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Berlin: Satisfaction für Sir Paul

Kommende Woche stellt Ex-Rolling-Stone Bill Wyman in Berlin seinen Rückblick auf 40 Jahre Rockgeschichte vor. Und er trifft einen alten Fan: den britischen Botschafter

Das erste Mal kreuzten sich ihre Wege in den frühen Sechzigern. Paul Lever war damals ein Student, trug lange Haare und trieb sich abends in den Vorort-Pubs von Süd-London herum, im „Star and Garter“ auf dem Richmond Hill, im „Nashville“ in Kingston oder auf Eel Pie Island. Und Bill Wyman war der Bassist einer aufstrebenden Rhythm’n’Blues-Band namens Rolling Stones, die in eben diesen Läden auf der Bühne stand und rebellische Rockmusik spielte. 40 Jahre später sind die beiden Männer in Ehren ergraut. Sir Paul Lever (58) ist Botschafter des Vereinigten Königreichs in Deutschland, und Bill Wyman (66) ist ein Rocker im Ruhestand, der gerade eine voluminöse Autobiographie über seine 30 Jahre bei den Rolling Stones vorgelegt hat. Kommende Woche führt der Zufall die beiden Männer in Berlin wieder zusammen: Wyman präsentiert sein Buch, Lever hat sein Idol von damals zum Lunch in die britische Botschaft eingeladen.

An eine Nacht mit den Stones erinnert sich Lever bis heute besonders gut. „Als ich in der Universität war, hatte eines der Colleges die Stones engagiert, um auf einem Universitätsball zu spielen“, erzählt der Botschafter. Das war um 1964, als die Londoner Truppe kurz vor dem internationalen Durchbruch stand. „Sie spielten von zehn Uhr abends bis sechs Uhr morgens mit zwei Pausen – für eine Gage von 100 Pfund“, erinnert sich Lever. „Das war beeindruckend.“

Bis heute holt der Diplomat immer mal wieder die alten Platten heraus, hört seine Lieblingssongs Moonlight Mile, Factory Girl, You can’t always get what you want oder Play with fire. „Die Stones waren und sind immer noch eine außergewöhnlich gute Band“, schwärmt er.

Für den Botschafter ist die Musik der Stones eng verbunden mit der Aufbruchstimmung seiner Jugendzeit. „Die frühen und mittleren sechziger Jahre waren in London und Großbritannien eine Zeit der sehr plötzlichen Freiheit“, erinnert er sich. „Die Kleidung änderte sich, soziale Gepflogenheiten änderten sich, Großbritannien wurde freier, offener und machte einfach mehr Spaß. Es war eine Zeit voller Optimismus.“ Und die Stones verkörperten den Aufbruch, die Rebellion und die Ablehnung jeglicher Autorität. „Es war dieses Gefühl: Wir tragen die Kleidung, die uns gefällt, und spielen die Musik, die uns gefällt.“

Lever hat eine Theorie über die gesellschaftliche Bedeutung jener Musik: „Wenn man sich Deutschland nach 1968 anguckt, war es sehr politisch, es gab Demonstrationen und später den Terrorismus. Ich denke, einer der Gründe dafür ist, dass die Rockmusik hier so schlecht war: Kein Wunder, dass die Deutschen auf die Straße gingen.“ Und Lever verspürte nie die Lust auf Rebellion? „Wenn die Stones im Hyde Park spielten, dann gab es einfach schönere Dinge zu tun, als auf die Straße zu gehen.“

Bill Wyman stellt, gemeinsam mit Co-Autor Richard Havers, sein reichhaltig bebildertes 500-Seiten-Buch „Rolling Stones Story“ am kommenden Mittwoch um 18 Uhr auf Einladung von Dussmann im BKA-Luftschloss vor. Karten für 5 Euro bei Dussmann und im BKA. Das Buch kostet 49,90 Euro.

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