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Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD, 2.v.l.), und die stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen, Sylvia Löhrmann (Die Grünen, ganz links), haben am Vormittag an einer Protestkundgebung für die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften vor dem Bundesrat teilgenommen.

© dpa

Bundesrat beschließt Gesetzentwurf: "Ehe für alle" - Berlin hat sich enthalten

Im Bundesrat hat eine Mehrheit der Länder für die Gleichbehandlung von homosexuellen Paaren votiert. Wie angekündigt enthielt sich Berlins Regierender Michael Müller bei der Abstimmung.

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Ein besonderer Tag für homosexuelle Paare in Deutschland: Im Bundesrat wurde heute beschlossen, einen Gesetzentwurf zur "Ehe für alle" auf den Weg zu bringen. Bei der Abstimmung enthielt sich Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) - dies hatte er bereits am Donnerstag angekündigt. Während sich eine Reihe von Ländern, die von der SPD oder einer Koalititon aus SPD mit Linkspartei oder Grünen regiert werden, für den Vorstoß einsetzten, gab es kein Votum vom rot-schwarz regierten Berlin.

Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), lobte in ihrem Redebeitrag die Entwicklung in Irland. Dort war die Ehe Ende Mai für alle Paare geöffnet worden. Auch Deutschland sei längst bereit für diesen Schritt, sagte sie. Mit dem Beschluss über den Gesetzentwurf habe der Bundesrat die Chance zu zeigen, dass er die gesellschaftliche Realität erkenne.

Winfried Bausback (CSU), stellvertretendes Mitglied im Bundesrat für Bayern, warnte vor der Ehe für alle. Es gehe bei der Debatte nicht darum, bestehende Diskriminierung abzuschaffen - vielmehr sei es ein "Angriff auf die Ehe". Grundlegende Werte der Verfassung und der Gesellschaft würden in Frage gestellt. Die Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaften seien nicht gleich und "wir tun gut daran, beides auseinander zu halten", sagte er.

Michael Müller verwies im Vorfeld der Bundesratsdebatte auf den Koalitionsvertrag, der bei unterschiedlichen Meinungen der Regierungspartner zu bundespolitischen Fragen eine Stimmenthaltung in der Länderkammer vorschreibt. In einer von allen Seiten emotional geführten Parlamentsdebatte kritisierte der Regierungschef die Union, die sich zur strittigen Frage bis heute nicht inhaltlich positioniert habe, sondern auf eine Befragung der Parteimitglieder verweise. Es gehe hier nicht um „Spielchen und Parteitaktik“, so Müller, sondern um die überfällige Gleichstellung der Ehe gleichgeschlechtlicher Paare. „Diese Diskussion ist in Deutschland längst geführt und muss jetzt endlich auch juristisch zu Ende geführt werden.“ Wer diesen Weg nicht mitgehen wolle, sagte der Regierende in Richtung CDU-Fraktion, „hat Berlin nicht verstanden“. Er forderte die Union auf, bis zum Freitag ihre Meinung noch einmal zu überdenken. „Die Tür bleibt bis zur letzten Minute vor der Abstimmung im Bundesrat offen.“

Nach dieser Rede applaudierten nicht nur die SPD-Abgeordneten, sondern auch die Oppositionsfraktionen. Bei der CDU rührte sich keine Hand. Der Pirat Andreas Baum forderte die Sozialdemokraten anschließend zum Koalitionswechsel auf und der Linken-Landeschef Klaus Lederer stellte fest, „dass in dieser Koalition nicht mehr viel zusammenpasst“. Die Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop warb dafür, über den Oppositionsantrag für eine Ehe für alle im Parlament sofort abzustimmen. „Wenn der Regierende Bürgermeister Unterstützung sucht, kann er sie im Plenum finden.“

Szenen keiner Ehe. Frank Henkel (CDU, l.) und Michael Müller (SPD).
Szenen keiner Ehe. Frank Henkel (CDU, l.) und Michael Müller (SPD).

© dpa

Das Angebot wurde von der SPD-Fraktion nicht angenommen. Gemeinsam mit der CDU überwies sie den Antrag in den Rechtsausschuss. Vor der Sommerpause wird darüber voraussichtlich nicht mehr beraten. Und trotz des Lobes für die klare Haltung Müllers hatten Grüne, Linke und Piraten kein Verständnis für die angekündigte Enthaltung im Bundesrat. „Wer die Lippen spitzt, muss auch pfeifen“, da waren sich die Redner der Opposition einig.

Der CDU-Abgeordneten Cornelia Seibeld blieb es vorbehalten, für die „2000 Jahre alte Institution der Ehe zwischen Frauen und Männern“ zu werben. Die Union sei bereit, weitere Diskriminierungen abzubauen, aber dies gehe nur durch „Diskussions- und Erkenntnisprozesse“. Hier werde versucht, ein Thema „mit medialem Rückenwind durchzupeitschen“. Auch in Berlin gebe es große Bevölkerungsteile, die die Ehe für alle nicht befürworten.

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