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Mit dem Flugzeug geht’s schneller. Mit dem Rad benötigt man hingegen rund zwei Stunden für die Tour um den Flughafen, vorbei an der Nordbahn (rechts), dem neuen Terminal, den vielen Grünflächen. Noch ist der Weg aber nicht komplett fertiggestellt, weil einige Bauern ihre Ackerflächen nicht hergeben möchten.  

© dpa

Radweg um den BER: Auf der 24-Kilometer-Rollbahn

Im Oktober 2013 sollen die Flieger abheben, Radler können schon jetzt durchstarten - immer am Zaun entlang, rund um den BER. Für den neuen Radweg gibt es aber ein Problem, mit den Bauern.

Der Flughafen in Schönefeld ist für ihn der schönste im ganzen Land. Die holzgetäfelten Schalter im neuen Terminal, die Terrasse mit dem Springbrunnen und den Sitzbänken auf dem Vorplatz. Udo Haase genießt an diesem Vormittag kurz die Ruhe am Flughafen, dann drängt der Schönefelder Bürgermeister auch schon zum Aufbruch. Eine komplette Umrundung des neuen Flughafens mit dem Fahrrad dauert wegen diverser Umleitungen zwei Stunden, und Haase hat heute noch einiges vor. Also los.

Der unvollendete Flughafen ist ein Paradies für Radfahrer, aber nur wenige wissen davon. Es gibt ausgewiesene Radwege auf dem Weg zum Terminal, und solange der Flugverkehr nicht begonnen hat, herrscht auf den breiten Zufahrtsstraßen auch unter der Woche autofreier Sonntag. Das wird noch ein Jahr so bleiben. Außerdem existiert bereits der westliche Teil des geplanten Radwegs rund um den BER. Vorbild ist der Flughafen München. Dort firmiert der Weg unter dem Slogan „Technik trifft Natur“. Die BER-Umrundung wird 24 Kilometer lang sein. Einen Eröffnungstermin nennt Haase lieber nicht. Einige Bauern sträubten sich, ihre Äcker zu verkaufen, das kann dauern. So ist das halt beim BER.

Das Flughafen-Debakel in Bildern:

Los geht es in Waßmannsdorf, dort wohnt Haase seit Anfang der 90er Jahre. Fluglärm ist im Ort nichts Neues. Weit und breit keine Protestschilder. Fast alle Schönefelder seien für den Flughafen, sagt Haase, weil sie den Verlust an Landschaft und Ruhe mit dem Gewinn an Jobs und Gewerbeeinnahmen gegenrechneten. Ein Schwimmbad wurde gebaut, der Gutspark Großziethen saniert und die Zülowniederung aufgewertet. Die Gemeinde hat schon jetzt 1900 Unternehmen und wöchentlich kommen neue hinzu. Mercedes-Benz errichtet gerade sein „Airport-Center“, mit einem Stern auf dem Dach.

Zwischen Waßmannsdorf und dem Messegelände in Selchow verläuft der Radweg zweispurig, weil die Planer mit vielen Besuchern rechnen, die vom S-Bahnhof Waßmannsdorf zur Internationalen Luftfahrtschau in die Pedale treten. Als Rastplatz bietet sich die Spotterbar „45 über null“ an, die in der Einflugschneise der Nordbahn liegt. Nach zwei Kilometern ist das Tor zur südlichen Landebahn erreicht, dem Prunkstück des Flughafens, vier Kilometer lang. Wie wär’s mit einem Radrennen auf der Piste? „Schöne Idee“, sagt Haase.

Der Bürgermeister trägt Jeans und Rennshirt, aber keinen Helm. Auch sein Rad ist semiprofessionell, tüchtig, aber ohne Schick. Haase ist ein Pragmatiker, mit Hang zum Understatement. Die Flughafenpleite kommentiert er ironisch, die längst überholte Einschätzung seines Ministerpräsidenten Matthias Platzeck, der BER werde wohl im August eröffnen, entlockt ihm ein Lächeln. Seine Frau habe im April bei den Komparsentests mitgemacht, ihr Urteil danach: „Das wird nie was“. Haase hielt dagegen – „Unsinn“. Die Einladung zur BER-Eröffnung am 3. Juni hat er sich als Souvenir aufgehoben.

"Hier ist es richtig ländlich"

Die vielen Negativberichte nerven ihn, weil er ständig besorgte Anrufe von Investoren bekommt. Das „Bed & Breakfast“-Hotel im Gewerbepark am Flughafen sollte eigentlich im Herbst eröffnen, jetzt zögen sich die Arbeiten hin. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, sagt Haase. Das Drumherum des Flughafens – die Straßen, Bahntrassen, Schulen und Gewerbegebiete – seien schon 2011 bereit gewesen für den BER-Start. Die neue Schule ist nur halb voll, „das soll so sein“, sagt Haase, doch nun wird sie sich langsamer füllen als gedacht.

Am südlichen Flughafenzaun bricht der Radweg plötzlich ab, die Umleitung führt über Rotberg und Kiekebusch. „Hier ist es richtig ländlich“, sagt Haase, aber nicht wirklich idyllisch. In Kiekebusch hängen Protestplakate, weil eine der abknickenden Flugrouten über den Ort führt. Haase hat den Protest in Stein meißeln lassen. „Flugroutendesaster 26. 1. 2012“ steht drauf. Es ist einer der Wegweiser-Obelisken aus Granit, die das Wegesystem in Schönefeld markieren. Jeder Obelisk ist von einem Unternehmen gesponsert. Die Millionen für die Radwege kommen von der Gemeinde und der EU.

Der Flughafen ist eröffnet - zumindest im Legoland:

Einer gibt den Weg vor. Schönefelds Bürgermeister Udo Haase (rechts) vor dem Terminal, gemeinsam mit Tagesspiegel-Reporter Thomas Loy.Foto: Georg Moritz
Einer gibt den Weg vor. Schönefelds Bürgermeister Udo Haase (rechts) vor dem Terminal, gemeinsam mit Tagesspiegel-Reporter Thomas Loy.Foto: Georg Moritz

© Georg Moritz

Über Waltersdorf geht’s zum BER-Terminal, der daliegt wie ein heiliger Tempel, unzugänglich fürs Volk. Haase war natürlich schon drinnen und ließ sich beeindrucken von der verschwenderischen Höhe und Leere. Selbst die Ruhebänke am Willy-Brandt-Platz verströmen ein Flair von Luxus und Gediegenheit. Der BER ist für Haase die Krönung seiner Amtszeit und die Krone seiner Gemeinde. Insofern ärgert es ihn schon, dass die Brandschutzanlage, so ein bloßes technisches Vehikel, die Entwicklung einer Region aufhält. In anderen Ländern wäre man nicht so pingelig mit den Sicherheitsbestimmungen, deutet Haase an. Er hat viele Jahre in der Mongolei gearbeitet und sich dort die „asiatische Gelassenheit“ antrainiert.

Über Bohnsdorf geht’s zurück nach Alt-Schönefeld. Vorbei an der Gartenstraße, dem früheren Straßenstrich. Nun seien die Prostituierten in ein festes Bordell umgezogen. Das müsse so sein, habe man ihm geraten. „Wir sind ja eine Hafengemeinde.“ Wieder dieses süffisante Lächeln. Haase glaubt, das letztlich alles gut wird, für den BER und sein Drumherum. Auch der Lärm werde sich abschwächen. Spätestens in 100 Jahren seien die Flieger solargetrieben und stumm. „Die Vögel machen ja auch keinen Krach.“

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