätsleitung, und kündigte im Hinblick auf eine mögliche Räumung an: „Es wird hiernach keinen Dialog mehr geben“.

Vor Pressevertretern wies HU-Präsidentin von Blumenthal gegen 19 Uhr erneut darauf hin, dass es sich bei der Aufforderung an die Aktivisten um eine Anweisung gehandelt habe. „Das kam von ganz oben im Senat, in Übereinstimmung mit dem Regierenden Bürgermeister“, sagte von Blumenthal.

Ich bedauere sehr, dass es nicht möglich war, eine Verständigung zu erreichen. Ich hatte den Eindruck, dass wir einen guten Schritt gemacht haben mit dem Dialog.

Julia von Blumenthal, Präsidentin der Humboldt-Universität

„Ich bedauere sehr, dass es nicht möglich war, eine Verständigung zu erreichen. Ich hatte den Eindruck, dass wir einen guten Schritt gemacht haben mit dem Dialog“, sagte die HU-Präsidentin. Es sei möglich gewesen, mit einer Moderation in gegenseitigem Respekt „über das zu sprechen, wo wir uns vielleicht sogar annähern können und auch über das zu sprechen, was uns trennt.“ Ihr gehe es darum, das Leid aller Betroffenen zu sehen. 

In den Gesprächen mit den Aktivisten habe die Uni-Leitung auch Dinge hingenommen, die sie normalerweise nicht akzeptiert hätte. Das seien zum Beispiel rote Hamas-Dreiecke im Institut gewesen. „Wir haben das in diesem Fall hingenommen, weil die Gruppe, mit der wir gesprochen haben, bereit war für Regeln wie etwa die, keine neuen Graffitis im Gebäude anzubringen. Wir sind an die Grenze gegangen“, sagte die Uni-Präsidentin.

Zudem betonte von Blumenthal, dass die Uni mit den jüdischen Studierenden im Gespräch darüber sei, was sie nach einem Tag wie diesem, der in hohem Maße traumatisierend wirke, bräuchten.


Krisengespräch: Kai Wegner drängt auf Ende der Besetzung

Nach Tagesspiegel-Informationen hatte es am Nachmittag auf Initiative des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner ein Krisengespräch im Abgeordnetenhaus gegeben, bei dem Innensenatorin Iris Spranger (SPD), Wissenschaftssenatorin Czyborra sowie HU-Präsidentin von Blumenthal teilgenommen haben sollen. Es sei von Seiten des Regierenden Bürgermeisters mit Nachdruck darauf gedrängt worden, die Besatzung nach Ablauf der Frist um 18.30 Uhr zu beenden.

Um 16.20 Uhr machte Wegner auch öffentlich Druck: Die Humboldt-Universität solle nun konsequent handeln, schrieb er auf X. Universitäten seien kein rechtsfreier Raum für „Antisemiten und Terror-Sympathisanten“.

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Zuvor hatten die propalästinensischen Aktivisten erklärt, die Räume der Humboldt-Universität so lange zu besetzen, bis ihre Forderungen erfüllt seien. Am Nachmittag wolle man mit der Hochschulleitung über eine Verlängerung der Besetzung verhandeln. Lehrveranstaltungen des Instituts fanden so lange digital statt.

Das Gespräch zwischen Präsidium, Besetzern und Wissenschaftlern begann um 15 Uhr. Gegen 17.15 Uhr trat HU-Präsidentin Julia von Blumenthal vor das besetzte Institut und sprach längere Zeit mit anwesenden Polizeikräften, aber auch mit ihren Mitarbeitern und Vertretern der Aktivisten. Derweil versammelte sich im Innenhof eine Gruppe von Demonstranten.

Im Innenhof des besetzten Instituts für Sozialwissenschaften versammelten sich am Donnerstagabend Protestierende. Kurz zuvor war das Gespräch zwischen Uni-Präsidium, Besetzern und Wissenschaftlern beendet worden.

© Christoph Papenhausen


Die Forderungen: Waffenstillstand und Embargo gegen Israel

Die Aktivisten benannten das Sozialwissenschaftliche Institut in Jabalia-Institut um – „als einen Akt der bedingungslosen Solidarität mit dem palästinensischen Volk“, wie es in einer Erklärung heißt. Jabalia ist eines der größten und am dichtesten besiedelten Flüchtlingslager im Gazastreifen.

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Die Studierenden sprühten nach der Besetzung Parolen an die Wände des Instituts. Später errichteten sie Barrikaden im Gebäude. An Fenstern waren auch umgedrehte rote Dreiecke zu sehen – ein Symbol, das seit dem 7. Oktober mehrfach in Videos der Hamas verwendet wurde, um Angriffsziele zu markieren. Der Spruch „From the river to the sea“ prangte ebenfalls an einem Fenster. Zudem wurden Flyer aus den Fenstern geworfen und Transparente aufgehängt.

Die „Student Coalition Berlin“ bemängelte, dass keine der Universitäten der Stadt seit der Räumung des Camps auf dem Gelände der Freien Universität ihren Forderungen nachgekommen sei. „Keine einzige von ihnen hat einen Finger gerührt, um ihre schändliche Komplizenschaft bei dem anhaltenden Völkermord in Gaza zu beenden“, schrieb die Initiative in ihrer Erklärung.

Demonstranten klebten im Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität handgeschrieben Plakate von innen an die Scheibe.

© dpa/Soeren Stache

Unterstützer wurden auf der Universitätsstraße von Polizisten umringt.

© REUTERS/AXEL SCHMIDT

Mit einem umfangreichen Forderungskatalog wandten sich die Protestierenden in der HU an die Verwaltungen aller Universitäten und deren Einrichtungen in Berlin. Sie forderten unter anderem, dass diese sich für einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand von Israel einsetzen, Druck auf die deutsche Regierung ausüben, ein Waffenembargo gegen Israel zu verhängen und alle deutschen militärischen, finanziellen und diplomatischen Hilfen an Israel zu beenden.

Speziell an die Humboldt-Universität richtete sich die Bitte, ihre Besetzung und Präsenz zu akzeptieren und einen Polizeieinsatz zu verbieten. „Stoppt alle anderen Formen der Überwachung und Polizeiarbeit, die darauf abzielen, politisch aktive Studierende zu einschüchtern“, teilten die Besetzer mit.


Es begann am Mittwoch: 300 Aktivisten besetzen HU-Institut

Begonnen hatte der Protest am Mittwochnachmittag gegen 16 Uhr mit einem nicht angemeldeten Protest. Bis zum Abend hatten sich an der Universitätsstraße in Mitte laut Polizei etwa 300 Unterstützer vor und im Gebäude versammelt. Nach einem längeren Gespräch zwischen dem gesamten Uni-Präsidium und den Protestierenden informierte von Blumenthal über die Duldung. „Es ist eine dynamische Situation“, sagte sie allerdings auch auf die Frage nach dem weiteren Vorgehen.

Einige Demonstranten hatten zuvor versucht, Fotos und Videomitschnitte – auch von der Polizei – zu verhindern, indem sie Regenschirmen und Kufiyas so hielten, dass Außenstehende nichts sehen konnten. Es kam auch zu dem strafbaren Ausruf der Parole „From the river to the sea“. Es wurde Strafanzeige erstattet.

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Auch die umstehende Menge, etwa 50 Personen, solidarisierte sich mit dem Protest. Sie riefen unter anderem die Parolen „The students united will never be defeated“, „Palastine will be free“ und „Free free Palastine“.

Zwei Gegendemonstranten fanden sich derweil ein, einer von ihnen hielt ein Plakat mit der Aufschrift „Solidarity does not need your antisemitism“ in die Luft. Die Masse brüllte ihnen unter anderem „Shame on you“ entgegen. Sie forderten einen von ihnen auf, seine Gesichtsbedeckung abzunehmen.

Ein Gegendemonstrant vor dem Eingang des besetzten Instituts für Sozialforschung der Humboldt-Universität.

© Christoph Papenhausen

Die Polizei kontrollierte, wer auf das Gelände ging. Es wurde ein Studierendenausweis verlangt. Auf dem Areal selbst entschieden dann die Demonstranten, wer rein durfte und wer nicht. Die Presse war nicht willkommen, Medienvertretern wurde der Zutritt verwehrt. Die Universitätsleitung gab bekannt, dass die Teilnahme an der Veranstaltung „aus Kapazitätsgründen und wegen der Sicherstellung von Fluchtwegen und Brandschutz“ begrenzt sei und es nur Platz für 50 Personen gebe.

„Wir haben eine Vereinbarung mit den Besetzenden getroffen, dass ein akademisches Gespräch mit verschieden Professorinnen und Professoren stattfinden soll,“ sagte Niels Helle-Meyer, Vizepräsident für Haushalt und Personal an der HU.

Die Besetzenden hätten Namen genannt, mit denen sie gerne sprechen möchten. Auch die Universität zog einige Professoren und Mitarbeitende der Sozialwissenschaften für das Gespräch hinzu. Zudem haben sich die Beteiligten darauf geeinigt, eine „akademische Diskussion“ zu führen, sagte Helle-Meyer. Journalisten seien daher nicht zugelassen.

Vor dem Gespräch mit den Demonstranten äußerte sich die HU-Präsidentin Julia von Blumenthal nur kurz. Journalisten wird der Zutritt zur Universität derweil verwehrt.

© dpa/Soeren Stache

Blumenthal äußerte sich vor dem Gespräch gegenüber Medienvertretern nur knapp. Man gehe nun in das Gebäude und werde mit den Demonstranten sprechen. Anschließend gebe es ein Statement, sagte die Präsidentin der HU.

Wenn die Studierenden das Gebäude am Donnerstag friedlich verlassen, werde die HU von Strafanzeigen absehen. Trotzdem hat die Polizei von Amts wegen eine Strafanzeige wegen Sachbeschädigungen im Universitätsgebäude gefertigt.

Die Polizei war seit Mittwochnachmittag an der Humboldt-Universität im Einsatz.

© Tsp / Thilo Manemann

„Im Zuge der polizeilichen Maßnahmen wurde 23 Personen, davon 18 Männern und fünf Frauen, zur Feststellung ihrer Identität kurzzeitig die Freiheit entzogen“, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Insgesamt seinen 25 Strafermittlungsverfahren unter anderem wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Sachbeschädigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte eingeleitet. Eine Einsatzkraft der Polizei wurde dabei verletzt, konnte jedoch im Dienst bleiben.


Reaktionen aus der Politik: Czyborra zunächst für Dialog

Wissenschaftssenatorin Czyborra stellte sich hinter die Linie der Humboldt-Universität im Umgang mit den Demonstranten. Im Hinblick auf protestierende Studenten und Besetzer müsse man differenzieren, sagte die Politikerin am Donnerstag im Abgeordnetenhaus.

Zeigte am Donnerstagmorgen noch Verständnis für die Duldung der Besetzung durch die Humboldt-Universität: Berlins Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD)

© dpa/Carsten Koall

„Es gibt verbotene Volksverhetzung und es gibt den Wunsch, zum Beispiel über Perspektiven für Frieden in Gaza zu reden.“ Letzteres sei in einem demokratischen Rechtsstaat von der Meinungsfreiheit gedeckt. Darüber zu reden, sei ein Wunsch vieler Studierender, nicht nur der Beteiligten an Protestaktionen. Aufgabe einer Hochschulleitung sei es, Raum für diesen Dialog zu geben. Gegen Gewalt, antisemitische Hetze oder Sachbeschädigung werde jedoch eingeschritten, sagte Czyborra.

Auch der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion Berlin, Burkard Dregger, kritisierte die Demonstration scharf. „Wir werden nicht zulassen, dass irrlichternde Aktivisten unsere Forschungsstätten als Bühne missbrauchen“, sagte er. Die Entscheidung der HU-Präsidentin, die Proteste zu dulden, sei eine Fehlentscheidung und könne, so Dregger, als Ermunterung zu weiteren Straftaten verstanden werden.

„Eine kleine Gruppe verblendeter, menschenverachtender Antisemiten diskreditiert seit dem 7. Oktober den exzellenten Ruf unserer Hochschulen“, kritisierte Adrian Grasse, wissenschaftspolitischer Sprecher der Fraktion. Die Verantwortlichen sollten zur Rechenschaft gezogen, Straftaten konsequent verfolgt und Sachbeschädigungen den Verursachern in Rechnung gestellt werden.

Polizisten beobachten die Pro-Palästina-Demonstranten, die seit Mittwoch das sozialwissenschaftliche Institut der Berliner Humboldt-Universität besetzten.

© imago/Rolf Zöllner/imago/Rolf Zöllner

Der innenpolitische Sprecher der Berliner SPD, Martin Matz, forderte ein Ende der Besetzung. „Der Dialog über den Nahostkonflikt ist ohne illegale Aktionen leichter herstellbar“, sagte er. Die Entscheidungen der Universitätsleitung sieht er kritisch. „Ein Verzicht auf die strafrechtliche Verfolgung antisemitischer Parolen ist ein Fehler.“ Die SPD erwarte, dass den „strafbaren Handlungen und Sachbeschädigungen ein Ende bereitet wird, indem die Polizei im Rahmen des Hausrechts hinzugezogen wird“. Besetzungen dürften nicht zu Dauerlagen führen und die Polizeiarbeit erschweren.

Rufe nach Rücktritt des Präsidiums

Der CDU-nahe Ring christlich-demokratischer Studenten (RCDS) an der Humboldt-Universität kritisierte den Umgang mit den Protestierenden ebenfalls scharf. „Die Duldung der gewaltsamen und rechtswidrigen Besetzung ist der Gipfel der Entgleisung der HU-Unileitung im Umgang mit dem grassierenden Antisemitismus“, teilte Dustin Müller, Vorsitzender des RCDS, mit. „Der durch Julia von Blumenthal nun unterstützte Rechtsbruch kann keine Grundlage für einen offenen Dialog sein. Sie kam damit denjenigen entgegen, die nur Hass, Hetze, Spaltung und Gewalt kennen.“

Das Signal sei fatal, sagte Müller. Es zeige, dass die HU-Leitung ihrer Aufgabe nicht gewachsen sei. Dieses Verhalten schaffe laut dem Vorsitzenden „wieder Platz für Judenhass“ in Berlin. „Die Präsidentin muss dafür die Konsequenzen ziehen und mit dem gesamten Präsidium zurücktreten“, teilte der RCDS mit.

Die Fachschaft Sozialwissenschaften der HU verurteilte am Mittwochabend die „Verwendung von antisemitischen Parolen und die damit einhergehenden Angsträume für jüdische Studierende“, war in einer Erklärung auf X zu lesen. „Studentischen Protest als Form der Meinungsäußerung begrüßen wir grundsätzlich. Das gewaltsame Vorgehen der Polizei verurteilen wir. Wir verstehen uns als Ansprechpartner für alle vom Nahost-Konflikt betroffenen Studierenden und für Betroffene für Polizeigewalt.“ Über die Besetzung sei man jedoch nicht informiert und nicht an ihr beteiligt gewesen. (mit dpa)

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