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Konflikt um die Potse. Seit zweieinhalb Jahren ist das Jugendzentrum in Berlin-Schöneberg besetzt.

© Paul Zinken/dpa

Räumung in Berlin abgesagt: Die Eskalation beim Jugendzentrum Potse wurde vermieden

Am Wochenanfang wurde in Berlin-Schöneberg die Räumung eines besetzten Jugendzentrums abgesagt. Gerade noch rechtzeitig. Ein Kommentar.

Im langjährigen Konflikt um die Zukunft des autonomen Jugendzentrums Potse konnte eine Eskalation gerade noch abgewendet werden. Jugendstadtrat Oliver Schworck (SPD) sagte zum Wochenanfang die für Mittwoch angesetzte Räumung bis auf Weiteres ab. Zuvor war vereinbart worden, dass der Trägerverein Potze eine Sicherheitsleistung von 10.000 Euro hinterlegen muss. Somit kann weiter vorbereitet werden, dass die Potse in die alte Zollgarage auf dem Flughafen Tempelhof ziehen kann. 

Die entsprechende Verträge werden derzeit ausgehandelt.  Schworck hatte vor zwei Wochen in einer sogenannten Verplichtungserklärung unterschrieben, dass der Bezirk für die Miete aufkommen würde.

Es ist gut, dass es jetzt nicht zur Räumung gekommen ist. Sie hätte ein positives Ende des langen Zerrens um eine Lösung für die Potse wahrscheinlich unmöglich gemacht, von der auch das zweite Jugendzentrum Drugstore profitiert hätte. Zum jetzigen Verhandlungsstand wäre sie nicht mehr richtig vermittelbar gewesen.

Sicher hatte der Bezirk das Recht auf seiner Seite. Er hat die Besetzung lange geduldet und dafür gezahlt. Man muss auch nicht für jede Forderung der Jugendzentren Verständnis gehabt haben, auch das ist richtig. Aber die dafür politisch Verantwortlichen – beispielsweise der Jugendstadtrat und ebenso Baustadtrat Jörn Oltmann (Grüne) im Bezirk sowie jetzt Bausenator Sebastian Scheel (Linke) auf Senatsebene – haben immer wieder betont und auch einiges getan, die Jugendzentren zu unterstützen. Diese Bemühungen wären komplett umsonst gewesen. Das Versprechen wäre somit ein leeres gewesen.

Die Reaktion wäre vermutlich heftig ausgefallen. Die linke Szene hatte schon mobilisiert; eine Räumung des Jugendzentrums hätte nur unter starkem Polizeiaufgebot stattfinden können. Trotz der jetzigen Aussetzung  wird für diesen Dienstagabend zur Demonstration aufgerufen:. „Denn der Ausverkauf der Stadt findet trotzdem weiter statt, egal wo wir hinschauen und aufgeschoben ist nicht aufgehoben!“ Die Demo soll um 20 Uhr am Nollendorfplatz starten.

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In den kommenden Wochen muss noch stark daran gearbeitet werden, dass das Projekt Zollgarage klappt. Eine sichere Bank ist das noch nicht. Umbauten müssen geplant und umgesetzt werden. Eine ganz wichtige Frage betrifft den Lärmschutz. Denn direkt benachbart ist beispielsweise der alt-eingesessene Club „Silver Wings“, der im ehemaligen Offiziersklub der US Air Force untergebracht ist, und mit lauten Punkkonzerten in der Zollgarage ein Problem haben könnte, seine Räume so wie bisher nutzen zu können.

Alle Beteiligten – Bezirk, Senat und die Potse – haben es jetzt in der Hand zu zeigen, dass es ihnen ernst ist, auch unter den widrigen Bedingungen des überhitzten Berliner Immobilienmarktes neue Räume für Freiräume für eine alternative, unangepasste Szene zu schaffen.

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+++ Die Themen der Woche:

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